Libyen
Obama, Libyen und die Zerreißprobe für die USA
21.03.2011 – Immer verhaltener Äußert sich US-Präsident Barack Obama über den US-Militäreinsatz in Libyen. Während vor gut zwei Wochen Obama noch davon sprach, Muammar al Gaddafi habe „jegliche Legitimität verloren, sein Volk zu führen“, scheint die Rolle der USA in Libyen immer unklarer zu werden. Und Gaddafis Abgang scheint nicht mehr das Ziel der USA zu sein.
Der Umgang mit dem Libyen-Konflikt hat die USA vor eine Zerreißprobe gestellt. Gaddafi müsse gehen, hatte US-Präsident Barack Obama vor mehr als zwei Wochen noch erklärte. Er habe „jegliche Legitimität verloren, sein Volk zu führen“, sagte Obama. Ermutigt sah sich Obama durch die internationale Empörung über das äußerst brutale Vorgehen des libyschen Machthabers gegen sein eigenes Volk. Inzwischen äußerte sich Obama jedoch über einen US-Militäreinsatz in Libyen immer verhaltener.
In der vergangenen Woche billigte der UN-Sicherheitsrat schließlich ein militärisches Vorgehen gegen die libysche Regierung zur Durchsetzung einer Flugverbotszone. Wohl unter dem Eindruck der bei der US-Bevölkerung unbeliebten Konflikte in Afghanistan und im Irak sprach Obama am Samstag von „einer begrenzten militärischen Aktion in Libyen zum Schutz libyscher Zivilisten.“ Der Einsatz von Bodentruppen sei nicht vorgesehen, versprach er. Wenig später schlugen erste Tomahawk-Marschflugkörper der US-Streitkräfte auf Flugplätze und Stützpunkte der Truppen Gaddafis ein.
Gaddafis Abgang nicht länger Ziel der USA
Die Beteiligung Großbritanniens und Frankreichs hat indes bei vielen Kritikern in den USA Rätselraten um Ziel und Ausgang der Militäraktion hervorgerufen. Dass Gaddafi nach US-Militärangaben am Ende der Luftangriffe entgegen der jüngsten Ansage Obamas noch immer an der Macht sein könnte, macht die Verwirrung komplett. So sei nicht Ziel des Einsatzes, dass Gaddafi gehe, erklärte US-Generalstabschef Mike Mullen am Sonntag.
Trotz der rhetorischen Kehrtwende hat Washington nach Einschätzung von Nahost-Berater Aaron David Miller ein klares Ziel: „Es kann nur ein annehmbares Ergebnis geben: Gaddafis Sturz oder Niederlage“, erklärt er. „Alles andere würde der Glaubwürdigkeit Amerikas bei Diktatoren wie Demokraten weiter untergraben. Für Gaddafi sieht es nicht gut aus. Wenn es aber schief geht, müssen wir die Scherben zusammenkehren,“ erklärt Miller.
Tatsächlich bereiten die unabwägbaren Folgen des Libyen-Einsatzes vielen Kritikern in den USA große Sorge. So fühlen sich viele über das genaue Ziel der US-Mission schlecht informiert, gleichzeitig wird das Fehlen einer konkreten Exit-Strategie moniert. „Wir haben noch nicht herausgefunden, wen wir in Libyen eigentlich unterstützen wollen. Offensichtlich sind es die Gegner Gaddafis, aber wer sind sie?“, fragte der republikanische Senator Richard Lugar im Fernsehsender CBS.
„USA spielen nicht mehr die Hauptrolle“
Er sei sich „der Risiken jeglicher Militäraktionen zutiefst bewusst, egal wie sehr wir sie auch beschränken“, erklärte Obama. Vor diesem Hintergrund bekam das US-Militär genügend Spielraum, um die Verantwortung auf andere zu übertragen – und will ihn auch nutzen. Die USA wolle das Kommando über den Einsatz in den nächsten Tagen abgeben – entweder an die Nato oder an Frankreich oder Großbritannien, erklärte US-Verteidigungsminister Robert Gates. So wollten die USA die Koalition weiterhin unterstützen, auch weiter eine militärische Rolle spielen, „aber nicht die Hauptrolle.“
Nur zwei Tage nach dem Start der Angriffe gegen Libyen droht nun ein Streit über das Kommando die Intervention zu gefährden. Frankreich will die Führung der Operationen an sich reißen, doch die Rufe nach einer Übernahme durch die Nato werden immer lauter. Doch der Bündnispartner Türkei blockiert aus Zorn über Paris bislang, dass das Bündnis die Steuerung übernimmt.
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