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Dividenden
Die Dividendensaison ist in vollem Gang. Mit einigen Gesellschaften können Anleger dabei den Fiskus ausbremsen.Von FOCUS-MONEY-Redakteur Werner Müller
35 Milliarden Euro schütten Unternehmen 2007 an Dividende aus
Normalerweise müssen Dividenden versteuert werden. Dass es jedoch auch anders geht, zeigen Unternehmen wie die Deutsche Post, der Online-Broker Comdirect oder die Immobilienaktien der Deutschen Euroshop und Deutsche Wohnen. Obwohl teils äußerst profitabel, zahlen sie ihren Aktionären regelmäßig steuerfreie Dividenden. Der Grund dafür, dass Anleger die Zahlungen brutto für netto kassieren dürfen: Die Ausschüttungen stammen aus einem speziellen Topf, dem sogenannten steuerlichen Einlagenkonto.
„Im steuerlichen Einlagenkonto finden sich etwa offene und verdeckte Sach- und Bareinlagen sowie andere Zuzahlungen, die nicht in das Nennkapital der Gesellschaft geleistet wurden“, erklärt Roland Graf, Rechtsanwalt und Steuerberater in der Münchner Kanzlei Peters, Schönberger & Partner. „Es handelt sich bei den Ausschüttungen aus diesem Sonderkonto also nicht um Gewinne, sondern eigentlich um Kapitalrückzahlungen“ – etwa des nicht verbrauchten Aufgelds zum Nennkapital beim Börsengang.
Sondertopf für steuerfreie Dividenden
So gönnt die Deutsche Post ihren Anteilseignern eine Dividende von 75 Cent je Aktie – steuerfrei dank üppiger Kapitalrücklagen im steuerlichen Einlagenkonto. Und das soll so bleiben: „Wir planen, auch in den nächsten Jahren steuerfreie Dividenden zu zahlen“, sagt Edgar Ernst, Finanzvorstand der Deutschen Post. Deutsche Wohnen und Deutsche Euroshop wollen ebenfalls noch auf Jahre hinaus den Sondertopf für Dividendenzahlungen nutzen.
Um von der Ausschüttung zu profitieren, müssen Anleger die Aktie vor Beginn der Hauptversammlung (HV) im Depot haben. „Die Dividendenzahlung erfolgt dann in aller Regel am Tag nach der HV“, sagt Anwalt Graf. Ist sie steuerfrei, muss die Gesellschaft dies aber gesondert bescheinigen. Die Depotbank gibt das an den Anleger weiter, der in seiner Steuererklärung diese Zahlung dann nicht angeben muss. Ausnahme: Wird die Aktie binnen der einjährigen Spekulationsfrist verkauft, mindert die inzwischen steuerfrei kassierte Dividende den Anschaffungspreis der Aktie. Effekt: Der steuerpflichtige Kursgewinn fällt höher aus.Kleines Bonbon für Aktionäre
Papiere mit steuerfreien Ausschüttungen können besonders für Aktionäre interessant sein, deren Freibetrag bereits ausgeschöpft ist. Die üblichen Abzüge können sie so umgehen. „Allerdings müssen für ein Engagement die Basisdaten der Aktie stimmen“, betont Markus Straub, Vorstand der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK). „Die steuerfreie Dividende sollte immer nur ein Zusatzaspekt sein.“
Einige Unternehmen zahlen brutto für netto – und bremsen den Fiskus aus.Aktiengesellschaften mit steuerfreier Dividende
Seit 2001 gilt in Deutschland für die Besteuerung von Dividenden das Halbeinkünfteverfahren. Aktionäre müssen von ihren kassierten Ausschüttungen seitdem nur die Hälfte versteuern, die anderen 50 Prozent bleiben steuerfrei. Im Gegenzug wird vom Finanzamt aber auch nur die Hälfte der Ausgaben für die Aktienanlage als steuermindernde Werbungskosten anerkannt.
Von der steuerpflichtigen Summe muss der Aktionär seinen persönlichen Steuersatz sowie Soli-Zuschlag und eventuell Kirchensteuer an den Fiskus abführen. Beträge unterhalb des Sparerfreibetrags von insgesamt 750 Euro, bei zusammen veranlagten Verheirateten 1500 Euro, bleiben allerdings von der Abgabe verschont. Dazu kann der Anleger seiner Bank über diese Höhe samt einer Werbungskostenpauschale von 51 Euro (Verheiratete das Doppelte) einen Freistellungsauftrag erteilen, sodass er die ganze Dividende ausbezahlt bekommt. Tut er dies nicht, behält bereits die Bank vorab eine Kapitalertragsteuer ein.Achtung! Änderung ab 2009
Die Bundesregierung plant, ab 2009 das Halbeinkünfteverfahren abzuschaffen und auf Kapitalerträge eine pauschale Abgeltungsteuer von 25 Prozent einzuführen. Dann würde sich die Steuer auf Dividenden erhöhen:So greift der Fiskus zu
| Aktuelle Besteuerung | |
| Dividendenzahlung: | 1000 Euro |
| davon steuerfrei: | 500 Euro |
| zu versteuern: | 500 Euro |
| Steuerlast (z.B. 30 Prozent): | 150 Euro |
| Soli-Zuschlag 5,5 Prozent: | 8,30 Euro |
| Gesamtsteuer: | 158,30 Euro |
| Abgeltungsteuer ab 2009 | |
| Dividendenzahlung: | 1000 Euro |
| Abgeltungsteuer 25 Prozent: | 250 Euro |
| Soli-Zuschlag 5,5 Prozent: | 13,75 Euro |
| Gesamtsteuer: | 263,75 Euro |
| Quelle: Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) | |
Eine Kiste Wein aus der Kellerei oder der Träger Bier von der Brauerei, das große Käserad direkt vom Bergbauern oder ein mit Schokolade und Pralinen reich gefülltes Paket aus der Confiserie – bei manch kleinerer Gesellschaft steht die Beteiligung der Aktionäre in Form einer Naturaldividende hoch im Kurs. Statt Geld gibt es dort Sachwerte, die der Anleger als Dividende für den guten Geschäftsverlauf des Unternehmens erhält.
Schokolade, Wein und Bier
So verwöhnt zum Beispiel die Schweizer Schokoladenfabrik Lindt & Sprüngli regelmäßig neben der Bardividende ihre Aktionäre auch mit genussvollen Prämien. Etliche lokale Weingüter und Dorfbrauereien bieten den Anteilseignern die Gewinnbeteiligung in flüssiger Form. Und die Büchergilde Gutenberg gibt Warengutscheine für den Buchkauf aus.
Gegenwert ist zu versteuern
Auch wenn solche Leistungen eher die Ausnahme darstellen, steuerlich gibt es bei Sachdividenden eigentlich keine Besonderheiten. Der Fiskus kennt kein Pardon: „In der Steuererklärung ist der Gegenwert in Euro anzugeben, und der unterliegt dem normalen Zugriff des Finanzamts“, sagt Steueranwalt Roland Graf. „Der Wert wird sich dabei regelmäßig nach dem Preis richten, der im normalen Geschäftsverkehr gezahlt würde.“Stockdividenden
Häufiger zu finden sind dagegen so genannte Stockdividenden, bei denen die Gesellschaften Aktien statt Bargeld ausschütten. Diese neuen Papiere sind dann mit dem niedrigsten Börsenkurs am ersten Handelstag steuerpflichtig.
Eigentlich müssten die Aktionäre des Chemiekonzerns Altana hocherfreut sein: Altana hat seine gesamte Pharmasparte verkauft und schüttet den Erlös fast komplett in Form einer Sonderdividende von 33 Euro je Aktie an die Anteilseigner aus. Zusammen mit der regulären Dividende sowie einer Bonuszahlung kassieren Altana-Aktionäre insgesamt eine Rekordausschüttung von 34,80 Euro je Aktie. Klingt klasse, doch der Haken daran: Das Finanzamt sitzt mit am Tisch und verlangt seinen üblichen Anteil.
Rückzahlung oder Gewinn? Darüber sind die zwangsbeglückten Anleger jedoch nachhaltig erzürnt. Sie sehen in der Sonderzahlung wirtschaftlich eine teilweise Rückzahlung ihres Kaufpreises, denn die Aktie wird danach an der Börse mit einem entsprechenden Kursabschlag notieren, also weniger wert sein. Den Zugriff des Fiskus halten sie daher für unfair. Doch handels- und steuerrechtlich ist fast der gesamte Kaufpreis als Gewinn zu verbuchen. Abgezogen werden lediglich die Kosten des Deals und der Buchwert des Pharmageschäfts. Die restlichen rund 4,5 Milliarden Euro sind also Veräußerungsgewinne – und die müssen nach der Ausschüttung vom Anleger regulär versteuert werden.
