KÜNDIGUNGEN
Schöne Bescherung kurz vor Weihnachten: Eingeweihte berichten aus der Kreisstadt über „zahlreiche“ Kündigungen für Frühjahr 2019. Will der südafrikanische Möbel- und Handelskonzern auch sein Hochregallager abstoßen? Die Gerüchte schießen ins Kraut. Um was geht es?
Westerstede /Amsterdam Die durch einen Bilanz-Skandal ausgelöste Krise des Steinhoff-Konzerns schlägt nun zunehmend auf den Ursprungssitz in Westerstede (Ammerland) und dort Beschäftigte durch. Dort sind mehrere Töchter des heute von Stellenbosch (Südafrika) aus geführten und formal in Amsterdam registrierten Möbel- und Handelskonzerns tätig. Nach Informationen dieser Zeitung haben Westersteder Mitarbeiter in den vergangenen Tagen ihre Kündigung erhalten. Es soll um „zahlreiche“, „dutzende“, oft langjährige Beschäftigte gehen, erfuhr die Wirtschaftsredaktion aus zwei voneinander unabhängigen Quellen. Demnach verlieren sie zu Ende März bzw. April 2019 ihren Job.
Von dem traditionell sehr verschwiegenen Konzern gibt es keine genauen lokalen Mitarbeiter-Zahlen. Nach einer (nach damaligen Angaben) Abbau-Runde um 2013 dürfte aber die 200er Marke unterschritten worden sein. Die Zahl dürfte heute deutlich darunter liegen. Als Schwerpunkte gelten Logistik und Service. Der Betriebsrat war nicht zu erreichen. Er hält sich in der Öffentlichkeit erfahrungsgemäß extrem zurück.
„Steinhoff“ ist nicht nur wegen der Entlassungsrunde Stadtgespräch in Westerstede. In der Ammerland-Kreisstadt schießen auch Spekulationen ins Kraut, eine Steinhoff zugerechnete Firma wolle das markante, stadtbildprägende Hochregallager an der Autobahn 28 veräußern.
Dabei fallen nach Informationen dieser Zeitung verschiedenste Namen möglicher Interessenten – aus der westfälischen Discountmöbelbranche, aber auch der niedersächsischen Autoindustrie. Dafür gab es allerdings bisher von keiner Seite Bestätigungen. Offenbar laufen Verhandlungen, hieß es vor Ort.
Diese Zeitung erfuhr außerdem von „möglicher Bewegung“ im Nutzerkreis des Lagers. Bedeutet das den Auszug für einen Verkauf?
Das passt ins Gesamtbild
Klar ist: Eine Versilberung des Hochregallagers würde ins Gesamtbild passen: Seit Monaten ist der hoch verschuldete Steinhoff-Konzern, dessen Verbindlichkeiten immer noch im hohen einstelligen Milliardenbereich liegen sollen, dabei, Anlagen in mehreren Staaten abzustoßen – um die Verbindlichkeiten zu reduzieren und sich im operativen Geschäft Luft zu verschaffen. In Deutschland etwa stieg man beim Möbel-Discounter Poco aus.
Weder zu den Kündigungen noch zum Thema Hochregallager gab es vom Unternehmen eine Bestätigung. Auf eine Anfrage dieser Zeitung bei der PR-Zentrale der in Frankfurt börsennotierten Amsterdamer Aktiengesellschaft Steinhoff International hieß es nur nichtssagend: „Bitte um Verständnis, dass wir zum jetzigen Zeitpunkt Marktgerüchte nicht kommentieren können. Aufgrund der Preissensibilität jeglicher Kommunikation informiert Steinhoff International aktuell exklusiv über die offiziellen Informationskanäle der Börsen in Frankfurt und Johannesburg.“
Die angesprochene „Preissensibilität“ an den Börsen hatte nach Bekanntwerden des Bilanzskandals bei Steinhoff im Dezember 2017 zum Kurs-Absturz geführt. Anleger, darunter auch ein südafrikanischer Pensionsfonds, verloren den Großteil ihres Einsatzes: Die Aktie war 2015 zu fünf Euro an die Börse gekommen (Börsenwert rund 20 Milliarden Euro). Aktuell liegt der Kurs bei nur zwölf Cent!
Die Holding der Gründerfamilie Steinhoff hält nach letzten Angaben nur noch einen minimalen Anteil im unteren einstelligen Prozent-Bereich. Im Aufsichtsrat sitzt noch Angela Steinhoff, Tochter des Gründers Bruno Steinhoff, der in den 60er Jahren mit einer Handelsagentur den Grundstein für den späteren Möbelriesen legte – und später das Hochregallager errichtete.
Oldenburger ermitteln noch
Die Vorgänge bei dem weltweit tätigen Handels- und Möbelriesen – offenbar aufgeblähte Firmenwerte – werden zurzeit noch aufgearbeitet. Dies zieht sich hin. Bereits seit Ende 2015 ermittelt eine Gruppe bei der Staatsanwaltschaft Oldenburg wegen des Verdachts auf Bilanzfälschung. Es gab damals auch eine Razzia im Ammerland.
Auch in Südafrika, wohin der Steinhoff-Konzern in den 90er-Jahren verlegt und börsennotiert wurde, wird ermittelt. Zudem ist die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PWC dabei, im Auftrag des Konzerns die Fehlentwicklungen zu rekonstruieren.
Die spannende Frage aus regionaler Sicht ist: Was kommt bei den Ermittlungen heraus? Inwieweit spielen neben dem früheren Vorstandsvorsitzenden Marcus Jooste, der von Bord gehen musste, auch Verbindungen nach Nordwestdeutschland eine Rolle? Dass wird gerade auch in südafrikanischen Medien immer wieder unterstellt.
In Westerstede waren Fäden von Steinhoffs Europa-Aktivitäten zusammengelaufen. In Europa liegt offenbar auch die Masse der Schulden
quelle:www.nwzonline.de/plus/...endigungen-bei_a_50,3,569755988.html