Bulle & Bär
Anleihen von GM und Ford bergen zu viele Risiken
Wer sich die Kursverläufe der Anleihen von General Motors (GM) und Ford ansieht, könnte meinen, dass die Konzerne im April große Probleme hatten, inzwischen aber über den Berg sind. Denn die Kurse der Bonds sackten bis Mai deutlich ab und haben sich inzwischen wieder deutlich erholt.
Doch die Marktentwicklung täuscht darüber hinweg, dass die Konzerne heute noch größere Probleme haben als im Frühjahr. Auslöser für die massiven Kursverluste waren Gewinnwarnungen der Autobauer. Sie ließen Investoren ahnen, dass die Konzerne ihre Ratings im sicheren Investment-Bereich verlieren. Das ist längst geschehen. Standard & Poor’s degradierte GM und Ford im Mai in die Klasse der schwachen Schuldner. Damals sackten die Kurse auf Tiefs von bis zu 70 Prozent des Nennwerts. Fitch zog im Juni bei GM nach, und vergangene Woche stufte Moody’s die Anleihen beider Konzerne als Junk-Bonds (Schrottanleihen) ein. Doch auf die Deklassierung durch Moody’s reagierte der Markt kaum noch.
Dabei ist die Begründung für die Ratingherabstufungen bei allen drei Agenturen ähnlich und jetzt nicht weniger alarmierend als vor vier Monaten. Beide Unternehmen verlieren mit ihrem Kerngeschäft – dem Verkauf von Autos – Geld. Moody’s schätzt, dass Ford mit der Autosparte in diesem Jahr 500 Mill. und GM sogar drei Mrd. Dollar Verlust machen wird. Um den Verkauf anzukurbeln, haben die Unternehmen die Rabattschlachten weiter angeheizt und damit ihren Absatz im Juli gesteigert. Doch das ist problematisch. Denn weil die Firmen ihre Autos jetzt besonders billig auf den Markt bringen, fehlen ihnen möglicherweise Käufer für die neuen Modelle, die derzeit entwickelt werden und den Turnaround im Autogeschäft bringen sollen.
Lediglich die Finanztöchter FMCC und GMAC sind hochprofitabel. Aber die Konzerne – vor allem GM – ächzen weiter unter hohen Pensionsverpflichtungen und Ausgaben für die Krankenversicherung der Mitarbeiter. Die Finanzkennziffern verschlechtern sich stetig. Im ersten Halbjahr war die Nettoverschuldung von Ford 5,3-mal höher als das Ergebnis vor Steuern, Abschreibungen und Zinsen. Bei GM lag diese Kennziffer sogar bei 7,1. Lediglich mit Sicht auf zwei Jahren ist das Ausfallrisiko von GM- und Ford-Bonds relativ gering, denn beide Unternehmen haben liquide Mittel von je rund 20 Mrd. Dollar.
Für Anleger bedeutet dies, dass sie kurzlaufende Anleihen der Konzerne halten können. Alles was erst nach 2007 fällig wird, ist jedoch sehr unsicher. Deshalb sollten gerade Privatanleger, die Anleihen meist bis zum Ende der Laufzeit halten und darauf setzen, ihr Kapital zum Nennwert zurückzubekommen, jetzt aussteigen. Die am längsten laufende Ford-Anleihe in Euro wird Anfang 2010 fällig, und ihr Kurs liegt jetzt immerhin schon wieder bei gut 94 Prozent, was einer Rendite von 6,4 Prozent entspricht. Der Kurs der im Sommer 2033 fälligen GM-Anleihe hat sich auf 86 Prozent erholt, der Bond rentiert mit knapp zehn Prozent. Die Renditen sind höher als bei Junk-Bonds mit vergleichbaren Ratings, aber für Anleger, die bei Anleihen auf Sicherheit setzen, nicht geeignet.
Der Ausstieg lohnt sich jetzt, weil die Kurse auch schnell wieder abstürzen könnten. Obwohl viele professionelle Investoren, angelockt durch die zeitweise extrem hohen Renditen, die Anleihen der beiden Autokonzerne wieder gekauft haben, bleibt der Markt nervös, und die Stimmung könnte schnell wieder umschlagen. Potenzielle Auslöser dafür gibt es genug. GM ist in den Verhandlungen mit der mächtigen US-Autogewerkschaft UAW über eine vorzeitige Auflösung des Tarifvertrags noch nicht weitergekommen. Beide Unternehmen kämpfen noch mit Altlasten bei ihren ehemaligen Zuliefertöchtern Delphi (GM) und Visteon (Ford). Und die nächsten Quartalszahlen dürften auch eher für eine negative als eine positive Überraschung gut sein.
Quelle: HANDELSBLATT, Montag, 29. August 2005, 07:20 Uhr
...be invested
Der Einsame Samariter
Anleihen von GM und Ford bergen zu viele Risiken
Wer sich die Kursverläufe der Anleihen von General Motors (GM) und Ford ansieht, könnte meinen, dass die Konzerne im April große Probleme hatten, inzwischen aber über den Berg sind. Denn die Kurse der Bonds sackten bis Mai deutlich ab und haben sich inzwischen wieder deutlich erholt.
Doch die Marktentwicklung täuscht darüber hinweg, dass die Konzerne heute noch größere Probleme haben als im Frühjahr. Auslöser für die massiven Kursverluste waren Gewinnwarnungen der Autobauer. Sie ließen Investoren ahnen, dass die Konzerne ihre Ratings im sicheren Investment-Bereich verlieren. Das ist längst geschehen. Standard & Poor’s degradierte GM und Ford im Mai in die Klasse der schwachen Schuldner. Damals sackten die Kurse auf Tiefs von bis zu 70 Prozent des Nennwerts. Fitch zog im Juni bei GM nach, und vergangene Woche stufte Moody’s die Anleihen beider Konzerne als Junk-Bonds (Schrottanleihen) ein. Doch auf die Deklassierung durch Moody’s reagierte der Markt kaum noch.
Dabei ist die Begründung für die Ratingherabstufungen bei allen drei Agenturen ähnlich und jetzt nicht weniger alarmierend als vor vier Monaten. Beide Unternehmen verlieren mit ihrem Kerngeschäft – dem Verkauf von Autos – Geld. Moody’s schätzt, dass Ford mit der Autosparte in diesem Jahr 500 Mill. und GM sogar drei Mrd. Dollar Verlust machen wird. Um den Verkauf anzukurbeln, haben die Unternehmen die Rabattschlachten weiter angeheizt und damit ihren Absatz im Juli gesteigert. Doch das ist problematisch. Denn weil die Firmen ihre Autos jetzt besonders billig auf den Markt bringen, fehlen ihnen möglicherweise Käufer für die neuen Modelle, die derzeit entwickelt werden und den Turnaround im Autogeschäft bringen sollen.
Lediglich die Finanztöchter FMCC und GMAC sind hochprofitabel. Aber die Konzerne – vor allem GM – ächzen weiter unter hohen Pensionsverpflichtungen und Ausgaben für die Krankenversicherung der Mitarbeiter. Die Finanzkennziffern verschlechtern sich stetig. Im ersten Halbjahr war die Nettoverschuldung von Ford 5,3-mal höher als das Ergebnis vor Steuern, Abschreibungen und Zinsen. Bei GM lag diese Kennziffer sogar bei 7,1. Lediglich mit Sicht auf zwei Jahren ist das Ausfallrisiko von GM- und Ford-Bonds relativ gering, denn beide Unternehmen haben liquide Mittel von je rund 20 Mrd. Dollar.
Für Anleger bedeutet dies, dass sie kurzlaufende Anleihen der Konzerne halten können. Alles was erst nach 2007 fällig wird, ist jedoch sehr unsicher. Deshalb sollten gerade Privatanleger, die Anleihen meist bis zum Ende der Laufzeit halten und darauf setzen, ihr Kapital zum Nennwert zurückzubekommen, jetzt aussteigen. Die am längsten laufende Ford-Anleihe in Euro wird Anfang 2010 fällig, und ihr Kurs liegt jetzt immerhin schon wieder bei gut 94 Prozent, was einer Rendite von 6,4 Prozent entspricht. Der Kurs der im Sommer 2033 fälligen GM-Anleihe hat sich auf 86 Prozent erholt, der Bond rentiert mit knapp zehn Prozent. Die Renditen sind höher als bei Junk-Bonds mit vergleichbaren Ratings, aber für Anleger, die bei Anleihen auf Sicherheit setzen, nicht geeignet.
Der Ausstieg lohnt sich jetzt, weil die Kurse auch schnell wieder abstürzen könnten. Obwohl viele professionelle Investoren, angelockt durch die zeitweise extrem hohen Renditen, die Anleihen der beiden Autokonzerne wieder gekauft haben, bleibt der Markt nervös, und die Stimmung könnte schnell wieder umschlagen. Potenzielle Auslöser dafür gibt es genug. GM ist in den Verhandlungen mit der mächtigen US-Autogewerkschaft UAW über eine vorzeitige Auflösung des Tarifvertrags noch nicht weitergekommen. Beide Unternehmen kämpfen noch mit Altlasten bei ihren ehemaligen Zuliefertöchtern Delphi (GM) und Visteon (Ford). Und die nächsten Quartalszahlen dürften auch eher für eine negative als eine positive Überraschung gut sein.
Quelle: HANDELSBLATT, Montag, 29. August 2005, 07:20 Uhr
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Der Einsame Samariter