Die jüngsten Aussagen von Nvidia-CEO Jensen Huang lassen aufhorchen: Die Exportbeschränkungen der USA gegenüber China führen nicht nur zu massiven finanziellen Einbußen beim weltgrößten Hersteller von KI-Chips, sondern fördern gleichzeitig den Aufbau einer eigenständigen, chinesischen Halbleiterindustrie. Eine Entwicklung, die laut Huang nicht nur die ursprüngliche Zielsetzung der US-Regierung verfehlt, sondern auch zu einer geopolitischen Neuordnung der KI-Technologiemärkte führen könnte.
Im Podcast Stratechery bezifferte Jensen Huang die Umsatzverluste, die Nvidia (Nvidia Aktie) infolge der US-Exportverbote für moderne KI-Chips nach China erleidet, auf rund 15 Milliarden US-Dollar. Diese Summe kommt zu den bereits angekündigten Abschreibungen in Höhe von 5,5 Milliarden US-Dollar für Lagerbestände hinzu, die durch neue Handelsregeln unverkäuflich geworden sind.
Die Exportverbote betreffen mittlerweile auch die abgeschwächten Chipversionen wie den H20, die speziell für den chinesischen Markt entwickelt wurden. Eine neue Version des aktuellen Flaggschiff-Chips „Blackwell“ wird ab Juni in reduzierter Leistungsform angeboten, doch Experten zweifeln am Erfolg dieser Strategie.
Während die USA mit den Maßnahmen den technologischen Aufstieg Chinas im Bereich Künstliche Intelligenz bremsen wollen, sieht Huang darin ein gescheitertes Vorhaben. In seinen Worten: „Die Exportkontrolle war ein Fehlschlag.“ Die Einschränkungen hätten nicht verhindert, dass China weiter in KI-Technologien investiert – im Gegenteil: Sie hätten zur Entstehung eines autarken chinesischen KI-Ökosystems geführt.
Der Marktanteil von Nvidia in China sei von rund 95 % zu Beginn der Biden-Administration auf etwa 50 % gefallen. Gleichzeitig steigen chinesische Konzerne wie Huawei, Baidu und Tencent zu ernstzunehmenden Konkurrenten auf.
Die chinesische Antwort auf die US-Sanktionen ist eine massive Mobilisierung von Kapital und politischem Willen: Große Tech-Konzerne wie Huawei, Baidu, Alibaba und Tencent investieren in die Entwicklung eigener KI-Chips. Staatlich geförderte Unternehmen wie Cambricon Technologies erhalten ebenfalls kräftigen Rückenwind.
Laut einer Analyse des Marktforschungsunternehmens Trendforce wird der Anteil importierter KI-Chips in China von 63 % (2024) auf 42 % (2025) sinken. Huawei soll dabei mit seiner „Ascend“-Chipserie auf einen Marktanteil von 40 %steigen. Weitere Konkurrenten wie Alibaba (Hanguang 800) und Baidu (Kunlun III) entwickeln bereits eigene Chips, die auf Training und Inferenz von KI-Modellen optimiert sind.
Trendforce prognostiziert eine Zweispaltung des globalen KI-Marktes: Ein westlich geprägtes Ökosystem, in dem Nvidia und Co. dominieren, sowie ein abgeschottetes chinesisches System mit heimischer Infrastruktur und Chips. Dieser Trend könnte auch Auswirkungen auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit amerikanischer Anbieter haben, da sich Märkte voneinander entkoppeln.
Ein deutliches Zeichen: Chinas KI-Entwicklungen wie Deepseek R1, ein leistungsstarkes KI-Modell, erregen international Aufmerksamkeit. Huang lobte Deepseek R1 als „ein echtes Geschenk für die weltweite KI-Industrie“ und kündigte zugleich Kooperationen mit dem deutschen DAX-Konzern Infineon zur Entwicklung neuer Stromversorgungschips für Rechenzentren an.
Trotz aller geopolitischer Herausforderungen bleibt Nvidia ein zentraler Akteur an der Wall Street. Die anstehenden Quartalszahlen des Unternehmens gelten als wichtiger Indikator für die Verfassung des KI-Markts. Analysten rechnen laut LSEG mit einem Umsatz von 43,2 Milliarden US-Dollar und einem Gewinnwachstum von etwa 45 % im ersten Quartal 2025.
Dennoch hat sich die Nvidia-Aktie 2025 bislang uneinheitlich entwickelt. Nach einem enormen Anstieg von über 1.000 % zwischen 2022 und 2024, verzeichnete der Kurs seit Jahresbeginn ein Minus von rund 1 %. Marktteilnehmer beobachten genau, ob Nvidia in der Lage ist, den KI-Enthusiasmus erneut zu entfachen und wie das Unternehmen mit den politischen Herausforderungen umgeht.
Die Märkte werden zudem durch innenpolitische Entwicklungen in den USA belastet. Das von den Republikanern dominierte Repräsentantenhaus hat ein Steuer- und Ausgabengesetz verabschiedet, das die US-Staatsschulden um 3,8 Billionen Dollar erhöhen könnte. Moody’s hat daraufhin die Bonität der USA gesenkt.
Langfristige US-Staatsanleihen erreichten jüngst Renditen von über 5 % – der höchste Stand seit Ende 2023. Dies könnte Aktieninvestitionen unattraktiver machen und die Volatilität weiter erhöhen.
Die geopolitische Auseinandersetzung zwischen den USA und China manifestiert sich deutlich im Markt für KI-Hardware. Nvidia steht dabei unter erheblichem Druck – sowohl wirtschaftlich als auch politisch. Die Strategie, den Technologievorsprung durch Exportkontrollen zu sichern, hat laut Aussagen von CEO Huang nicht nur ihren Zweck verfehlt, sondern könnte langfristig zur Entstehung eines technologischen Gegenpoles führen. Für Anleger bedeutet dies eine zunehmend komplexe Gemengelage, in der wirtschaftliche Kennzahlen, politische Entscheidungen und internationale Handelskonflikte untrennbar miteinander verwoben sind.
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