Es wird spannend, sehr spannend
von Jochen Steffens
Ich hatte Ihnen am Freitag letzter Woche das folgende Dreieck im Dax vorgestellt. So hat es sich bisher weiter entwickelt:

Sie sehen, heute Morgen ist der Dax an dieser oberen Linie erst einmal punktgenau abgeprallt. Das allein ist ein klitzekleines Warnzeichen. Der Dax hat zudem schon eine beachtliche Rally hinter sich, dafür, dass vor eineinhalb Wochen alle noch vom Weltuntergang sprachen. Doch die Laune der Anleger ist zurzeit extrem wechselhaft. So fragten mich heute bereits mehrere meiner Kollegen, ob man nicht nun massiv einsteigen solle und reagierten etwas aggressiv, als ich sagte, man müsse auf den Bruch des Allzeithochs warten.
Dann sei doch schon alles gelaufen, so die Antwort. Das ist totaler Unsinn, dann fängt es erst an, wie ich Ihnen gleich zeigen werde. Festzuhalten ist aber, dass die Stimmung bereits wieder gedreht hat und die Trader unruhig bis gierig werden. Und eben weil viele wieder deutlich bullisher als noch vor eineinhalb Wochen sind, muss man noch vorsichtiger sein.
Langfristige Entwicklung im Dax
Doch schauen wir uns an, was passieren wird, wenn diese besagten Linien brechen. Da Dreiecke, wie bereits gesagt, Fortsetzungsformationen sind, sollten wir dazu einen Blick auf den langfristigen Dax werfen.

Interessant ist zunächst der Vergleich der großen Konsolidierungen seit 2003. Als Maßstab habe ich die Spanne der Konsolidierung aus dem Jahr 2006 genommen (rote Kästchen). Die aktuelle Konsolidierung entspricht in ihrem Ausmaß demnach fast genau der Konsolidierung aus dem Jahre 2006. Mit anderen Worten, trotz all der Panik, die zurzeit immer wieder verbreitet wird, ist noch NICHTS dramatisches passiert – bisher handelt es sich nur um eine „ganz normale“ Konsolidierung, die insofern bullish zu werten ist.
Am Allzeithoch
Für uns wesentlich wichtiger ist, dass dieses Dreieck genau unterhalb des Allzeithochs bei 8.136 Punkten liegt. Wenn jetzt die obere Linie des Dreiecks und dieses Allzeithoch nach oben gebrochen werden, ergibt sich daraus ein Kursziel, das sich wie folgt berechnet: Die Spanne der Minor-Bewegung vor dem Dreieck (linker blauer Balken) wird an das Tief des Dreiecks angelegt (rechter blauer Balken).
Daraus ergäbe sich demnach ein rechnerisches Kursziel von 10.000 Punkten im Dax!
Das würde auch aus einem anderen Blickwinkel Sinn machen. Wenn ein Allzeithoch nach derart langer Zeit in einem Index nach oben aufgelöst wird, muss man mit einem Anstieg von durchschnittlich 15 % rechnen. Von 8.136 Punkten aus gesehen entspräche das einem Anstieg auf 9.356 Punkten. Wenn der Dax bei 9.356 Punkten steht, wird diese extrem wichtige psychologische Marke von 10.000 Punkten den Dax magisch anziehen (Sie erinnern sich, dieses Phänomen habe ich schon sehr häufig beschrieben). Sie können also fast sicher sein, dass der Dax in diesem Fall die restlichen 6,88 % bis zur 10.000er Marke auch noch schaffen wird. Und sei es, um nur einmal zu schauen, wie es sich denn so über 10.000 Punkten anfühlt.
Kurz: Wenn es zu einem Ausbruch aus dem Dreieck kommt und der Kurs anschließend auch noch das Allzeithoch überwindet, besteht eine relativ hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass wir die 10.000 Punkte Marke sehen (allerdings wird das natürlich seine Zeit dauern).
Und das etwas weniger freundliche Szenario
Wenn der Dax jetzt hingegen an dieser Linie abprallt und anschließend bis unter die 7750er Marke oder sogar bis zur unteren Linie des Dreiecks fällt, dann wird es unwahrscheinlich, dass dieses Dreieck eine Fortsetzungsformation darstellt. Das hängt damit zusammen, dass der Ausbruch aus einem Dreieck innerhalb der ersten beiden Dritteln der Gesamtformation geschehen muss. Wenn das nicht passiert und der Kurs "in die Spitze" des Dreiecks läuft, folgt meistens eine Seitwärtsbewegung.
Dazu passt der Dow Jones
Ein Chart, der jetzt schon ziemlich deutlich nach Seitwärtsbewegung aussieht ist der Dow Jones Industrial:

Diese Ungenauigkeiten an der oberen wie unteren Linie, die teilweise extreme Dynamik: Das alles weist auf große Unsicherheit hin, die im Zuge der Subprimekrise auch nicht verwundert. Unsicherheit ist eben Kern einer jeden Seitwärtsbewegung. Die Bullen und Bären schaffen es nicht, die Kurse maßgeblich in eine Richtung zu ziehen, eine typische Patt-Situation.
Doch etwas anderes gibt mir zu denken. Wenn der Dow Jones nun, wie es für eine Seitwärtsbewegung typisch wäre, an die obere Linie bei 14.000 Punkten laufen sollte, dann würde das im Dax bedeuten, dass sowohl das Dreieck und das Allzeithoch nach oben gebrochen wären. Das wiederum wäre ein bullishes Zeichen, das prinzipiell auch wieder Rückschlüsse auf einen Ausbruch des Dow Jones über die 14.000 Punkte Marke zulassen würde.
Bearische Szenario
Doch auch hier gibt es noch ein bearisches Szenario. Es kann nämlich gut sein, dass der Dow Jones doch noch einmal an die untere Linie bei 12547 Punkten läuft, ehe er wieder nach oben dreht. Das würde dann endgültig die Seitwärtsbewegung im Dow Jones verfestigen. In diesem Fall wäre natürlich auch das Dreieck im Dax hinfällig und auch dort spräche dann vieles für eine Seitwärtsbewegung.
Wie gesagt, eine hochspannende Situation – auch weil es im Dax wieder einmal um das Allzeithoch aus dem Jahr 2000 geht. Ich hoffe, ich muss nicht noch allzu häufig, über eine Annäherung an dieses Allzeithoch schreiben...
Viele Grüße
Ihr
Jochen Steffens