Nanotechnik
Mega-Trend der Zukunft
Nano - die Technik, die in kleinste Dimensionen vordringt, verspricht eine Revolution. Doch was ist dran an den Prognosen der Forscher? Und lohnt sich jetzt schon der Einstieg für Anleger?
von Tobias Schorr und Julia Gross
Sommer, Sonne, Eitelkeit. Urlauber wollen knackige Bräune. Um den lästigen Sonnenbrand zu vermeiden, wird die Tube mit der Sonnenschutzcreme ausgepackt. Und die enthält neuerdings immer häufiger so genannte Nano-Partikel aus Zinkoxid. Vorteil: Sie decken die Haut flächendeckend gegen die unerwünschten UV-Strahlen ab. Die bisher verwendeten Emulsionen aus Öl und Wasser sind dagegen meist so löchrig wie ein Schweizer Käse.
Die Creme mit den winzigen Zinkoxid-Teilchen ist eine der ersten Anwendungen einer neuen Technologie, die die Welt noch stärker verändern soll als die Gentechnologie. Ob es um die Herstellung von neuen Superchips oder völlig neue Baumaterialien geht - überall stößt man auf das Zauberwort Nanotechnologie. Es geht um weit mehr als um Sonnencreme. Dementsprechend wird mittlerweile massiv in Nanotechnolgie investiert. So machte bereits Ex-US-Präsident Bill Clinton für "die Zukunftstechnologie überhaupt" 500 Millionen Dollar an Forschungsmitteln locker - allein für das Jahr 2001. Auch das deutsche Bundesforschungsministerium lässt sich nicht lumpen. In diesem Jahr werden knapp 61 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Doch was ist Nanotechnologie überhaupt? Ein Nanometer ist eine Million Mal kleiner als ein Millimeter. Wer Nanotechnologie betreibt, agiert auf der Ebene einzelner Atome. Dies war vor einigen Jahren noch Stoff für Science-Fiction-Romane. Doch mit der Erfindung des Rastertunnel-Mikroskops im Jahre 1981 konnten Atome sichtbar gemacht werden. Wichtiger noch: Es wurde möglich, Materie auf der Ebene von Atomen zu manipulieren. Und damals bestätigte sich praktisch, was die Forscher theoretisch schon wussten: dass Stoffe auf der Nanoebene andere Eigenschaften haben als größere Körper des gleichen Materials. Denn in diesem Größenbereich endet der Geltungsbereich normaler physikalischer Gesetze. Die Manipulation am Atom ermöglicht endlich das Überwinden von Grenzen, an denen beispielsweise die Entwicklung leistungsfähigerer Chips zu scheitern drohte. Die herkömmliche Siliziumtechnologie verursacht mit zunehmender Miniaturisierung der Leiterbahnen den so genannten Tunneleffekt. Eine Art Kurzschluss im Chip. Nanotechniker versprechen Abhilfe. Was ist dran an den Hoffnungen der Politiker und den Visionen der Forscher? Im Jahr 2005 soll die Branche einen Umsatz von 200 Milliarden Euro erzielen, schätzen die Analysten von Sal.Oppenheim. "Das Marktvolumen für dieses Jahr beträgt schon 50 Milliarden Euro", sagt Pia Jankowski, Hightech-Expertin bei Sal.Oppenheim. Jankowski ist sich sicher, dass es in den nächsten zehn Jahren zu Veränderungen in allen Industriebereichen kommen wird: ein Multimilliarden-Markt. Bisher jedoch tummeln sich dort fast ausschließlich Universitäten und große Unternehmen, da sehr hohe Forschungs- und Entwicklungskosten anfallen. Einer der wenigen "reinrassigen" börsennotierten Nano-Spezialisten ist Nanophase. Das Unternehmen stellt jene Kleinstteilchen für Sonnencreme her. Rund 50 Prozent der gesamten Umsätze resultieren aus den Geschäftsbeziehungen zur Ludwigshafener BASF. Im ersten Quartal konnte Nanophase seine Erlöse um 73 Prozent auf 1,2 Millionen Dollar steigern. Allerdings verzeichneten die Amerikaner dabei einen Nettoverlust von 1,27 Millionen. „Im vierten Quartal wollen wir schwarze Zahlen schreiben“, gibt sich der Vorstandsvorsitzende Joseph Cross optimistisch. Immerhin konnte der Verlust gegenüber dem Vorjahreszeitraum von 0,11 US-Cent auf 0,08 Cent verringert werden. Spiegelfreie Scheiben und Lack ohne Kratzer Auch in der Autoindustrie haben die Winzlinge bereits Einzug gehalten. Der Ärger mit Kratzern am neuen Auto könnte bald passé sein. Mit dem Einsatz von Nanopartikeln gelingt es, Lacke härter zu machen, ohne dass die Verarbeitung behindert wird. "Nochstehen wir ganz am Anfang. Aber das Potenzial für den Einsatz von Nanomaterialien in der Autoindustrie ist riesig", meint Hans Bauer, Experte für Kleinstmaterialien bei Audi.
Und so manches Nanoteilchen fährt schon mit: am Audi TT zum Beispiel. Die gesamte Verglasung des Sportwagens ist mit Nano-Materialien aufgepeppt, die für Sonnenschutz und weniger Reflexionen sorgen oder aber Wasser abweisend sind. Auch in Autoreifen steckt Nanotechnologie, die für verminderten Rollwiderstand und weniger Abrieb sorgen soll. Die Reifentechnik stammt zum Teil von Degussa, einem der größten deutschen Hersteller von Nanopartikeln. Bei Degussa wurden die Forschungsaktivitäten in einem so genannten Projekthaus gebündelt. Für Investitionen steht dabei ein Budget von elf Millionen Euro zur Verfügung.
Das im Smax notierte Unternehmen Masterflex ist Hersteller von Schläuchen aus Polyurethan. "Hygienevorschriften, vor allem im Bereich Lebensmitteltransport, sind oftmals so streng, dass Schläuche nur einmal verwendet werden können. Wir versuchen daher, die Eigenschaften der Schläuche durch den Einsatz von Nanopartikeln zu verbessern", erklärt Stephanie Kniep, Investor-Relations-Managerin von Masterflex. In zwei bis drei Jahren sollen die antibakteriellen und besonders glatten Schläuche Marktreife erreichen. Nanoteilchen könnten bald auch der Behandlung von Gehirntumoren zu einem Durchbruch verhelfen. "Voraussichtlich Ende des Jahres werden wir unsere Technik bei Menschen anwenden", berichtet der Biologe Andreas Jordan von der Charité Berlin. Er spritzt Nanopartikel aus Eisenoxid direkt in das kranke Gewebe. Die gefräßigen Krebszellen nehmen die Partikel in sich auf. Durch den Aufbau eines externen Magnetfeldes erhitzen sich diese Teilchen, viele Tumorzellen sterben ab. Das gesunde Gewebe wird dabei kaum belastet. Auf Verfahren wie die Chemotherapie und Bestrahlung kann allerdings auch Jordan bislang nicht verzichten - noch erholen sich manche Krebszellen immer wieder von der Tortur.
Aus der langjährigen Forschung seines Teams sind gleich zwei Start-up-Unternehmen hervorgegangen. "In zwei bis drei Jahren sind die Firmen börsenreif", verrät Jordan. Allein die Medizin bietet noch vielfältige Anwendungsmöglichkeiten. Der Traum von Nanomaschinen, die durch den menschlichen Körper surfen, bleibt allerdings wohl noch sehr lange Zukunftsmusik. Die Geburt einer Vielzahl von Nanotechnologie-Firmen an der Börse wird dagegen schon in den nächsten Jahren Realität. Dann wird es wohl auch die ersten Fonds für Nano-Companies geben. Spätestens dann wird zum Einstieg geläutet.
Mega-Trend der Zukunft
Nano - die Technik, die in kleinste Dimensionen vordringt, verspricht eine Revolution. Doch was ist dran an den Prognosen der Forscher? Und lohnt sich jetzt schon der Einstieg für Anleger?
von Tobias Schorr und Julia Gross
Sommer, Sonne, Eitelkeit. Urlauber wollen knackige Bräune. Um den lästigen Sonnenbrand zu vermeiden, wird die Tube mit der Sonnenschutzcreme ausgepackt. Und die enthält neuerdings immer häufiger so genannte Nano-Partikel aus Zinkoxid. Vorteil: Sie decken die Haut flächendeckend gegen die unerwünschten UV-Strahlen ab. Die bisher verwendeten Emulsionen aus Öl und Wasser sind dagegen meist so löchrig wie ein Schweizer Käse.
Die Creme mit den winzigen Zinkoxid-Teilchen ist eine der ersten Anwendungen einer neuen Technologie, die die Welt noch stärker verändern soll als die Gentechnologie. Ob es um die Herstellung von neuen Superchips oder völlig neue Baumaterialien geht - überall stößt man auf das Zauberwort Nanotechnologie. Es geht um weit mehr als um Sonnencreme. Dementsprechend wird mittlerweile massiv in Nanotechnolgie investiert. So machte bereits Ex-US-Präsident Bill Clinton für "die Zukunftstechnologie überhaupt" 500 Millionen Dollar an Forschungsmitteln locker - allein für das Jahr 2001. Auch das deutsche Bundesforschungsministerium lässt sich nicht lumpen. In diesem Jahr werden knapp 61 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Doch was ist Nanotechnologie überhaupt? Ein Nanometer ist eine Million Mal kleiner als ein Millimeter. Wer Nanotechnologie betreibt, agiert auf der Ebene einzelner Atome. Dies war vor einigen Jahren noch Stoff für Science-Fiction-Romane. Doch mit der Erfindung des Rastertunnel-Mikroskops im Jahre 1981 konnten Atome sichtbar gemacht werden. Wichtiger noch: Es wurde möglich, Materie auf der Ebene von Atomen zu manipulieren. Und damals bestätigte sich praktisch, was die Forscher theoretisch schon wussten: dass Stoffe auf der Nanoebene andere Eigenschaften haben als größere Körper des gleichen Materials. Denn in diesem Größenbereich endet der Geltungsbereich normaler physikalischer Gesetze. Die Manipulation am Atom ermöglicht endlich das Überwinden von Grenzen, an denen beispielsweise die Entwicklung leistungsfähigerer Chips zu scheitern drohte. Die herkömmliche Siliziumtechnologie verursacht mit zunehmender Miniaturisierung der Leiterbahnen den so genannten Tunneleffekt. Eine Art Kurzschluss im Chip. Nanotechniker versprechen Abhilfe. Was ist dran an den Hoffnungen der Politiker und den Visionen der Forscher? Im Jahr 2005 soll die Branche einen Umsatz von 200 Milliarden Euro erzielen, schätzen die Analysten von Sal.Oppenheim. "Das Marktvolumen für dieses Jahr beträgt schon 50 Milliarden Euro", sagt Pia Jankowski, Hightech-Expertin bei Sal.Oppenheim. Jankowski ist sich sicher, dass es in den nächsten zehn Jahren zu Veränderungen in allen Industriebereichen kommen wird: ein Multimilliarden-Markt. Bisher jedoch tummeln sich dort fast ausschließlich Universitäten und große Unternehmen, da sehr hohe Forschungs- und Entwicklungskosten anfallen. Einer der wenigen "reinrassigen" börsennotierten Nano-Spezialisten ist Nanophase. Das Unternehmen stellt jene Kleinstteilchen für Sonnencreme her. Rund 50 Prozent der gesamten Umsätze resultieren aus den Geschäftsbeziehungen zur Ludwigshafener BASF. Im ersten Quartal konnte Nanophase seine Erlöse um 73 Prozent auf 1,2 Millionen Dollar steigern. Allerdings verzeichneten die Amerikaner dabei einen Nettoverlust von 1,27 Millionen. „Im vierten Quartal wollen wir schwarze Zahlen schreiben“, gibt sich der Vorstandsvorsitzende Joseph Cross optimistisch. Immerhin konnte der Verlust gegenüber dem Vorjahreszeitraum von 0,11 US-Cent auf 0,08 Cent verringert werden. Spiegelfreie Scheiben und Lack ohne Kratzer Auch in der Autoindustrie haben die Winzlinge bereits Einzug gehalten. Der Ärger mit Kratzern am neuen Auto könnte bald passé sein. Mit dem Einsatz von Nanopartikeln gelingt es, Lacke härter zu machen, ohne dass die Verarbeitung behindert wird. "Nochstehen wir ganz am Anfang. Aber das Potenzial für den Einsatz von Nanomaterialien in der Autoindustrie ist riesig", meint Hans Bauer, Experte für Kleinstmaterialien bei Audi.
Und so manches Nanoteilchen fährt schon mit: am Audi TT zum Beispiel. Die gesamte Verglasung des Sportwagens ist mit Nano-Materialien aufgepeppt, die für Sonnenschutz und weniger Reflexionen sorgen oder aber Wasser abweisend sind. Auch in Autoreifen steckt Nanotechnologie, die für verminderten Rollwiderstand und weniger Abrieb sorgen soll. Die Reifentechnik stammt zum Teil von Degussa, einem der größten deutschen Hersteller von Nanopartikeln. Bei Degussa wurden die Forschungsaktivitäten in einem so genannten Projekthaus gebündelt. Für Investitionen steht dabei ein Budget von elf Millionen Euro zur Verfügung.
Das im Smax notierte Unternehmen Masterflex ist Hersteller von Schläuchen aus Polyurethan. "Hygienevorschriften, vor allem im Bereich Lebensmitteltransport, sind oftmals so streng, dass Schläuche nur einmal verwendet werden können. Wir versuchen daher, die Eigenschaften der Schläuche durch den Einsatz von Nanopartikeln zu verbessern", erklärt Stephanie Kniep, Investor-Relations-Managerin von Masterflex. In zwei bis drei Jahren sollen die antibakteriellen und besonders glatten Schläuche Marktreife erreichen. Nanoteilchen könnten bald auch der Behandlung von Gehirntumoren zu einem Durchbruch verhelfen. "Voraussichtlich Ende des Jahres werden wir unsere Technik bei Menschen anwenden", berichtet der Biologe Andreas Jordan von der Charité Berlin. Er spritzt Nanopartikel aus Eisenoxid direkt in das kranke Gewebe. Die gefräßigen Krebszellen nehmen die Partikel in sich auf. Durch den Aufbau eines externen Magnetfeldes erhitzen sich diese Teilchen, viele Tumorzellen sterben ab. Das gesunde Gewebe wird dabei kaum belastet. Auf Verfahren wie die Chemotherapie und Bestrahlung kann allerdings auch Jordan bislang nicht verzichten - noch erholen sich manche Krebszellen immer wieder von der Tortur.
Aus der langjährigen Forschung seines Teams sind gleich zwei Start-up-Unternehmen hervorgegangen. "In zwei bis drei Jahren sind die Firmen börsenreif", verrät Jordan. Allein die Medizin bietet noch vielfältige Anwendungsmöglichkeiten. Der Traum von Nanomaschinen, die durch den menschlichen Körper surfen, bleibt allerdings wohl noch sehr lange Zukunftsmusik. Die Geburt einer Vielzahl von Nanotechnologie-Firmen an der Börse wird dagegen schon in den nächsten Jahren Realität. Dann wird es wohl auch die ersten Fonds für Nano-Companies geben. Spätestens dann wird zum Einstieg geläutet.