- Bundeswehr bestellt mehrere Milliarden Euro an Waffen.
- Rheinmetall und KNDS erhalten Großaufträge für Rüstung.
- Die zivile Sparte von Rheinmetall steht vor dem Verkauf.
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Nicolas Fuchs
Nicolas Fuchs Die Zeiten, in denen das deutsche Heer laut eigenem Heeresinspekteur „blank“ dastand, scheinen vorbei: Die Bundeswehr hat in den vergangenen Wochen und Monaten eine Reihe umfangreicher Beschaffungsverträge unterzeichnet, die den Kern der militärischen Fähigkeiten Deutschlands substanziell stärken sollen. Die Aufträge im Wert von mehreren Milliarden Euro kommen vor allem den Unternehmen Rheinmetall, KNDS (Krauss-Maffei Wegmann & Nexter Defence Systems) sowie dem finnischen Hersteller Patria zugute. Weitere Verträge wurden mit General Dynamics European Land Systems (GDELS) geschlossen.
Im Zentrum der Modernisierung stehen Kampf- und Schützenpanzer, Artillerie, Radfahrzeuge sowie neue Führungssysteme. Der Ausbau ist auch eine direkte Reaktion auf die durch den Ukrainekrieg gestiegenen sicherheitspolitischen Anforderungen, sowie die materielle Lücke, die durch Waffenabgaben an Kiew entstanden ist.

Die Bundeswehr erhält ab April 2026 schrittweise 123 Leopard-2-A8-Kampfpanzer, um abgegebene Leopard-2-A6-Modelle zu ersetzen und die Panzerflotte zu modernisieren. Hersteller ist KNDS Deutschland, wobei Rheinmetall zentrale Komponenten wie Waffenanlagen und Fahrgestelle liefert.
Die Produktion der Panzer wird durch ein Kooperationsabkommen zwischen KNDS und dem tschechischen Unternehmen Tatra abgesichert: In Tschechien sollen bis zu 150 Wannen gefertigt werden – mit Option auf weitere 300 Einheiten für europäische Partnerstaaten.
Auch die Artillerie wird umfangreich aufgerüstet. Die Bundeswehr bestellt 22 neue Panzerhaubitzen 2000 bei KNDS. Sie ersetzen die 25 Systeme, die nach dem russischen Angriff auf die Ukraine aus Beständen der Bundeswehr und Industrie an die Ukraine geliefert wurden.
Noch größer ist das Beschaffungsprogramm rund um die Radhaubitze RCH 155, die auf dem Radpanzer „Boxer“ basiert, welches ein Gemeinschaftsprojekt von KNDS und Rheinmetall im Rahmen des Joint Ventures Artec ist.
Der Haushaltsausschuss des Bundestages hat die Finanzierung für die ersten 80 Serienfahrzeuge sowie drei Vorserienmodelle bereits freigegeben. Der Gesamtumfang des Projekts liegt bei bis zu 500 Fahrzeugen und einem Volumen von etwa 3,4 Milliarden Euro. Die Serienauslieferung beginnt laut vorliegenden Unterlagen ab 2028 und erstreckt sich bis 2034.
Die RCH 155 wurde bereits 2022 und 2023 in zwei Tranchen von insgesamt 54 Fahrzeugen durch die Ukraine bestellt. Die europäische Relevanz der Plattform wird auch durch Interesse von Großbritannienzeigt an dem System deutlich.
Die Bundeswehr hat mit dem finnischen Rüstungskonzern Patria einen Rahmenvertrag über bis zu 876 Radpanzer vom Typ 6x6 in Varianten als Mörserträger, Feuerleitfahrzeug und Transportpanzer zur Ablösung des „Fuchs“ abgeschlossen. Der feste Auftragswert liegt bei über einer Milliarde Euro, mit einem maximalen Volumen von mehr als zwei Milliarden Euro, falls alle Optionen gezogen werden.
Mit dem 6x6-Programm ist Deutschland Teil eines wachsenden europäischen Konsortiums. Beteiligt sind neben Finnland auch Schweden, Dänemark, Norwegen, Lettland und Großbritannien.
Ein weiterer Großauftrag geht an General Dynamics European Land Systems (GDELS): Die Bundeswehr bestellt bis zu 5000 Fahrzeuge des Typs Eagle V, die als Führungs- und Sanitätsfahrzeuge eingesetzt werden sollen. Davon sind 3000 Fahrzeuge bereits fest beauftragt – mit einem geschätzten Wert von vier Milliarden Euro. Weitere 2000 Fahrzeuge sind optional vorgesehen.
Zur Erfüllung dieses Auftrags erweitert GDELS seine Kapazitäten in Deutschland und kooperiert mit lokalen Zulieferern. Das Projekt ist ein weiterer Beleg für die zunehmende Lokalisierung internationaler Rüstungsprogramme in der Bundesrepublik.
Nach einem Rückschlag bei einer Übung Ende 2022, bei dem alle eingesetzten Puma-Schützenpanzer ausgefallen waren, wurde die Beschaffung zunächst gestoppt. Nach technischen Nachbesserungen genehmigte der Bundestag nun die Erweiterung des bestehenden Rahmenvertrags: Statt der ursprünglich geplanten 229 Fahrzeuge sollen nun 254 Einheiten beschafft werden. Der Wert des Auftrags liegt bei etwa vier Milliarden Euro.
Auch dieses System wird von KNDS und Rheinmetall gemeinsam produziert. 50 Fahrzeuge wurden bereits beauftragt, 200 weitere sollen mit den neuen Mitteln folgen.
Während das Rüstungsgeschäft von Rheinmetall (Rheinmetall Aktie) floriert, steht die Autosparte „Power Systems“ vor dem Verkauf. CEO Armin Papperger verfolgt das Ziel, Rheinmetall zu einem reinen Rüstungskonzern umzubauen.
Die angestrebte Verkaufssumme von rund einer Milliarde Euro scheint laut Informationen aus Finanzkreisen jedoch nicht erzielbar. Zwei Private-Equity-Investoren verhandeln derzeit exklusiv mit dem Konzern, ein Vertragsabschluss wird für das erste Quartal 2026 erwartet. Analysten gehen davon aus, dass die Sparte nach der Übernahme zerschlagen wird.
Bereits 2022 hatte Rheinmetall sein Kolbengeschäft an einen schwedischen Investor abgegeben. Ähnliches droht nun auch den Standorten in Neuss und Berlin, deren Zukunft im Rahmen der Umstrukturierung noch unklar ist.
Rheinmetall plant, in Neuss künftig Aufklärungssatelliten im Rahmen eines Joint Ventures mit dem finnischen Unternehmen Iceye zu produzieren. Ein Großauftrag im Wert von 1,7 Milliarden Euro, mit Erweiterungsoptionen auf 2,7 Milliarden Euro, wurde jüngst vom Beschaffungsamt der Bundeswehr vergeben.
Für den Flugabwehrpanzer Skyranger rechnet Rheinmetall mit einem Volumen von bis zu neun Milliarden Euro, wobei mindestens 600 Einheiten geordert werden könnten. Auch dieses System soll unter anderem in Neuss gefertigt werden.
Rheinmetall plant bis zum Jahr 2030 einen Jahresumsatz von 50 Milliarden Euro. Für das laufende Geschäftsjahr rechnet der Konzern – ohne die zivile Sparte – mit einem Umsatz von etwa zehn Milliarden Euro. Die operative Marge im Rüstungsgeschäft liegt bei bis zu 19 Prozent, während die zivile Sparte zuletzt nur 2,9 Prozent erreichte.
Seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine ist der Börsenkurs der Rheinmetall-Aktie um rund 1500 Prozent gestiegen, was die massive Neugewichtung des Portfolios und den Erfolg der neuen strategischen Ausrichtung verdeutlicht.
Zukünftig will Rheinmetall auch in der Luftfahrt- und Marinetechnik mitmischen. Dazu gehören u.a. Kooperationen mit Lockheed Martin für den F-35-Jet sowie die Übernahme der Marinesparte der Lürssen-Werft.
Die aus dem Verteidigungsbudget resultierenden Aufträge verändern nicht nur die Struktur der Bundeswehr, sondern wirken auch tief in die industrielle Basis der deutschen Rüstungswirtschaft hinein. Unternehmen wie Rheinmetall und KNDS stehen im Zentrum dieser Transformation, während gleichzeitig eine klare Trennung zwischen zivilen und militärischen Geschäftsfeldern erfolgt. Der Trend zur nationalen und europäischen Souveränität in der Rüstungsproduktion ist unverkennbar und dürfte die Branche auch weiterhin prägen.
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