Wie war das mit den Grundrechten einer Demokratie?
Donnerstag 1. November 2001, 12:40 Uhr
«Niemals wieder auch nur eine Flasche Wasser kaufen»
von: Michelle Locke
Berkeley droht wegen Antikriegsresolution ein Boykott - Viele Kunden sind über Haltung des Stadtrats empört
Von AP-Korrespondentin Michelle Locke
Berkeley (AP) Das Recht der freien Meinungsäußerung könnte Berkeley teuer zu stehen kommen. Die kalifornische Universitätsstadt sieht sich zahlreichen Boykottdrohungen gegenüber, weil der Stadtrat vor gut zwei Wochen den Krieg in Afghanistan offen kritisiert hat. Hunderte Menschen haben telefonisch oder schriftlich angekündigt, keinen Laden und kein Restaurant in Berkeley mehr betreten zu wollen. Noch ist nicht klar, in welchem Ausmaß diese Drohungen in die Tat umgesetzt werden. Doch die Geschäftsleute sind sehr beunruhigt.
«Es fühlt sich schrecklich an», sagt Bürgermeisterin Shirley Dean. «Ich glaube, es ist ernst.» Dean hat am 16. Oktober nicht für die fragliche Resolution gestimmt, in der die US-Regierung aufgefordert wird, die Angriffe auf Afghanistan «so schnell wie möglich» einzustellen. Weiter hieß es, die Regierung müsse den Kreislauf der Gewalt durchbrechen und die Ursachen - wie beispielsweise Armut oder Unterdrückung - überwinden, die Menschen zu terroristischen Akten treiben.
Die Resolution, die zugleich die Anschläge vom 11. September verurteilte, wurde mit den Stimmen der fünf liberaleren Stadträte verabschiedet. Die vier anderen Ratsmitglieder, unter ihnen Bürgermeisterin Dean, enthielten sich.
Fast 900 E-Mails und Briefe seien allein in dieser Woche bei der Stadtverwaltung eingegangen, die überwältigende Mehrheit davon mit negativem Inhalt, sagt Dean. Einer der Absender habe geschworen, «niemals, ich wiederhole, niemals wieder auch nur eine Flasche Wasser in Ihrer Stadt zu kaufen». Im Radisson Hotel Berkeley Marina ist der Auftrag für ein großes Bankett rückgängig gemacht worden. Die Auftraggeber seien über die Resolution des Stadtrats empört gewesen, teilt Hotelmanager Brij Misra mit. Und an die Adresse der Ratsmitglieder sagt Misra: «Wir sollten lokal denken, bevor wir global handeln.»
Die Resolutionsbefürworter dagegen werfen Dean und den Geschäftsleuten in der Stadt vor, die Boykottdrohungen förmlich provoziert zu haben. «Die größte Werbung für einen Boykott kam von der Bürgermeisterin selbst, die im Fernsehen aufgetreten ist und darüber gesprochen hat», sagt Stadtrat Kriss Worthington.
Vor einigen Jahren boykottierte Berkeley sechs Mineralölkonzerne, denen der Stadtrat vorwarf, mit autoritären Regierungen Geschäfte zu machen. Jetzt könnte die Stadt selbst zum Ziel eines Boykotts werden. Ob es tatsächlich gravierende Umsatzeinbußen gibt, lässt sich voraussichtlich erst in einigen Monaten mit Sicherheit feststellen. Der Eigentümer eines Möbelgeschäfts, Lee Jester, sagt, ein Kunde habe sich explizit über die Afghanistan-Resolution beschwert. «Aber wer weiß, wie viele Kunden nichts sagen und einfach nicht mehr kommen», sagt Jester. «Ich wünsche mir, der Stadtrat würde sich einfach nur mit den Angelegenheiten der Stadt beschäftigen.»
Schmuggler
Donnerstag 1. November 2001, 12:40 Uhr
«Niemals wieder auch nur eine Flasche Wasser kaufen»
von: Michelle Locke
Berkeley droht wegen Antikriegsresolution ein Boykott - Viele Kunden sind über Haltung des Stadtrats empört
Von AP-Korrespondentin Michelle Locke
Berkeley (AP) Das Recht der freien Meinungsäußerung könnte Berkeley teuer zu stehen kommen. Die kalifornische Universitätsstadt sieht sich zahlreichen Boykottdrohungen gegenüber, weil der Stadtrat vor gut zwei Wochen den Krieg in Afghanistan offen kritisiert hat. Hunderte Menschen haben telefonisch oder schriftlich angekündigt, keinen Laden und kein Restaurant in Berkeley mehr betreten zu wollen. Noch ist nicht klar, in welchem Ausmaß diese Drohungen in die Tat umgesetzt werden. Doch die Geschäftsleute sind sehr beunruhigt.
«Es fühlt sich schrecklich an», sagt Bürgermeisterin Shirley Dean. «Ich glaube, es ist ernst.» Dean hat am 16. Oktober nicht für die fragliche Resolution gestimmt, in der die US-Regierung aufgefordert wird, die Angriffe auf Afghanistan «so schnell wie möglich» einzustellen. Weiter hieß es, die Regierung müsse den Kreislauf der Gewalt durchbrechen und die Ursachen - wie beispielsweise Armut oder Unterdrückung - überwinden, die Menschen zu terroristischen Akten treiben.
Die Resolution, die zugleich die Anschläge vom 11. September verurteilte, wurde mit den Stimmen der fünf liberaleren Stadträte verabschiedet. Die vier anderen Ratsmitglieder, unter ihnen Bürgermeisterin Dean, enthielten sich.
Fast 900 E-Mails und Briefe seien allein in dieser Woche bei der Stadtverwaltung eingegangen, die überwältigende Mehrheit davon mit negativem Inhalt, sagt Dean. Einer der Absender habe geschworen, «niemals, ich wiederhole, niemals wieder auch nur eine Flasche Wasser in Ihrer Stadt zu kaufen». Im Radisson Hotel Berkeley Marina ist der Auftrag für ein großes Bankett rückgängig gemacht worden. Die Auftraggeber seien über die Resolution des Stadtrats empört gewesen, teilt Hotelmanager Brij Misra mit. Und an die Adresse der Ratsmitglieder sagt Misra: «Wir sollten lokal denken, bevor wir global handeln.»
Die Resolutionsbefürworter dagegen werfen Dean und den Geschäftsleuten in der Stadt vor, die Boykottdrohungen förmlich provoziert zu haben. «Die größte Werbung für einen Boykott kam von der Bürgermeisterin selbst, die im Fernsehen aufgetreten ist und darüber gesprochen hat», sagt Stadtrat Kriss Worthington.
Vor einigen Jahren boykottierte Berkeley sechs Mineralölkonzerne, denen der Stadtrat vorwarf, mit autoritären Regierungen Geschäfte zu machen. Jetzt könnte die Stadt selbst zum Ziel eines Boykotts werden. Ob es tatsächlich gravierende Umsatzeinbußen gibt, lässt sich voraussichtlich erst in einigen Monaten mit Sicherheit feststellen. Der Eigentümer eines Möbelgeschäfts, Lee Jester, sagt, ein Kunde habe sich explizit über die Afghanistan-Resolution beschwert. «Aber wer weiß, wie viele Kunden nichts sagen und einfach nicht mehr kommen», sagt Jester. «Ich wünsche mir, der Stadtrat würde sich einfach nur mit den Angelegenheiten der Stadt beschäftigen.»
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