Bei Ariva wird mMn zuviel in den Kategorien "die Bullen" oder "die Bären" gedacht, so als wären alle Überzeugungstäter und immer nur im jeweiligen Lager aktiv.
Tatsächlich aber ist es höchstwahrscheinlich so, dass die jetzigen Kurs-Drücker dieselben sind, die zuvor Kurs-Pusher waren.
Werden große Broker wie GS und JPM wirklich zu "Bären", nur weil sie (temporär?) die Hebel ihrer Trading-Automaten auf Sell (bzw. "verkaufe Erholungen") umgeschaltet haben? Ich würde sagen nein. Die sind als Pokerspieler von Berufs wegen emotionsarm und handeln meist so, dass der stimmungsmäßig nach ihren Vorgaben positionierte Marktteilnehmer/Trendfolgedepp (zurzeit noch bullische Dip-Buyer) möglichst hohen Schaden nimmt - zu ihrem eigenen Vorteil.
Man könnte die Strategie als Sentiment-Melken bezeichnen.
Das aktuell bullische Sentiment wurde von den Automaten zuvor - wider widrige Fundamentals - mühsam herbeigezockt, um die nun in Top-Nähe laufende "versteckte Distribution" reibungslos zu gestalten. Jetzt, wo alle Marktteilnehmer "begriffen" haben, dass Kurse nur noch steigen können ("Der Markt will nach oben"), weil die Goldmänner ihre Hebel monatelang in der Buy-Stellung verharren ließen, ist für Letztere die Zeit gekommen, dieses Füllhorn williger Geldgeber "abzuschöpfen".
Die Goldmänner fahren - nach mühsamer Stimmungs-Saat - nun die Kleinanleger-Ersparnisse als wohlverdiente Ernte ein. Es ist ein Erntedankfest - das gemäß Blankfein sogar "Gottes Segen" hat.
Wie es weiterläuft, hängt nicht davon ab, ob jetzt bullische oder bärische Argumente mehr Gewicht bekommen, sondern davon, wie die Trading-Automaten eingestellt werden. Wenn die Stimmung - auch im Hinblick auf Dip-Buying - hinreichend bullisch bleibt, bleiben die Automaten auf "Sell". D.h. nicht, dass in kleinen "zugelassenen" Erholungen nicht kurzzeitig gezielt falsche Hoffnungen geweckt werden. Das gehört zum Pokerspiel dazu. Man darf dem anderen nicht zu früh die Gewinn-Illusion nehmen.
Diejenigen, die die Trading-Automaten einstellen, sind die eigentlich "Smarten" im Lande. Sie haben in ihren Research-Abteilungen aufwendige Buy-Side-Analysen erstellt (die Niemand außer Haus zu sehen bekommt). Darin könnte u. a. das bevorstehende Ende des "easy money" berücksichtigt sein, das Auslaufen der künstlichen Hyperliquidität der Zentralbanken, eine mögliche konjunkturelle Eintrübung im zweiten Halbjahr 2010, weil die Stimu-Pakete an Wirkung verlieren (Lagerwiederaufstockung ist nun abgeschlossen...) usw.
Denn wer auf Pump große Geldmengen bewegt und riesige Positionen hat wie die hochgehebelten Zockerbanken, muss ebenfalls beizeiten den Exit einplanen. Das macht man am besten und "reibungsfreisten", solange "die andere Seite", die unterdessen mit bullischen Sell-Side-Analysen (die gratis sind!) bedient und mit DAX-10.000 Kurszielen "geködert" wird, noch willig Käufer-Lemminge stellt.
Das bullische Sentiment ist mMn auch nach der 10 % Korrektur nach wie vor "dick" im Markt, wenn auch weniger als Mitte Januar. Dip-Buying regiert zurzeit auch noch bei Ariva. Nachhaltig auf Buy werden die Automaten aber erst wieder geschaltet, wenn "die Masse" richtig bärisch geworden ist. Vor DAX 4.500 ist damit nicht zu rechnen. Fallende Charts, die die Automaten erzeugen, wirken aber mittelfristig "sinnstiftend" und sind Teil des aufwendigen Umerziehungs-Programms.
Erst wenn alle Marktteilnehmer "begriffen" haben, dass die ganze Erholung reine Einbildung war (dann kommen auch die von den Research Abteilungen bereits jetzt antizipierten "bad news"), die Fundamentals nach wie vor grottenschlecht sind (siehe "bad news) und "der Markt nach unten will", werden die Goldmänner sich auf eine neue Bären-Ernte einschießen.
Und all das Gepoker möglichst immer mit leerem Blatt (Kaufen bei "bad news", Verkaufen bei "good news" wie jetzt). Denn das frustet die "Gegenseite" auf Dauer am meisten. Zum Bären-Erntedankfest am Ende des Downtrends gehört ja schließlich auch, dass die jetzt geköderten Euphorie-Deppen entnervt ihre Positionen hinschmeißen.