Staatspleite
von Henrik Voigt
Liebe Leserin, lieber Leser,
die faktisch bankrotten Griechen haben inzwischen Rettungszusagen von der EU bekommen, was deren Situation zunächst deutlich entschärft. Diese Hilfen wurden gegen „strenge Auflagen" gewährt. Ein entsprechendes Sparpaket wurde verabschiedet, welches unter anderem Steuererhöhungen sowie Gehaltskürzungen für den öffentlichen Dienst vorsieht. Doch wer Griechenland kennt, der dürfte ziemlich genau wissen, dass lange nicht so heiß gegessen wird, wie es auf den Tisch kommt. Die griechische Bevölkerung scheint nicht die geringste Einsicht in die Sparmaßnahmen zu haben, was ich nicht mal so übel nehmen kann, sind die Einschnitte doch ziemlich drastisch. Andererseits dürfte es keine Alternativen dazu geben, zumal keine Verpflichtung der EU besteht, die Haushaltsprobleme eines Mitgliedes zu beheben (zumal wenn dieses in krimineller Weise Daten gefälscht hat). Inzwischen legt dort ein Generalstreik das Land lahm und es sieht nicht so aus, als ließe sich das Sparpaket ungeschoren und kurzfristig durchsetzen. Trotzdem konnten griechische Staatsanleihen wieder platziert werden.
Derweil holt der griechische Ministerpräsident George Papandreou den Knüppel aus dem Sack. Er hat erklärt, dass die USA kein unbeteiligter Zuschauer bleiben werde, falls sich die Schuldenkrise seines Landes verschärfe. Er meinte, dass eine tiefere Krise im Zuge einer Schwächung des Euros gegenüber dem US-Dollar auch den Außenhandel der Vereinigten Staaten treffen würde. Dies wiederum würde ein steigendes US-Handelsdefizit bedeuten, was wiederum nicht hilfreich für die Erholung der US-Wirtschaft wäre. Papandreou wird US-Präsident Barack Obama heute Nachmittag treffen und vermutlich um weitere Unterstützungen ersuchen. Ich bin allerdings skeptisch, ob die Amerikaner sich des Problems annehmen werden. Schließlich haben sie eigene Schuldenprobleme, die um einiges größer sind als die griechischen. Denken Sie nur an die de facto-Pleite des Bundsstaates Kalifornien, der ohne Bundeshilfen nicht einmal mehr seine Beamten bezahlen könnte.
Unterdessen übt sich der Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) Dominique Strauss-Kahn in Beschwichtigungsversuchen. Er bezeichnete eine Ausweitung der Budgetkrise in Griechenland auf andere hochverschuldete Länder der Eurozone als unwahrscheinlich. Das erinnert mich sehr an die früheren Worte des US-Notenbankchefs Ben Bernanke, dass die Immobilienkrise auf den Sektor beschränkt bleiben werde und keinerlei Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft habe. Wie Sie wissen, kam es deutlich anders.
Nach den Worten Strauss-Kahns hätten Marktspekulationen über Zahlungsprobleme in Staaten wie Portugal, Spanien oder Irland nur den Charakter einer reinen Panikmache. Um die Angst zu schüren könne die Liste sogar mit sämtlichen Ländern der Eurozone erweitert werden. Eben, das ist es ja gerade: Nach und nach wird man diese Liste wohl erweitern müssen, weil die Defizitprobleme nicht mehr beherrschbar sind und das Vertrauen der Käufer von Staatsanleihen durch die nicht mehr zu versteckenden Schieflagen in immer mehr Staaten erschüttert ist. Immerhin räumte er ein, dass Niemand wissen könne was am nächsten Tag passiert. Und er sicherte Hilfen des IWF zu, falls hierfür ein Erfordernis besteht. Also, das klingt dann aber doch nicht mehr ganz so zuversichtlich. Hoffen wir, dass die Situation doch noch gut ausgeht.