Hält die Glückssträhne?
Seit Carl-Henric Svanberg im April 2003 das Ruder beim damals schwer angeschlagenen Telekomausrüster Ericsson übernahm, ist fast alles richtig gelaufen.
STOCKHOLM. Der weltgrößte Hersteller von Mobilfunknetzen steht wieder auf festem Boden, und nun hoffen die arg gebeutelten Aktionäre, dass die Glückssträhne des Herrn Svanberg noch lange andauert. Ein erstes Signal, in welche Richtung es geht, wird am kommenden Dienstag zu empfangen sein, wenn Ericsson die Zahlen für 2005 vorlegt.
Svanbergs bisherige Bilanz kann sich sehen lassen: Die Aktie erholte sich seit seinem Einstieg bei Ericsson von rund vier Kronen (0,43 Euro) auf nunmehr etwa 27 Kronen (2,92 Euro). Das Sorgenkind, die 50-prozentige Beteiligung an dem Handy-Joint-Venture Sony Ericsson, erzielte 2005 das beste Ergebnis der noch jungen Firmengeschichte.
Und dennoch haben die Zweifler jüngst wieder Oberwasser bekommen: Nach der Gewinnwarnung von France Télécom ist der Börsenwert des größten schwedischen Konzerns um rund 2,8 Milliarden Euro gesunken. Die Angst vor einer neuen Telekom-Blase spielt auch in den vielen nach unten korrigierten Bewertungen der großen Investmentbanken eine entscheidende Rolle. Sollte der Markt für mobile Infrastruktur 2006 doch nicht so schnell wachsen, wie von Ericsson und den meisten Konkurrenten erwartet? Analysten befürchten, dass die erste Investitionswelle in den schnellen UMTS-Standard nahezu abgeschlossen ist und die nächste Ausbauphase ein paar Jahre auf sich warten lassen wird.
Doch auch der zunehmende Preisdruck auf die etablierten Telekom-Ausrüster durch chinesische Konkurrenten wie Huawei verunsichert die Experten. Das Kursziel für die Ericsson-Aktie reicht immerhin von 24 bis 50 Kronen. Das muntere Raten der Analysten hat einen Grund, denn auf Ericsson warten 2006 große Aufgaben, deren Lösung alles andere als sicher ist.
Kann sich der Konzern ein großes Stück vom chinesischen Kuchen abschneiden, wenn sich das Reich der Mitte in diesem Jahr nach mehrfachen Verzögerungen endlich für einen UMTS-Standard entscheidet? China will pünktlich zu den olympischen Sommerspielen 2008 den Millionen Besuchern ein funktionierendes UMTS-Netz präsentieren. Um diesen Termin einzuhalten, muss im Laufe dieses Jahres die Entscheidung über den Standard und die Lieferanten fallen. Ericsson hat gute Chancen, doch Überraschungen sind nicht ausgeschlossen. Das gilt auch für den Bau von Mobilfunknetzen in Entwicklungsländern. Diese Märkte wachsen derzeit am schnellsten. Doch auch drei neue UMTS-Netze in Japan locken 2006, und einer der Betreiber, Soft Bank, testet bereits Ericsson-Ausrüstung.
Die größte Herausforderung dürfte dennoch die Integration des 2005 übernommenen, schwer angeschlagenen britischen Telekom-Ausrüsters Marconi sein. Ericsson übernimmt zunächst 6 500 Marconi-Mitarbeiter, wird aber jede fünfte Stelle abbauen. Eine Belastung des Ergebnisses und Reibungsverluste sind also programmiert.
Gelingt es Ericsson dagegen, seine Service-und Dienstleistungssparte weiter auszubauen, sind die Weichen auf Erfolg gestellt. Vor kurzem erhielten die Schweden von dem britischen Mobilfunkbetreiber 3 UK einen Drei-Milliarden-Euro-Auftrag zur Wartung, dem Betrieb und dem Ausbau des Netzes. Diese Sparte gilt als Wachstumssegment und steht bei Ericsson schon jetzt für rund ein Fünftel des Konzernumsatzes. Kann Svanberg einen Auftrag von einem der großen Telekom-Konzerne an Land ziehen, können sich Ericsson-Aktionäre zurücklehnen. Klappt das nicht, geht die Berg-und Talfahrt weiter.
Quelle: HANDELSBLATT, Donnerstag, 26. Januar 2006, 13:00 Uhr
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Der Einsame Samariter
