Hallo zusammen,
ich habe am K+S Stammtisch am 4. April teilgenommen. Es war meine erste Veranstaltung dieser Art, und ich glaube es wird auch eine ganze Weile dauern, bis ich eine solche Gelegenheit wieder bekommen werde. So nah wie am gestrigen Montag kommt man einem Unternehmen und seiner IR nur ganz selten.
An dieser Stelle nochmal ein ganz besonderer Dank an reitz, der dieses Treffen ermöglicht und organisiert hat, und auch an K+S die sich dazu bereit erklärt haben. Das Treffen war für meine Frau und mich jede Mühe wert und menschlich eine echte Bereicherung!
Nach einer Einleitung, in der ein Besucher des Stammtisches einmal die Arbeit Denk- und Handlungsweise von Leerverkäufern und den Umfang ihres Engagements bei K+S beschrieb, übernahm der Leiter der IR, Herr Thorsten Boeckers. Etwas überraschend für mich gab es keine Präsentation, stattdessen eine freie Berichterstattung mit offener Fragerunde und Diskussion. Gut zwei Stunden stand Herr Boeckers uns hierbei Rede und Antwort. Dabei wurden auch viele der Fragen beantwortet, die hier im Forum öfters gestellt bzw. diskutiert werden.
Einige Punkte die mir auffielen und wichtig erscheinen, möchte ich gerne wiedergeben:
Eine wichtige Frage war zuletzt, ob und wie die Geschäfte in Europa fortgeführt werden. Einige sahen Legacy als langfristigen Ersatz - nicht zuletzt aufgrund der politischen Risiken in Deutschland.
K+S hat vergleichsweise hohe Kosten bei der Kaliproduktion in Europa. Die hohen Kosten werden zum Teil durch Spezialitätenverursacht. Ein echter Wettbewerbsvorteil besteht durch die sehr niedrigen Transportkosten, die K+S in Europa gegenüber jedem Mitbewerber einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. K+S beliefert den europäischen Markt zu ca 60%. Außerdem sind die Preise und Margen in Europa besser als in den meisten anderen Teilen der Welt. Dies geht jedoch nur, wenn die Standorte in Deutschland im Wesentlichen Erhalten werden. Eine nennenswerte Verlagerung von Kapazitäten aus Deutschland nach Kanada ist derzeit nicht geplant.
Zum Thema Risiko: Herr Boecker sagte, es fänden Gespräche statt um zu einer einvernehmlichen und für alle Seiten tragbaren Lösung zu kommen. Aus aktuellen Medienberichten könnte jedoch bisweilen der Eindruck entstehen, als wäre K+S ein extremer Umweltsünder oder der Staat wolle gar dem Unternehmen seine Grundlage entziehen. Er betonte dass dies nicht der Fall ist und der Staat kein Interesse in dieser Richtung zeigt. Sollte dies doch passieren, müsste und würde man natürlich entsprechend agieren, solche Anzeichen gebe es jedoch nicht.
Entsprechend wird auch mit dem Standort Deutschland im bisherigen Umfang geplant.
Legacy soll keine Spezialitäten produzieren und den nordamerikanischen, Brasilianischen und süd-ostasiatischen Markt beliefern. Das Unternehmen ist zuversichtlich, hier auch Anteile gewinnen zu können. Hierbei soll der kürzlich geschlossene Rahmenvertrag mit Koch Fertilizer helfen. K+S wird Koch einen Rabatt gewähren und kann dafür die Vertriebsstrukturen von Koch nutzen. die Potash Group beliefert Koch Fertilizer nicht mit Kali.
Die Kosten pro Tonne Kali werden in Kanada bei ca 180 CAD liegen, wobei 90 auf die Förderung entfallen, 65 auf den Transport und ca 25 Steuern sind. Selbst bei aktuellen Preisen von nur ca 220-230 USD in Brasilien wird K+S also Geld verdienen. In Europa liegen die Preise deutlich höher. (250-270 ) Die Kalipreise fangen laut Herrn Boecker an sich zu stabilisieren.
20-25% der Fördermengen von Legacy werden übrigens nicht als Düngemittelverwendet werden sondern in anderen Bereichen eingesetzt.
Eine weitere Frage zu Legacy waren politische Risiken:
Es gab im Jahr 1974 eine Zwangsenteignung von K+S in Kanada, aus der dann Potash entstanden ist. Das waren jedoch andere Zeiten.
K+S wurde mit "offenen Armen" empfangen, nicht zuletzt um auch einen Mitbewerber für Potash zu bekommen. Die zu zahlenden Steuern werden geringfügig höher sein als für Potash selbst, genannt wurden bis max. 5 CAD pro Tonne Differenz. K+S hat sich neben der Liegenschaft auf der Legacy gebaut wird noch weitere Liefenschaften, sowie Lizenzen für insgesamt 100 Jahre gesichert, hier wird also ganz langfristig geplant. Allein auf der ersten Liegenschaft können neben Legacy noch vier weitere Minen kostengünstig errichtet werden, die gesamte Infrastruktur dafür ist dann schon vorhanden und muss nicht nochmal gebaut werden.
Umweltvorschriften sind von geringer Bedeutung. Das Land ist groß und dünn besiedelt, entsprechend lebt niemand in der Nähe von Abraumhalden. Durch das neue Förderverfahren fallen jedoch auch deutlich weniger Abfälle an.
Potash hat vor kurzem Minen geschlossen, es wurde die Frage gestellt wie schnell die wieder geöffnet werden können:
Minen die nicht nur zu einer großen Wartung geschlossen werden, können nicht so ohne Weiteres wieder geöffnet werden. Die zuletzt von Potash geschlossenen Minen wurden also auf Dauer geschlossen. Eine dieser Minen war erst vor kurzem fertig gestellt worden.
zum Thema Überkapazitäten und hinzukommenden Kapazitäten von Mitbewerbern:
für 2016 wird erneut von einer Nachfrage von ca. 60 mio to. ausgegangen. Die aktuellen maximalen Kapazitäten liegen bei 75 Mio to. Überkapazitäten gab es schon immer. Da alle Anbieter in der Vergangenheit jedoch eine gute Preis- und Förderdisziplin zeigten, war dies nie ein Problem. Insbesondere nach 2013 kann man gerade bei den russischen Konzernen wieder eine hohe Disziplin feststellen. Nach Fertigstellung von Legacy kommt voraussichtlich lange nichts. Eurochem wird vermutlich nicht vor 2020 an den Start gehen. BHP hat sein Minenprojekt auf Eis gelegt. Aktuelle Meinungen seitens BHP sprechen von ~2025. Aktuell wird jedoch nicht gebaut. Überhaupt lohnt sich ein Preisniveau bis 350$/to für keinen Neueinsteiger. Zahlreiche andere Minenprojekte liegen ebenfalls auf Eis bzw. es ist kaum absehbar ob und ggf wann diese einmal anfangen zu fördern.
Legacy wird einige Jahre brauchen, bis die volle Kapazität gefördert werden kann.
Ab 2018 soll die Mine ergebnisseitig break-even erreichen. Bis 2020 werden noch keine "nennenswerten" positiven Ergebnisbeirträge erwartet. Gleichwohl wird der Cashflow steigen und die Verschuldung reduziert werden.
K+S plant noch einmal neues Geld aufzunehmen um sich die dereit günstigen Refinanzierungskonditionen zu sichern und die 2018 auslaufenden Anleihen zu refinanzieren. Es werden keine neuen Schulden gemacht.
Gefragt wurde ob das Berwerk Siegfried Gießen möglicherweise als Ersatz für künftig in Deutschland wegfallende Kapazitäten wieder geöffnet werden könnte. Dies wird aktuell geprüft, ein Ergebnis ist jedoch noch nicht absehbar. Herr Boecker verwies jedoch auf derzeit höhere politische Risiken in Deutschland, insbesondere im Vergleich zu Kanada.
Es könnte also so kommen dass wegfallende Kapazitäten nicht ersetzt werden. Die Fördermenden in bestehenden laufenden Bergwerken zu reduzieren ist nicht geplant. Die hohen Fixkosten würden diese recht schnell unrentabel werden lassen.
Salz: anders als in Europa, hat K+S durch Morton Salt in Nordamerika einen Brand der es ermöglicht, Produkte mit einem gewissen Preisaufschlag und höheren Margen zu verkaufen. K+S ist Weltmarktführer, der markt ist jedoch stark fragmentiert.
Ziel sind grundsätzlich Salzförderstätten in der Nähe der geweiligen Absatzmärkte damit die Kosten niedrig bleiben. Kostendisziplin wird hier weiter groß geschrieben.
Derzeit werden Möglichkeiten zur Expansion in den südosten Asiens geprüft, es fehlt bisher jedoch eine Salzförderstätte vor Ort um dort richtig Fuß zu fassen.
Winter/Streusalz: Nach zwei Rekordwintern in den USA ist der letzte Winter "unterdurchschnittlich" verlaufen. Dies wird sich auch beim Preis bemerkbar machen.
Gleichwohl sollte beachtet werden dass Streusalz nur einen Teil des Geschäfts ausmacht.
Im Bereich Salz sieht sich K+S gut aufgestellt und auf Breiter Ebene alle langfristigen Ziele intakt.
Herr Boecker betonte dass die Planungen und Vorlaufzeiten für Bergbauunternehmen sehr lang seien, ein Planungszeitraum von 10 Jahren ist normal. Preise für Kali auf dem aktuellen Niveau sieht er auf längere Sicht nicht. Es würde zu wenig verdient um neue Projekte anzuschieben. Preise von 350-380$ seien wahrscheinlich.
Anklage/Prozessrisiken:
Angeklagt sind Herr Steiner und einige andere als Einzelpersonen. Das Unternehmen steht nur in der Nebenklage.
Der Vorwurf ist dass von 1999-2007 illegal Salzlaugen versenkt wurden (obwohl es dafür damals Genehmigungen gab). Das Unternehmen sieht keine Grundlage dafür in irgendeiner Weise belangt zu werden. Daher wurde auch keine Rückstellung hierfür gebildet.
Laut einem Medienbericht konnte der Eindruck entstehen, K+S liefen die Führungskräfte weg. Herr Boecker sagte, einige dieser Personen seien "nicht freiwillig gegangen".
zur Dividende: die 1,15 Dividende werden gezahlt weil sie 40-50% der Ausschüttungsquote beträgt. Bei all der negativen Presse wollte man in diesem Bereich auf keinen Fall noch Diskussionen. Da der Gewinn für 2016 deutlich niedriger erwartet wird, wird dann auch die Dividende entsprechend geringer ausfallen. Eine so gleichbleibend leicht steigende Dividende wie bei manch anderen Konzernen ist aufgrund der Abhängigkeit von Rohstoffpreisen nicht in der Form machbar.
Ein Aktienrückkauf ist aktuell kein Thema. Auch hier wollte man der Erwartungshaltung zur Dividende gerecht werden. Ein Aktienrückkauf durch Aufnahme von Fremdkapital würde zum aktuellen Zeitpunkt keinen Sinn machen. Die ohnehin schon hohen Schulden würden noch weiter steigen, möglicherweise Ratings gefährden oder sogar eine Überschuldung auslösen. Ein Rückkauf mache jedoch nur dann Sinn wenn die Aktien auch wirklich eingezogen würden und nicht im nächsten Moment wieder ausgegeben werden müssten.
Zur Übernahmestory "Potash - K+S":
zum damaligen Zeitpunkt waren die meisten institutionellen Investoren der Meinung dass 41 kein angemessener Preis sei, nicht nur Herr Steiner. Mehr Zustimmung von dieser Seite wäre erst ab 45 gekommen. Wie bereits bekannt, kam es nie zu einem offiziellen Angebot seitens Potash.
Negative Presse:
Derzeit kursieren eine Reihe von negativen Meldungen in der Presse herum. Vieles davon ist aus Sicht von Herrn Boeckers bei Weitem nicht so dramatisch wie dargestellt. Auch die Situation um den niedrigen Kalipreis wird nach seiner Ansicht übertrieben pessimistisch gesehen.
Bewertung K+S Aktie:
ein Problem in der Bewertung der Aktie ist, dass die Analysten "Projekte" nicht berücksichtigen. Legacy hat in den Berechnungsmodellen aktuell sogar noch eine "negative" Wirkung auf das Analystenvotum, weil ein Projekt nicht nur nichts einbringt, sondern obendrein Risiken birgt. Mit der Inbetriebnahme und Anlauf bzw hochfahren der Produktion wird sich dies ändern, der Status des "Projekts" ist quasi beendet.
Ich habe alles nach bestem Wissen und Gewissen wiedergegeben und erhebe weder Anspruch auf Vollständigkeit noch Richtigkeit ;)
Eine persönliche Anmerkung: Jeder der hier sagt dass er keine Informationen bekommt, sollte beim nächsten Mal eine solche Gelegenheit wahrnehmen. Informationen gibts genug, und auf wirklich jede Frage die wir an diesem Tag gestellt haben, bekamen wir eine zufriedenstellende Antwort, das war mehr als die Anwesenden erwarten konnten!