16.09.2001 Bild.de NEWS
Die Horror-Erlebnisse der Helfer
Gefesselte Stewardess unter Trümmern entdeckt
Das Herz Manhattans schlägt nicht mehr – es zuckt nur noch. Hunderte Rettungskräfte kämpfen sich durch qualmende Trümmerberge, Rauch- und Staubwolken verdunkeln immer noch den Süden von Manhattan. Seit fünf Tagen suchen die Helfer verzweifelt nach Überlebenden, starke Regenfälle erschweren die Arbeiten. Gestern wurde in den Trümmern die Leiche einer Stewardess gefunden, deren Hände auf dem Rücken gefesselt waren. Ein Retter berichtete, dass sie auch Leichen gefunden hätten, die mit ihren Gurten an Flugzeugsitzen hingen.
Nur fünf Opfer konnten in den ersten beiden Tagen gerettet werden. Sie hatten per Handy Hilfe gerufen.
Kurz nach dem Zusammenbrechen der beiden rund 420 Meter hohen Türme hatten die Retter viele solcher Anrufe erhalten. Jetzt antwortet niemand mehr. Trotzdem: „Wir hoffen so sehr, etwas zu hören“, sagt Bauarbeiter Fred Medins (46). „Da unten muss es noch Menschen geben, die am Leben sind. Das lässt uns weiterarbeiten“, sagt Polizist James Symington. Doch die Trümmer, die einmal das World Trade Center waren, sind längst ein gigantisches Massengrab. „72 Stunden nach einem Unglück gibt es noch gute Chancen, Opfer lebend zu bergen. Noch einmal 48 Stunden später besteht Hoffnung, danach grenzt es an ein Wunder“, sagt Bernd Schell (45), stellvertretender Leiter der Auslandsrettung des Deutschen Roten Kreuzes. 3000 Nationalgardisten unterstützen die New Yorker Feuerwehr und Rettungskräfte, die 400 ihrer besten Kollegen verloren haben.
Die Bergungs- und Aufräumarbeiten im Herzen Manhattans sind extrem schwierig. 450 000 Tonnen Schutt lagern auf kleiner Fläche, nur 10 000 Tonnen konnten bis jetzt abgetragen werden. Jederzeit besteht Einsturzgefahr bei über 30 weiteren Gebäuden in der Nachbarschaft. 180 Bombendrohungen verzögerten die Rettungsarbeiten.
Außerdem bedroht eine tödliche Gefahr die Helfer: Der Trümmerstaub enthält hochgiftigen Asbest. Die Rettungskräfte müssen mit Mundschutz arbeiten, um sich zu schützen. Dennis Gino aus New Jersey unterstützt als Sanitäter die Helfer, spült entzündete Augen, behandelt Blasen. „Sie sind erschöpft, aber sie möchten nicht schlafen, wollen weitersuchen.“ Besonders die psychische Belastung der Hilfskräfte ist gigantisch. Sie müssen
Feuerwehrmann John Cleary wischt sich die Augen, Helman Correra (rechts) weint vor einem Tor. Sein Sohn Danny gilt als vermisst . . .
Zehntausende Leichenteile bergen, bereits nach drei Tagen setzt der Verwesungsprozess ein. „Viele setzen sich hin und weinen hemmungslos, dann arbeiten sie weiter“, erzählt Psychologe Alan Manevitz, einer der vielen freiwilligen Helfer. Am Unglücksort arbeiten 30 Pathologen, weitere 30 versuchen in einer provisorischen Leichenhalle am Flughafen La Guardia, Tote zu identifizieren. „Ohne psychologische Betreuung übersteht keiner solche Extremeinsätze“, sagt DRK-Mann Schell. Selbst wer im Einsatz gut funktioniert, den holt das Entsetzen in Ruhephasen ein. Das Amerikanische Rote Kreuz hat 35 Anlaufstellen für Helfer eingerichtet. Auch die vielen Angehörigen, die nach ihren Verwandten suchen, brauchen Hilfe. Sie irren an den Absperrungen umher, entzünden Kerzen, beten und bekleben Häuserwände mit Fotos und Suchaufrufen ihrer Lieben.
Offiziell gelten 4763 Menschen vermisst, 184 Tote wurden bestätigt. Erst 94 Leichen konnten identifiziert werden. Die Zahl der Opfer könnte weit höher liegen, die New Yorker Stadtverwaltung hält über 30 000 Leichensäcke bereit. Laut Bürgermeister Rudolph Giuliani sollen die Bergungsarbeiten in zwei Wochen beendet sein. Bis dahin bleibt der Trümmerberg des World Trade Center ein gigantisches Massengrab.
Die Horror-Erlebnisse der Helfer
Gefesselte Stewardess unter Trümmern entdeckt
Das Herz Manhattans schlägt nicht mehr – es zuckt nur noch. Hunderte Rettungskräfte kämpfen sich durch qualmende Trümmerberge, Rauch- und Staubwolken verdunkeln immer noch den Süden von Manhattan. Seit fünf Tagen suchen die Helfer verzweifelt nach Überlebenden, starke Regenfälle erschweren die Arbeiten. Gestern wurde in den Trümmern die Leiche einer Stewardess gefunden, deren Hände auf dem Rücken gefesselt waren. Ein Retter berichtete, dass sie auch Leichen gefunden hätten, die mit ihren Gurten an Flugzeugsitzen hingen.
Nur fünf Opfer konnten in den ersten beiden Tagen gerettet werden. Sie hatten per Handy Hilfe gerufen.
Kurz nach dem Zusammenbrechen der beiden rund 420 Meter hohen Türme hatten die Retter viele solcher Anrufe erhalten. Jetzt antwortet niemand mehr. Trotzdem: „Wir hoffen so sehr, etwas zu hören“, sagt Bauarbeiter Fred Medins (46). „Da unten muss es noch Menschen geben, die am Leben sind. Das lässt uns weiterarbeiten“, sagt Polizist James Symington. Doch die Trümmer, die einmal das World Trade Center waren, sind längst ein gigantisches Massengrab. „72 Stunden nach einem Unglück gibt es noch gute Chancen, Opfer lebend zu bergen. Noch einmal 48 Stunden später besteht Hoffnung, danach grenzt es an ein Wunder“, sagt Bernd Schell (45), stellvertretender Leiter der Auslandsrettung des Deutschen Roten Kreuzes. 3000 Nationalgardisten unterstützen die New Yorker Feuerwehr und Rettungskräfte, die 400 ihrer besten Kollegen verloren haben.
Die Bergungs- und Aufräumarbeiten im Herzen Manhattans sind extrem schwierig. 450 000 Tonnen Schutt lagern auf kleiner Fläche, nur 10 000 Tonnen konnten bis jetzt abgetragen werden. Jederzeit besteht Einsturzgefahr bei über 30 weiteren Gebäuden in der Nachbarschaft. 180 Bombendrohungen verzögerten die Rettungsarbeiten.
Außerdem bedroht eine tödliche Gefahr die Helfer: Der Trümmerstaub enthält hochgiftigen Asbest. Die Rettungskräfte müssen mit Mundschutz arbeiten, um sich zu schützen. Dennis Gino aus New Jersey unterstützt als Sanitäter die Helfer, spült entzündete Augen, behandelt Blasen. „Sie sind erschöpft, aber sie möchten nicht schlafen, wollen weitersuchen.“ Besonders die psychische Belastung der Hilfskräfte ist gigantisch. Sie müssen
Feuerwehrmann John Cleary wischt sich die Augen, Helman Correra (rechts) weint vor einem Tor. Sein Sohn Danny gilt als vermisst . . .
Zehntausende Leichenteile bergen, bereits nach drei Tagen setzt der Verwesungsprozess ein. „Viele setzen sich hin und weinen hemmungslos, dann arbeiten sie weiter“, erzählt Psychologe Alan Manevitz, einer der vielen freiwilligen Helfer. Am Unglücksort arbeiten 30 Pathologen, weitere 30 versuchen in einer provisorischen Leichenhalle am Flughafen La Guardia, Tote zu identifizieren. „Ohne psychologische Betreuung übersteht keiner solche Extremeinsätze“, sagt DRK-Mann Schell. Selbst wer im Einsatz gut funktioniert, den holt das Entsetzen in Ruhephasen ein. Das Amerikanische Rote Kreuz hat 35 Anlaufstellen für Helfer eingerichtet. Auch die vielen Angehörigen, die nach ihren Verwandten suchen, brauchen Hilfe. Sie irren an den Absperrungen umher, entzünden Kerzen, beten und bekleben Häuserwände mit Fotos und Suchaufrufen ihrer Lieben.
Offiziell gelten 4763 Menschen vermisst, 184 Tote wurden bestätigt. Erst 94 Leichen konnten identifiziert werden. Die Zahl der Opfer könnte weit höher liegen, die New Yorker Stadtverwaltung hält über 30 000 Leichensäcke bereit. Laut Bürgermeister Rudolph Giuliani sollen die Bergungsarbeiten in zwei Wochen beendet sein. Bis dahin bleibt der Trümmerberg des World Trade Center ein gigantisches Massengrab.