Nicolas Fuchs
Nicolas Fuchs
Die deutsche Immobilienbranche zeigt im ersten Quartal 2025 erneut Anzeichen einer Erholung. Nach einem historischen Einbruch in den Jahren 2022 und 2023 sind die Preise für Wohneigentum im Zeitraum Januar bis März 2025 gegenüber dem Vorjahr um 3,8 % gestiegen. Dies geht aus den aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamts hervor. Bereits im vierten Quartal 2024 war ein Anstieg von 1,9 % registriert worden. Dies ist ein deutlicher Wendepunkt nach einer mehrjährigen Abwärtsbewegung.
Ursache des vorangegangenen Preisverfalls war die drastische Zinswende der Europäischen Zentralbank (EZB), die ab 2022 in einem beispiellosen Tempo ihre Leitzinsen erhöhte, um die Inflation zu bekämpfen. Diese geldpolitische Straffung hatte unmittelbare Auswirkungen auf den Immobiliensektor: Hypotheken wurden teurer, die Bautätigkeit ging zurück, und insbesondere in urbanen Regionen verschärfte sich die Wohnungsknappheit.
Trotz der nun messbaren Preisstabilisierung bleiben die Marktbedingungen angespannt. „Weniger Haushalte können sich den Kauf einer Immobilie leisten als noch vor zehn Jahren. Die Preise werden weiter leicht steigen, aber wir erwarten keinen neuen Boom“, kommentiert Martin Gueth, Ökonom bei LBBW Research. Der Wohnraummangel bleibt bestehen und wird durch gestiegene Baukosten sowie regulatorische Unsicherheiten weiter verschärft.
Parallel zur Stabilisierung des Immobilienmarkts zeigen sich auch die großen börsennotierten Wohnungsunternehmen in Deutschland mit teils soliden Geschäftszahlen für das erste Quartal 2025. Insbesondere Vonovia, LEG Immobilien und TAG Immobilien berichten von stabilen Mieterträgen und allmählich steigenden Immobilienbewertungen – trotz anhaltender Belastungen durch steigende Kapitalmarktzinsen.
Der größte deutsche Wohnimmobilienkonzern Vonovia SE (ISIN: DE000A1ML7J1) erwirtschaftete im ersten Quartal 2025 einen bereinigten Gewinn vor Steuern (EBT) von 478,7 Millionen Euro, was einem Plus von knapp 14 % gegenüber dem Vorjahresquartal entspricht. Die Mieterlöse erhöhten sich um 4,3 %, während der Verkehrswert des Portfolios leicht auf 82,3 Milliarden Euro anstieg.
Zudem hat Vonovia das Investitionsprogramm wieder hochgefahren. Insgesamt beliefen sich Ausgaben für Instandhaltung, Modernisierung und Neubau auf 409,6 Millionen Euro, ein Anstieg um fast 30 %. Diese Strategie spiegelt sich jedoch bislang nur teilweise im Aktienkurs wider: Nach einem Tiefstand von rund 24 Euro Ende März liegt der Kurs aktuell bei etwa 29 Euro, womit er sich dem Jahresanfangsniveau von 30 Euro nähert.
Analysten zeigen sich zuversichtlich. Die Privatbank Berenberg belässt Vonovia auf „Buy“ mit einem Kursziel von 41 Euro. Auch Warburg Research sieht mit einem Kursziel von 38,60 Euro weiteres Aufwärtspotenzial. Laut dem Finanzdienstleister LSEG empfehlen 15 von 25 Analysten den Kauf der Aktie; das durchschnittliche Kursziel liegt bei 34 Euro, was rund 20 % über dem aktuellen Kursniveau liegt.
Auch LEG Immobilien SE (ISIN: DE000LEG1110) verzeichnete im ersten Quartal 2025 eine Verbesserung. Der Mittelzufluss aus dem operativen Geschäft (AFFO) stieg um 28,2 % auf 62,3 Millionen Euro, der Konzerngewinn lag bei 243 Millionen Euro. Die Stabilisierung der Immobilienbewertungen setzte sich fort, nachdem der Wert der rund 172.000 Wohnungen bereits in der zweiten Jahreshälfte 2024 leicht gestiegen war.
Dennoch reagierte der Markt verhaltener. Die Aktie fiel im Frühjahr zeitweise unter 65 Euro, liegt aber aktuell bei etwa 75 Euro – unter dem Jahresanfangsniveau von über 80 Euro. Die Deutsche Bank (Deutsche Bank Aktie) stufte die Aktie zuletzt mit „Halten“ und einem Kursziel von 74 Euro ein. Hauptkritikpunkt ist eine relativ hohe Verschuldung im Vergleich zur Ertragskraft. Das durchschnittliche Kursziel laut LSEG beträgt 87 Euro, was einem Aufschlag von über 23 % zum aktuellen Kurs entspricht.
TAG Immobilien AG (ISIN: DE0008303504) startet verhaltener ins Jahr. Das Vermietungsergebnis (FFO I) belief sich im ersten Quartal auf 44,9 Millionen Euro, nahezu unverändert zum Vorjahr. Der Konzerngewinn sank auf 39 Millionen Euro, unter anderem wegen rückläufiger Ergebnisse in Polen, wo weniger Wohneinheiten als geplant übergeben wurden.
Trotzdem hat sich die TAG-Aktie seit April deutlich erholt und notiert derzeit bei etwa 15 Euro, was dem Kursniveau vom Jahresanfang entspricht. Analysten sehen in der Aktie ein gut geführtes, konservativ finanziertes Unternehmen. Die Berenberg Bank empfiehlt die Aktie mit einem Kursziel von 19 Euro, Warburg Research mit 16,30 Euro. LSEG-Daten zufolge raten acht von zwölf Analysten zum Kauf.
Im Gegensatz zur vorsichtigen Erholung in Deutschland zeigt sich der chinesische Immobilienmarkt weiter im Abwärtstrend. Laut einer aktuellen Erhebung der China Index Academy fielen die Wiederverkaufspreise für Eigenheime im Juni um 0,75 % zum Vormonat. Im Jahresvergleich ergibt sich ein Rückgang um 7,26 %.
Auch die Preise für Neubauten stiegen im Juni lediglich um 0,19 %, nach einem Plus von 0,30 % im Mai. Die chinesische Regierung hatte bereits mehrfach mit geldpolitischen Lockerungen und Anreizen versucht, den Markt zu stabilisieren – mit bislang begrenztem Erfolg. Hohe Leerstände, schwaches Konsumentenvertrauen und eine strukturelle Überversorgung in einigen Städten dämpfen die Nachfrage. Goldman Sachs erwartet, dass die Neubautätigkeit in China auf unter 5 Millionen Einheiten pro Jahr sinkt – ein drastischer Rückgang gegenüber dem Höchststand von 20 Millionen Einheiten im Jahr 2017.
Während in Deutschland die politische Debatte aktuell eher von Mieterschutzmaßnahmen und Investitionsanreizen geprägt ist, kämpft China mit dem Erbe einer überhitzten Immobilienblase und den Folgen strikter Regulierungen gegen Bauträger.
Der deutsche Wohnimmobilienmarkt zeigt im Jahr 2025 erste stabile Tendenzen nach zwei Jahren der Korrektur. Auch die börsennotierten Wohnimmobilienkonzerne scheinen die Talsohle durchschritten zu haben – wenngleich Zinsschwankungen weiterhin als dominierender Einflussfaktor gelten. Die Kapitalmärkte honorieren solide Fundamentaldaten inzwischen wieder stärker, was sich in teils zweistelligen Kursaufschlägen gegenüber den Frühjahrs-Tiefs widerspiegelt.
Im globalen Vergleich offenbart sich ein differenziertes Bild: Während Märkte wie China trotz politischer Eingriffe weiter unter Druck stehen, profitiert Deutschland zunehmend von einem strukturellen Nachfrageüberhang, niedriger Neubautätigkeit und einer demografisch bedingten Wohnraumnachfrage.
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