In einem Punkt muss ich DEOL recht geben, dass die Steinhoff-Aktionäre durch eine Anleihe keine große Summe aufbringen würden. Wenn ich mal davon ausgehe, dass die Aktionäre unterschiedlich gut betucht sind, so würde ich schätzen, dass bei 30K Steinhoff-Aktionären wohl nur eine Summe zwischen 20-50 Millionen Euro zusammen kommen würde. Dies wäre nur ein Tropfen auf den heißen Stein(hoff)...
Aber: Eine solche Anleihe, ist und war nie exklusiv nur für die Aktionäre von Steinhoff gedacht! Wäre dann auch Sinnlos! Hier sollte man nicht kurzsichtig sein und nur auf die Summe der Steinhoff-Aktionäre schauen, sondern das große Ganze betrachten! Im letzten Jahr haben viele große Unternehmen Anleihen rausgebracht und fahren damit besser, als wenn sie sich das Geld von Banken oder unseren Gläubigern und deren Kollegen geliehen hätten
In der jetzigen Finanzsituation gehen viele Unternehmen den Weg sich Kapital über Anleihen zu besorgen. Warum machen sie das und holen sich nicht einfach einen Kredit bei einer Bank oder einem Investor?
Schauen wir uns das doch mal an:
Wenn ich Geld brauche und zur Bank gehe um einen Kredit aufzunehmen, zahle ich im Moment etwa 5% Zinsen, wenn ich dagegen Geld einzahlen bzw. Anlegen will, bekomme ich im Moment etwa 2,2-2,5% Zinsen. Hier liegt es doch klar auf der Hand, dass ich also nicht zur Bank gehe und 5% Zinsen bezahle, wenn ich von vielen kleinen, mittleren und größeren Anlegern/Investoren das Geld für 4% Zinsen bekommen kann. Hier ist eine win-win Situation weil ich weniger Zinsen Zahle und der Anleger mehr Zinsen bekommt als bei der Bank. Dies ist also die Kurzfassung vom Vorteil einer Anleihe. Darüber hinaus kann man natürlich auch noch betrachten, dass die Finanzmärkte sehr volatil sind und viele Anleger gerade nach Anlagen suchen, die auch über die nächsten Jahre stabil sind.
Wenn man also die jetzige Situation betrachtet und das ganze mit Steinhoff als Beispiel durchgeht, dann könnte dies folgendermaßen aussehen:
Nehmen wir an Steinhoff bringt eine Anleihe raus (nicht nur für die Steinis!) mit einem Volumen von 3 Milliarden zu 5% Zinsen im Jahr und einer Laufzeit von 5-10 Jahren. Bei 5% Zinsen im Jahr gibt es sicherlich viele kleine, mittlere und große Anleger die gerne für diese Zeitspanne einen Zinssatz von 5% annehmen weil sie ihn bei der Bank aktuell und eventuell auch die nächsten Jahre nicht bekommen.
Nehmen wir jetzt also an, dass Steinhoff mit seiner Anleihe 3 Milliarden Euro zu 5% Zinsen auf 5 Jahre zusammen bekommt.
Das wären 30% der momentanen Verschuldung von Steinhoff. Nun kann man mit diesen 3 Milliarden Euro in der Hinterhand zu den einzelnen Gläubigern gehen und Ihnen die Wahl lassen, ihren Zinssatz auf ein annehmbares Maß zu senken z.B. 6-7% + Laufzeitverlängerung 3 Jahre + 2x12 Monate als Option oder sie werden ausbezahlt.
Da die meisten Gläubiger ja weiterhin Geld verdienen wollen (weniger ist besser als gar nix!) könnte man darüber etwa 60-70% der Verschuldung zu sagen wir einem neuen Durchschnitts-Zinssatz von 6,5% refinanzieren. Die Unwilligen 30% die von ihren 10% Zinsen nicht oder nur gering abweichen wollen, würde man ausbezahlen und die Steinhoff-Party wäre für sie vorbei.
Jetzt rechnen wir das mal grob durch und schauen wo wir dann in 3-5 Jahren landen:
1. Jahr:
10 Milliarden Verschuldung bestehend aus 3 Milliarden zu 5% Zinsen und 7 Milliarden zu durchschnittlich 6,5% Zinsen.
Zinszahlung von Steinhoff 150 Millionen für die Anleihe + 455 Millionen für die Gläubiger = 605 Millionen Euro Zinszahlung.
Also tilgen wir mit dem Delta zu den jetzigen Zinsen (395 Millionen) die Verschuldung der Gläubiger mit 6,5% Zinsen = 6.605 Millionen Restschuld.
2. Jahr:
9.605 Millionen Verschuldung bestehend aus 3 Milliarden zu 5% Zinsen und 6.605 Millionen zu durchschnittlich 6,5% Zinsen.
Zinszahlung von Steinhoff 150 Millionen für die Anleihe + 430 Millionen für die Gläubiger = 580 Millionen Euro Zinszahlung.
Also tilgen wir mit dem Delta zu den jetzigen Zinsen (420 Millionen) die Verschuldung der Gläubiger mit 6,5% Zinsen = 6.225 Millionen Restschuld.
3. Jahr:
9.225 Millionen Verschuldung bestehend aus 3 Milliarden zu 5% Zinsen und 6.225 Millionen zu durchschnittlich 6,5% Zinsen.
Zinszahlung von Steinhoff 150 Millionen für die Anleihe + 405 Millionen für die Gläubiger = 555 Millionen Euro Zinszahlung.
Also tilgen wir mit dem Delta zu den jetzigen Zinsen (445 Millionen) die Verschuldung der Gläubiger mit 6,5% Zinsen = 5.820 Millionen Restschuld.
4. Jahr 1. Option:
8.820 Millionen Verschuldung bestehend aus 3 Milliarden zu 5% Zinsen und 5.820 Millionen zu durchschnittlich 6,5% Zinsen.
Zinszahlung von Steinhoff 150 Millionen für die Anleihe + 378 Millionen für die Gläubiger = 528 Millionen Euro Zinszahlung.
Also tilgen wir mit dem Delta zu den jetzigen Zinsen (472 Millionen) die Verschuldung der Gläubiger mit 6,5% Zinsen = 5.348 Millionen Restschuld.
5. Jahr 2. Option:
8.348 Millionen Verschuldung bestehend aus 3 Milliarden zu 5% Zinsen und 5.348 Millionen zu durchschnittlich 6,5% Zinsen.
Zinszahlung von Steinhoff 150 Millionen für die Anleihe + 348 Millionen für die Gläubiger = 498 Millionen Euro Zinszahlung.
Also tilgen wir mit dem Delta zu den jetzigen Zinsen (502 Millionen) die Verschuldung der Gläubiger mit 6,5% Zinsen = 4.846 Millionen Restschuld.
Restschuld nach 5 Jahren gesamt: 3 Milliarden zu 5% Zinsen und 4.846 Millionen zu 6,5% = 7.846 Millionen Euro.
Nach 5 Jahren und ohne das hier ein weiteres Wachstum der Töchter und steigende Einnahmen eingerechnet wurden, läge der Wert des Unternehmens etwa 2 Milliarden über der Verschuldung. Unter diesen Voraussetzungen, könnte die Gesamtverschuldung zu 5% durch andere Banken und/oder Investoren refinanziert werden.
Wenn man jetzt noch das Wachstum der Töchter und steigende Einnahmen seitens Steinhoff einrechnet, würde die Gesamtverschuldung am Ende der 5 Jahre noch geringer ausfallen und bei einer Anleihe auf 10 Jahre zu 5% oder einer neu ausgegebenen Anleihe vor Ablauf der 5 Jahre, müssten dann auch nur die 4,9 Milliarden der Gläubiger oder weniger refinanziert werden.
Das Beispiel ist natürlich nicht perfekt und kann je nach eingesetzten Werten deutlich besser, aber auch schlechter ausfallen.
Aber ich denke, es verdeutlicht ganz gut, warum eine Anleihe meiner Meinung nach einer der besten Wege sein könnte. Aus diesem Grund, würde ich diesen Weg nicht gleich verwerfen und auch gerne wissen wollen, warum das Management diesen Weg nicht gewählt oder zumindest in Betracht gezogen hat bzw. nicht einmal eine Anleihe als Vorschlag gebracht hat.
Die Profis unter Euch dürfen gerne anhand dieses Beispiels das Best-Case und Worst-Case Szenario ausrechnen bzw. herleiten und uns damit erfreuen.
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