nur der Marktpreis?
Das ist eine ausgezeichnete Frage! Ja, Aktien und Anleihen haben neben dem durch Angebot und Nachfrage bestimmten Marktpreis einen tiefer liegenden Wert, der als Innerer Wert (Intrinsic Value) oder Fundamentaler Wert bezeichnet wird.
Dieser fundamentale Wert basiert auf der tatsächlichen wirtschaftlichen Leistung und den zukünftigen Aussichten des jeweiligen Unternehmens oder Emittenten
Fundamentaler Wert von Aktien
Der innere Wert einer Aktie ist im Wesentlichen der Barwert aller zukünftigen Zahlungen, die ein Aktionär von dem Unternehmen erwarten kann. Die wichtigsten Faktoren sind:
* Zukünftige Erträge und Cashflows: Der wichtigste Faktor. Man schätzt, wie viel Gewinn (oder besser: Cashflow) das Unternehmen in Zukunft erwirtschaften wird. Modelle wie die Discounted Cash Flow (DCF)-Methode zielen darauf ab, diese zukünftigen Cashflows auf ihren heutigen Wert abzuzinsen.
* Dividenden: Für Unternehmen, die regelmäßig Gewinne ausschütten, ist der Discounted Dividend Model (DDM) eine häufig verwendete Methode, bei der zukünftige Dividendenzahlungen bewertet werden.
* Vermögenswerte (Substanzwert): Dies ist der Wert aller Vermögenswerte (Aktiva) eines Unternehmens abzüglich seiner Schulden (Verbindlichkeiten). Dies spielt eine größere Rolle bei Unternehmen mit vielen materiellen Werten (z. B. Immobilien, Maschinen).
* Fundamentale Kennzahlen: Analysten verwenden Verhältnisse wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) oder die Eigenkapitalrendite, um die Aktie im Vergleich zu Branchenkollegen oder historischen Werten zu bewerten.
Der innere Wert dient Anlegern, insbesondere im sogenannten Value Investing, als Orientierungspunkt: Liegt der Marktpreis (durch Angebot und Nachfrage) unter dem Inneren Wert, wird die Aktie als unterbewertet und kaufenswert betrachtet.
Fundamentaler Wert von Anleihen
Der Wert einer Anleihe wird primär durch folgende Faktoren bestimmt, die ebenfalls über die reine Marktstimmung hinausgehen:
* Zinszahlungen (Kupon): Die Anleihe garantiert dem Inhaber regelmäßige Zinszahlungen (Kupon).
* Rückzahlung des Nennwerts: Am Ende der Laufzeit erhält der Anleger den Nennwert der Anleihe zurück.
* Zinsniveau am Markt: Der wichtigste externe Faktor. Wenn die allgemeinen Marktzinsen steigen, sinkt der Wert einer bereits ausgegebenen Anleihe mit einem festen niedrigeren Kupon (da neue Anleihen attraktivere Zinsen bieten). Wenn die Marktzinsen sinken, steigt der Wert der bestehenden Anleihe.
* Bonität des Emittenten (Kreditrisiko): Die Wahrscheinlichkeit, dass der Schuldner (Unternehmen oder Staat) die Zinsen zahlen und den Nennwert zurückzahlen kann. Eine bessere Bonität (höhere Ratings) bedeutet ein geringeres Risiko und damit tendenziell einen höheren Wert (oder eine niedrigere Rendite).
Der fundamentale Wert einer Anleihe ist somit der abgezinste Wert aller zukünftigen Kuponzahlungen plus des abgezinsten Nennwerts.
Marktwert vs. Innerer Wert
Der an der Börse beobachtbare Marktpreis ist die aktuell von Angebot und Nachfrage bestimmte Notierung. Er kann kurzfristig stark vom Inneren Wert abweichen, da er zusätzlich von folgenden Faktoren beeinflusst wird:
* Marktstimmung und Emotionen (Euphorie oder Panik)
* Kurzfristige Trends und Spekulationen
* Liquidität des Wertpapiers
* Makroökonomische Nachrichten
* Politische Ereignisse
Die zentrale Annahme der Fundamentalanalyse ist, dass sich der Marktpreis eines Wertpapiers langfristig immer seinem Inneren Wert annähern wird.