HAMBURG (Dow Jones)--Im Streit um die hohen Strompreise hat Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) die Energiekonzerne zum Einlenken aufgefordert und ihnen zugleich die Zerschlagung angedroht. "Die Stromkonzerne sollten jetzt erst einmal eigene Vorschläge machen, wie sie die Preisgestaltung transparenter machen wollen. Auch sollen sie uns erklären, wie sie dafür sorgen, dass die Netze endlich ausgebaut werden und mehr Wettbewerber an den Markt kommen", sagte Gabriel dem Nachrichtenmagazin "Spiegel". Ziel müsse es sein, eine stärkere Trennung von Energieerzeugung und Netzbetrieb durchzusetzen.
Der Minister sagte weiter, noch wolle die Bundesregierung dafür keine eigentumsrechtliche, sondern nur eine organisatorische Trennung mit einer starken Aufsicht. Für den Fall, dass die Energieunternehmen nicht zu Zugeständnissen bereit sein sollten, schloss der Minister aber auch eine Zerschlagung der Konzerne nicht aus: "Die müssen liefern. Wenn sie dies nicht tun, wird uns am Ende als Ultima Ratio nichts anderes übrigbleiben, als
gemeinsam mit der EU-Kommission eine Eigentumsentflechtung von Netz und Betrieb zu erzwingen."
Der baden-württembergische Wirtschaftsminister Ernst Pfister äußerte sich in ähnlicher Weise. Er hält eine Zerschlagung der Konzerne als letztes Mittel gegen hohe Strompreise für möglich. "Stromnetze und Kraftwerke zu trennen, ist durchaus der richtige Gedanke", sagte der FDP-Politiker dem "Tagesspiegel am Sonntag". Wer die Netze habe, bestimme in der Regel auch, wer auf dem Strommarkt eine Chance habe.
Der Minister zeigte auch Sympathien für den Vorschlag seines hessischen Amtskollegen Alois Rhiel (CDU), der die Energieversorger zu Verkäufen von Kraftwerken zwingen will: "Fakt ist, dass 80% der Erzeugung von den großen vier Konzernen übernommen werden. Das ist kein Wettbewerb.". Zunächst müsse aber das Kartellrecht nach den Vorstellungen von Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) verschärft und erprobt werden. Nach Glos' Vorstellung sollen künftig die Stromkonzerne selbst nachweisen, dass ihre Preise nicht überhöht sind und nur aufgrund der Marktmacht zu erzielen sind.
Auch die EU-Kommission verstärkte angesichts der steigenden Strompreise den Druck auf die deutschen Energiekonzerne. "Die Strompreise in Deutschland sind höher, als man in einem Markt mit echtem Wettbewerb erwarten dürfte", sagte Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes in einem Interview mit "Bild am Sonntag". Daher untersuche die Kommission, "ob wettbewerbsfeindliche Praktiken vorliegen".Kroes schloss neue Kartellverfahren gegen deutsche Energiekonzerne ausdrücklich nicht aus: "Wir haben Razzien durchgeführt in verschiedenen Unternehmen, weil wir wettbewerbsfeindliches Verhalten vermuten. Gegen RWE und E.ON haben wir bereits Verfahren eingeleitet. Weitere Verfahren könnten folgen."
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