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Nicolas Fuchs Nicolas Fuchs
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Nicolas ist seit 2016 Redakteur bei ARIVA.DE. Seine Expertise in der technischen Analyse und sein Engagement für genaue Prognosen machen ihn zu einer wertvollen Ressource für die Community, die auf aussagekräftige News angewiesen ist.

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SAP streicht jährlich Jobs – während Oracle dank KI-Boom rasant wächst

SAP setzt auf einen jährlichen Stellenabbau von bis zu 2.200 Arbeitsplätzen. Gleichzeitig glänzt Oracle mit historischen Wachstumszahlen im KI-Geschäft.
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SAP in der Transformation: Kontinuität im Personalabbau trifft auf Widerstand

Der deutsche Softwarekonzern SAP (SAP Aktie) SE sieht sich einem fundamentalen Wandel gegenüber. Mit dem erklärten Ziel, die Organisation auf die Herausforderungen der digitalen Transformation vorzubereiten, kündigte der Vorstand unter CEO Christian Klein eine neue Personalstrategie an, die tiefgreifende Auswirkungen auf die Belegschaft hat. Künftig sollen jährlich ein bis zwei Prozent der weltweit rund 109.000 Stellen abgebaut werden. Dies entspricht bis zu 2.200 Positionen pro Jahr.

Die Maßnahme wird offiziell als „kontinuierliche Optimierung“ bezeichnet, jedoch beurteilen Arbeitnehmervertreter die Pläne kritisch. Andreas Hahn, Vorsitzender des europäischen Betriebsrats, äußerte gegenüber dem Handelsblatt die Sorge, dass die Restrukturierungen eher finanzgetrieben als strategisch motiviert seien: „Wir befürchten, dass der SAP-Vorstand Stellenstreichungen dauerhaft als Instrument einsetzen könnte, wenn die Finanzziele dies erfordern.“

Hintergrund: Project Mongoose und neue Bilanzierungspraxis

Bereits im Januar 2024 hatte SAP mit dem Programm „Next Level Transformation“ die Streichung von rund 10.000 Stellen angekündigt. Mit „Project Mongoose“ wurde Anfang September 2025 nun ein weiteres Restrukturierungsprogramm gestartet, jedoch mit dem erklärten Ziel, kleinere, regelmäßige Anpassungen durchzuführen statt einmaliger Großmaßnahmen.

Finanzvorstand Dominik Asam kündigte zugleich eine Änderung in der Bilanzierungspraxis an: Abfindungen und Restrukturierungskosten sollen künftig nicht mehr als Sondereffekte behandelt werden, sondern als reguläre Geschäftsausgaben in die IFRS-Bilanz einfließen. Damit sollen die bereinigten Geschäftszahlen weniger stark von den tatsächlichen Ergebnissen abweichen Dieser Schritt kam auf dem Kapitalmarkt gut an, stieß intern jedoch auf Unverständnis.

Interner Widerstand: Kritik an Kommunikation und Kulturwandel

Während Analysten vor allem die Kostenkontrolle und Effizienzgewinne hervorheben, wächst im Unternehmen der Unmut. Die Beschäftigten zeigten sich beunruhigt, insbesondere wegen der mangelnden Transparenz zu den Kriterien des Stellenabbaus. Eine interne E-Mail des europäischen Betriebsrats sprach von „tiefer Besorgnis“ über die wiederholten Eingriffe in die Belegschaftsstruktur, ohne ausreichende Analyse oder Dialog.

Ein weiterer Streitpunkt ist das sogenannte „Performance Management“, bei dem Mitarbeiter von ihren Führungskräften in Leistungskategorien eingeteilt werden. Es besteht der Verdacht, dass diese Einteilung als Grundlage für die Auswahl von Abbaumaßnahmen dient.

Eberhard Schick, Betriebsratsvorsitzender der SAP SE, kritisierte den Wandel der Unternehmenskultur: „Wenn man jährlich ein bis zwei Prozent der Belegschaft austauschen will, dann zeigt das einen Kulturwandel bei SAP.“ Statt Abfindungen zu zahlen, solle in Qualifizierung investiert werden.

Besonders unglücklich wurde auch die Kommunikation des CFO aufgenommen. In einem Analystengespräch verglich Dominik Asam den jährlichen Stellenabbau mit dem „Zähneputzen“ – eine Formulierung, die intern als zynisch empfunden wurde. Laut Konzernkreisen entschuldigte sich Asam inzwischen bei einer Mitarbeiterversammlung in den USA.

Branchenweiter Druck: Technologiewandel, Kapitalmärkte und KI

SAP steht mit seinem Kurs nicht allein. Seit Anfang 2024 beobachten Marktbeobachter eine Korrektur im globalen Technologiesektor. Nach einem pandemiebedingten Beschäftigungsboom folgen nun strukturelle Anpassungen. Microsoft, Oracle, Amazon (Amazon Aktie) Web Services (AWS) und Google kündigten dieses Jahr zehntausende Entlassungen an. Allein Microsoft (Microsoft Aktie) hat bereits 15.000 Stellen gestrichen.

Treiber dieser Entwicklung sind nicht nur die hohen Zinsen und geopolitischen Unsicherheiten, sondern auch der massive Einfluss von Künstlicher Intelligenz (KI) auf bestehende Geschäftsprozesse. Unternehmen versuchen, durch Automatisierung und neue Technologien Effizienzpotenziale zu heben, mit teils drastischen Folgen für traditionelle Tätigkeiten.

Salesforce etwa begründete die Entlassung von 4.000 Service-Mitarbeitern damit, dass KI-basierte Agenten Kundenanfragen künftig autonom beantworten können.

SAP plant, in Schlüsselbereichen wie Forschung & Entwicklung sowie Vertrieb gezielt neue Kräfte einzustellen. Dennoch bleibt das übergeordnete Ziel klar: Für jeden Euro Umsatzwachstum sollen die operativen Kosten nur noch um 80 bis 90 Cent steigen. Dieses Ziel verkündete COO Sebastian Steinhäuser im Mai auf der SAP-Hausmesse Sapphire.

Produktivität statt Personalaufbau: SAPs strategische Stoßrichtung

Im Zentrum der neuen Strategie stehen drei Hebel: organisatorische Vereinfachung, Automatisierung und der Einsatz von KI. SAP will laut eigenen Angaben Produktivitätssteigerungen von bis zu 30 Prozent erreichen. Bereits heute werden KI-gestützte Tools im Vertrieb eingesetzt, um Kundengespräche effizient vorzubereiten. In der Softwareentwicklung sollen Assistenten die Erstellung und Prüfung von Programmcode beschleunigen.

Doch während SAP die technologische Aufrüstung vorantreibt, sorgt der Personalabbau für Reibungen. Besonders heikel: Die Benennung des Programms „Project Mongoose“. In Konzernkreisen wurde der historische Beiklang des Begriffs übersehen – unter dem gleichen Namen plante die US-Regierung 1961 eine verdeckte Operation gegen das kubanische Regime.

Regional unterschiedlich betroffen – Deutschland vorerst geschützt

Für die SAP-Beschäftigten in Deutschland gilt zumindest bis 2026 eine Beschäftigungsgarantie. In der Regel erfolgt der Personalabbau hierzulande über freiwillige Programme und Abfindungen. Andere Regionen könnten stärker betroffen sein, konkrete Angaben zur geografischen Verteilung wurden bisher nicht gemacht.

Trotz der Schutzmechanismen sieht der Betriebsrat eine strukturelle Gefahr: Die wiederkehrenden Umstrukturierungen erzeugen Verunsicherung, hemmen Innovationskraft und beeinträchtigen das Vertrauen in die Unternehmensführung. Die derzeitige Situation sei eine „Probe für die Organisation“, so Andreas Hahn.

Investitionen in die Zukunft: 20 Milliarden Euro für europäische Cloud-Souveränität

Parallel zum Personalumbau treibt SAP Investitionen in seine strategischen Wachstumsfelder voran. Besonders im Fokus: Die Entwicklung einer souveränen Cloud-Infrastruktur für Europa. Bis 2035 sollen über 20 Milliarden Euro in den Ausbau von Rechenzentren und Cloud-Angeboten fließen. Dies ist eine Reaktion auf steigende Anforderungen an Datenschutz, regulatorische Sicherheit und technologische Souveränität.

Die neue IaaS-Plattform (Infrastructure as a Service) soll Unternehmen ermöglichen, Cloud-Dienste innerhalb der EU unter Einhaltung der DSGVO zu nutzen. SAP reagiert damit auf geopolitische Unsicherheiten und die wachsende Nachfrage nach Onshore-Datenverarbeitung.

„Innovation und Souveränität können nicht zwei getrennte Dinge sein, sie müssen zusammenkommen“, sagte Thomas Saueressig, Vorstandsmitglied für Kundenservice, auf einer Pressekonferenz. Die Initiative steht in enger Verbindung mit den Plänen der EU-Kommission, sogenannte „KI-Gigafabriken“ zu etablieren – Hochleistungszentren für das Training großer KI-Modelle.

SAP ist an diesem Projekt beteiligt, jedoch nicht als führender Partner. Die Milliardeninvestitionen in die Cloud-Infrastruktur sind bereits in den Finanzplanungen für das kommende Jahr berücksichtigt und sollen die technologische Wettbewerbsfähigkeit Europas stärken.

Fazit

SAP steht am Scheideweg zwischen Effizienz und Unternehmenskultur. Der angekündigte Personalabbau als kontinuierliches Instrument zur Kostenkontrolle trifft auf zunehmenden Widerstand innerhalb der Belegschaft. Während der Konzern seine Investitionen in zukunftsträchtige Technologien wie KI und Cloud-Souveränität ausbaut, bleiben Fragen zur sozialen Verantwortung und internen Kommunikation offen.

Für Investoren dürften insbesondere die Effizienzgewinne und das strategische Cloud-Engagement interessant sein. Für die Mitarbeiter hingegen ist die „neue Normalität“ des regelmäßigen Stellenabbaus eine Belastung mit ungewissem Ausgang.



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