26.01.2009 15:35 "Gold sollte jeder im Depot haben"
Der Goldpreis hat am Montag die 900-Dollar-Marke geknackt. Gerade auch Privatanleger könnten von einem Investment in Gold profitieren, betont Vermögensverwalter Herwig Weise im Gespräch mit boerse.ARD.de.
Herwig Weise von der Mack & Weise Vermögensverwaltung
boerse.ARD.de: Herr Weise, ist Gold jetzt wieder auf neuem Rekordkurs?
Herwig Weise: Tatsächlich sieht es im Moment ganz danach aus, dass Gold nach einiger Zeit nun doch von den großen Unsicherheiten im Finanzsystem profitieren kann. Beachtlich ist vor allem, dass der Goldpreis trotz der Dollarstärke hat so steigen können. Noch stärker ist er aber in Euro geklettert, dort hat er ja sogar jüngst ein Rekordhoch erreicht.
boerse.ARD.de: Ist also allein der zuletzt starke US-Dollar daran schuld, dass der Goldpreis nicht noch stärker von der grassierenden Unsicherheit profitieren konnte?
Weise: Das war sicherlich ein ganz wesentlicher Faktor. Zumal die Korrelation zwischen Dollar und Goldpreis stets sehr hoch gewesen ist. Einige Analysten gehen sogar soweit, dass sie bis zu 90 Prozent der Goldpreisschwankungen über die Dollarbewegung erklären. Allerdings darf man auch die Rolle der Notenbanken nicht vergessen, die durchaus des Öfteren manipulierend in den Goldmarkt eingreifen. Das tun sie offiziell über den Verkauf ihrer Goldbestände, aber wohl auch über Positionen am Terminmarkt.
boerse.ARD.de: Die Dollarstärke dürfte aber angesichts der Quantitative-Easing-Politik der Fed und der massiven US-Staatsverschuldung nicht von Dauer sein, oder?
Weise: Ich denke nicht. Denn die Europäische Zentralbank (EZB) wird sicherlich nicht so schnell so fahrlässig handeln wie die US-Notenbank Fed und Anleihen massiv aufkaufen. Dem stehen schon allein die politischen Differenzen entgegen: Welche Staatsanleihen sollte die EZB denn zuerst kaufen?! In Europa ist diese Politik der Geldmengenerweiterung, des Quantitative Easing, also gar nicht so einfach umzusetzen. Doch dass diese von den Amerikanern praktizierte Politik letzten Endes hyperinflationär wirkt, steht außer Frage.
boerse.ARD.de: Gold wäre in diesem Sinne also ein natürlicher Profiteur der Finanz- und Wirtschaftskrise?
Weise: In der Tat, denn Gold ist eines der ganz wenigen Anlageobjekte, welche das uneingeschränkte Vertrauen der Anleger genießen. Hier lautet das dazugehörige Stichwort: Gold hat keine Schulden. Mit Gold können sich Anleger gegen die hochgradig inflationär wirkende Politik der Staaten und Notenbanken zur Wehr setzen.
boerse.ARD.de: Und wie sieht es auf der Angebotsseite aus?
Weise: Blickt man allein auf die Angebotsseite, so spricht hier schon seit zehn Jahren alles für einen steigenden Goldpreis. Hinzu kommt: Durch die steigenden Energiekosten haben viele Goldminenprojekte deutlich an Rentabilität verloren und ihre Produktion entweder deutlich zurückgefahren und sogar ganz eingestellt. Vor diesem Hintergrund erwarten auch die meisten Analysten, dass künftig mit einem weiter rückläufigen Goldangebot zu rechnen ist, was den Goldpreis entsprechend beflügeln dürfte.
boerse.ARD.de: Welche Rolle spielen dabei die Zentralbanken? Könnten diese nicht von den Regierungen genötigt werden, Goldbestände zu verkaufen, um die maroden Haushalte aufzupäppeln?
Weise: Das ist in der Vergangenheit zwar durchaus passiert. Doch in ihren letzten Äußerungen haben sowohl die EZB als auch die Bundesbank diese Option stets von sich gewiesen. Die große Unbekannte in diesem Zusammenhang ist aber die US-Notenbank. Denn niemand weiß mehr genau, wie hoch deren Goldbestände noch sind. Die Fed weist ja mittlerweile nur noch Goldbestände und Goldforderungen als eine Position aus. Schließlich könnten sich die Goldforderungen durchaus auf insolvente Banken beziehen, welche das Gold längst leer verkauft haben. Wenn der Markt erst einmal feststellt, dass die Goldbestände der US-Notenbank vielleicht gar nicht mehr so hoch sind, wie häufig spekuliert, dann könnte der Goldpreis sogar über die 2.000-Dollar-Marke steigen.
boerse.ARD.de: Welche Risiken gibt es bei einem Investment in den Goldpreis?
Weise: Risiken gibt es natürlich immer, da es sich bei Gold um eine relativ marktenge Anlageklasse handelt, die relativ leicht über spekulative Verkäufe unter Druck gebracht werden kann. Insofern ist Gold sicherlich auch ein Risikoinvestment. Doch wir leben nun einmal in Zeiten, in denen es keine absolute Sicherheit gibt, noch nicht einmal bei einem Investment in vermeintlich solide Staatsanleihen. Gold ist aus den bereits genannten Gründen nach wie vor eine Investition, die jeder im Depot haben sollte mit einem Anteil von etwa zehn Prozent. Leider sind die meisten Privatanleger gar nicht Gold investiert.
boerse.ARD.de: Was würden Sie Anlegern raten, die auf Gold setzen wollen?
Weise: Der Anleger hat ohnehin schon so viele Papierwerte in seinem Depot. Bei einem Investment in Gold sollte man am besten in physisches Gold investieren, damit Gold eben genau seine Stärken als Inflationsabsicherung und als relativ sicheres Investment ausspielen kann. Zertifikate sind dagegen nur Schuldverschreibungen, bei denen ein teils erhebliches Emittentenrisiko besteht, und daher nicht zu empfehlen.
Das Gespräch führte Angela Göpfert.