11:15 01Aug2002 RTRS-FOKUS 1-Debatte über Militäraktion gegen Irak in USA im Gange
Washington, 01. Aug (Reuters) - Der frühere UNO- Waffeninspekteur Richard Butler hat dafür plädiert, vor einer US-Militäraktion Irak eine zweite Chance zu gewähren, die internationalen Waffeninspektoren wieder ins Land zu lassen.
Zwar sei das irakische Waffenprogramm eine aktive Bedrohung, sagte Butler bei einer Anhörung im US-Senat am Mittwoch. Doch es sei wichtig, sich um die Wiederaufnahme der Inspektionen zu bemühen. Die Anhörung des Auswärtigen Ausschusses des Senats soll eine Debatte über das von US-Präsident George W. Bush erklärte Ziel eines Regimewechsels in Irak anstoßen. In der US-Führung ist einem Bericht der "Washington Post" zufolge inzwischen eine Diskussion über den Umfang eines Irak-Angriffs aufgekommen. Während Vertreter der zivilen Führung für eine kleineres Kontingent seien, befürworteten Militärs dagegen eine größere Truppenstärke, berichtete die Zeitung am Donnerstag.
"Ich denke, wir müssen uns noch etwas bemühen und der Welt deutlich machen, dass wir alles versucht haben, damit dem Recht Folge geleistet wurde und Rüstungskontrollen wieder hergestellt wurden, bevor andere Maßnahmen ergriffen werden," sagte Butler. Er und andere Teilnehmer der Anhörung zeigten sich allerdings wenig zuversichtlich, dass der irakische Präsident Saddam Hussein zu einer versöhnlichen Geste bereit sei, um einen US-Angriff abzuwenden.
Butler leitete die Waffeninspektionen der Vereinten Nationen (UNO) im Irak, die nach dem Golfkrieg 1991 eingerichtet wurden. Die Inspektoren verließen 1998 das Land, weil sie von den dortigen Behörden bei ihrer Suche nach Massenvernichtungswaffen behindert worden sein sollen. Ihre Rückkehr lehnte Irak bislang ab. Er bestreitet, Massenvernichtungswaffen herzustellen.
Butler sagte dagegen, das irakische Waffenprogramm mit seinen biologischen und chemischen Waffen sei noch wirksam. Zudem sei Irak möglicherweise kurz davor, eine Atombombe zu entwickeln. Die Frage sei, ob Irak das dafür notwendige Material besitze oder nicht. Zurzeit gehe für die USA allerdings keine unmittelbare Bedrohung von Irak aus.
Experten warnten bei der Anhörung davor, einen Angriff gegen Irak zu verharmlosen. Das irakische Luftabwehrsystem und die Verteidigungsbereitschaft größerer Städte seien seit dem Golfkrieg verbessert worden. Regierungsbeamte nahmen nicht an der Anhörung teil. Doch erklärte Verteidigungsminister Donald Rumsfeld vor Journalisten, es sei noch keine Entscheidung zu Militär-Aktionen in Irak oder anderswo getroffen worden.
ZEITUNG - US-FÜHRUNG DEBATTIERT ÜBER FÜR UND WIDER
In der US-Führung wird der "Washington Post" zufolge unterdessen über die Art und Weise debattiert, wie Saddam gestürzt werden kann. Dabei seien Rumsfeld und Vize-Präsident Dick Cheney für eine aggressive Konfrontation mit Irak, berichtet die Zeitung unter Berufung auf Kreise, die an dieser Diskussion beteiligt seien. Beide seien der Meinung, dass Irak eine ernste Bedrohung sei und die Zeit zum Handeln dränge. Außenminister Colin Powell und der Chef des Geheimdienstes CIA, George Tenet, stünden dagegen einer Militär-Aktion gegen Irak skeptisch gegenüber, da unklar sei, was nach einem Sturz Saddams in Irak geschehen werde.
Dass derzeit so viele Spekulationen über Pläne eines Angriffs auf Irak kursierten, liege in der Natur der Sache, zitierte die Zeitung die Kreise. "Es ist schwierig, weil man nicht weiß, auf welche Länder man zählen kann und was die Folgen für die Region sind", hieß es in den Kreisen weiter. Allerdings sei der Diskussionsprozess noch in einem frühen Stadium und dem Präsidenten sei noch kein ausgearbeiteter Plan vorgelegt worden.
Der jordanische König Abdullah äußerte sich bei seinem USA-Besuch besorgt, dass durch eine Invasion Irak auseinander brechen und sich der Konflikt auf den gesamten Nahen Osten ausweiten könnte. Es sei ein gewaltiger Fehler, wenn die USA Warnungen ihrer Verbündeten vor einem Angriff ignorierten, sagte Abdullah der "Washington Post". Weder Jordanien noch Großbritannien, Frankreich, Russland und China seien für einen Angriff auf Irak.