Skandal um Arzneimittel
Johnson-Schmerzpflaster unter Verdacht
Die Pharmabranche fürchtet einen neuen Arzneimittelskandal: US-Behörden prüfen derzeit, ob ein Präparat von Johnson & Johnson und die von Mylan produzierten Nachahmermedikamente zum Tod von 120 Patienten geführt haben.
HB DÜSSELDORF. Der US-Konzern Johnson & Johnson sieht sich mit schweren Anschuldigungen konfrontiert. Derzeit prüft die US-Bundesbehörde zur Überwachung von Nahrungs- und Arzneimitteln, ob die Todesfälle von 120 Personen auf ein vom Unternehmen produziertes Schmerzpflaster zurückzuführen sind. Damit gerät auch Mylan Laboratories unter Druck, die seit Januar die zugelassenen Generika des Schmerzmittels vermarkten.
Die US-Behörde hat bereits eine Warnung an Ärzte herausgegeben, verbunden mit Sicherheitsvorschriften zum Gebrauch des morphiumähnlichen Präparats. Das Pflaster enthält das Schmerzmittel Fentanyl, ein synthetisches Opioid. Derzeit versucht die Aufsichtsbehörde zu klären, ob die Todesfälle auf eine unsachgemäße Anwendung des Arzneimittels zurückzuführen sind oder auf gravierende Qualitätsmängel. Im Zusammenhang mit den Todesfällen werden sowohl die Produkte von Johnson & Johnson als auch von Mylan geprüft. Die zunehmenden Zahl der Fälle könnten auf die erst seit kurzem verfügbaren Generika des Schmerzpflasters zurückzuführen sein.
Eine Sprecherin von Johnson & Johnson beteuerte unterdessen: "Die Patientensicherheit ist unsere oberste Priorität." Es sei bewiesen, dass es sich bei dem Pflaster um ein effektives Mittel zur Behandlung chronischer Schmerzen handele, wenn es wie verordnet angewandt würde. Mylan lehnt eine Stellungnahme bislang ab.
Erst Mitte Juli hatte Johnson & Johnson auf der Verpackung des Schmerzpflaster Duragesic einen Warnhinweis angebracht, der auf einen möglichen Missbrauch des Präparats aufmerksam machen soll. Bereits im vergangenen September hatte die Kontrollbehörde durchgesetzt, dass der US-Konzern in seiner Werbung nicht mehr behaupten darf, das Schmerzpflaster habe weniger Nebenwirkungen als andere Arzneimittel und berge ein geringes Missbrauchsrisiko.
Der aktuelle Fall erinnert an den Rückruf eines Cholesterin-Senkers, das die Leverkusener Bayer AG 2001 vom Markt nahm. Das unter den Markennamen Baycol und Lipobay vertriebene Präparat löste in einigen Fällen Muskelschwäche aus. Schadenersatzklagen von Geschädigten hatten den Pharmakonzern hunderte Millionen Euro gekostet.
Das Schmerzmittel Vioxx des US-Pharmariesen Merck wirkte sogar tödlich. Merck hatte das Medikament Ende September 2004 vom Markt genommen, nachdem eine Studie eine Verdoppelung von Herzattacken und Schlaganfällen nachgewiesen hatte, wenn das Mittel mehr als 18 Monate eingenommen wurde. Hinweise auf die Nebenwirkungen hatte es schon seit Einführung des Mittels 1999 gegeben. In den USA laufen Sammelklagen.
HANDELSBLATT, Montag, 18. Juli 2005, 16:49 Uhr
Johnson-Schmerzpflaster unter Verdacht
Die Pharmabranche fürchtet einen neuen Arzneimittelskandal: US-Behörden prüfen derzeit, ob ein Präparat von Johnson & Johnson und die von Mylan produzierten Nachahmermedikamente zum Tod von 120 Patienten geführt haben.
HB DÜSSELDORF. Der US-Konzern Johnson & Johnson sieht sich mit schweren Anschuldigungen konfrontiert. Derzeit prüft die US-Bundesbehörde zur Überwachung von Nahrungs- und Arzneimitteln, ob die Todesfälle von 120 Personen auf ein vom Unternehmen produziertes Schmerzpflaster zurückzuführen sind. Damit gerät auch Mylan Laboratories unter Druck, die seit Januar die zugelassenen Generika des Schmerzmittels vermarkten.
Die US-Behörde hat bereits eine Warnung an Ärzte herausgegeben, verbunden mit Sicherheitsvorschriften zum Gebrauch des morphiumähnlichen Präparats. Das Pflaster enthält das Schmerzmittel Fentanyl, ein synthetisches Opioid. Derzeit versucht die Aufsichtsbehörde zu klären, ob die Todesfälle auf eine unsachgemäße Anwendung des Arzneimittels zurückzuführen sind oder auf gravierende Qualitätsmängel. Im Zusammenhang mit den Todesfällen werden sowohl die Produkte von Johnson & Johnson als auch von Mylan geprüft. Die zunehmenden Zahl der Fälle könnten auf die erst seit kurzem verfügbaren Generika des Schmerzpflasters zurückzuführen sein.
Eine Sprecherin von Johnson & Johnson beteuerte unterdessen: "Die Patientensicherheit ist unsere oberste Priorität." Es sei bewiesen, dass es sich bei dem Pflaster um ein effektives Mittel zur Behandlung chronischer Schmerzen handele, wenn es wie verordnet angewandt würde. Mylan lehnt eine Stellungnahme bislang ab.
Erst Mitte Juli hatte Johnson & Johnson auf der Verpackung des Schmerzpflaster Duragesic einen Warnhinweis angebracht, der auf einen möglichen Missbrauch des Präparats aufmerksam machen soll. Bereits im vergangenen September hatte die Kontrollbehörde durchgesetzt, dass der US-Konzern in seiner Werbung nicht mehr behaupten darf, das Schmerzpflaster habe weniger Nebenwirkungen als andere Arzneimittel und berge ein geringes Missbrauchsrisiko.
Der aktuelle Fall erinnert an den Rückruf eines Cholesterin-Senkers, das die Leverkusener Bayer AG 2001 vom Markt nahm. Das unter den Markennamen Baycol und Lipobay vertriebene Präparat löste in einigen Fällen Muskelschwäche aus. Schadenersatzklagen von Geschädigten hatten den Pharmakonzern hunderte Millionen Euro gekostet.
Das Schmerzmittel Vioxx des US-Pharmariesen Merck wirkte sogar tödlich. Merck hatte das Medikament Ende September 2004 vom Markt genommen, nachdem eine Studie eine Verdoppelung von Herzattacken und Schlaganfällen nachgewiesen hatte, wenn das Mittel mehr als 18 Monate eingenommen wurde. Hinweise auf die Nebenwirkungen hatte es schon seit Einführung des Mittels 1999 gegeben. In den USA laufen Sammelklagen.
HANDELSBLATT, Montag, 18. Juli 2005, 16:49 Uhr