Ericsson rechnet mit anhaltend schwachen Endmärkten - Milliardenverlust
Der Telekomausrüster Ericsson ist im vergangenen Jahr tief in die roten Zahlen gerutscht. Die Schweden hatten vor allem im Netzwerkgeschäft mit der geringen Investitionsbereitschaft ihrer Kunden in 5G-Komponenten zu kämpfen. Zwar lief das Schlussquartal trotz eines prozentual zweistelligen Umsatzeinbruchs ergebnisseitig besser als von Analysten erwartet, doch sieht der Konzern weiter wenig Licht am Horizont: 2024 dürften die Absatzmärkte mit Ausnahme von China weiter schrumpfen, warnte Konzernchef Börje Ekholm zur Bilanzvorlage am Dienstag in Stockholm.
An der Börse knickte das Papier kurz nach dem Auftakt zunächst deutlich ein, holte den Abschlag aber recht zügig wieder auf und pendelte zuletzt zwischen moderaten Gewinnen und Verlusten. Der Kursverlauf verläuft seit einiger Zeit genauso holprig wie die Geschäfte der Schweden. Seit dem Jahreswechsel liegt die Aktie leicht im Minus, und das starke Börsenjahr 2023 hatte Ericsson-Anlegern nur leichte Kursgewinne gebracht.
Letztlich belief sich beim Konzern 2023 das um Restrukturierungskosten bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (bereinigtes Ebit) auf minus 13,8 Milliarden schwedische Kronen (1,2 Mrd Euro), nachdem Ericsson ein Jahr zuvor noch ein positives Ergebnis von 27,4 Milliarden Kronen erwirtschaftet hatte. Unter dem Strich fiel ein Verlust von 26,1 Milliarden Kronen an, der unter anderem durch hohe Abschreibungen und steigende Kosten zusammenkam; 2022 hatte Ericsson noch 19,1 Milliarden Kronen Gewinn verbucht.
Branchenkenner waren sich in der Bewertung der Zahlen uneins. Trotz unerwartet schwacher Umsätze habe Erissson seine Bruttomargen im Schlussquartal sehr gut verbessern können, lobte etwa Jefferies-Experte Janardan Menon. Zudem hätten das Cloudgeschäft und der Service-Bereich im vergangenen Jahr nach langer Verzögerung wieder ein positives Betriebsergebnis erzielt. Da das eingeleitete Kostensenkungsprogramm 2023 erst zur Hälfte seine Wirkung entfaltet habe, dürfte trotz des schwierigen Umfelds Ericsson seine Profitabilität im neuen Jahr steigern können, glaubt Menon.
Für JPM-Analyst Sandeep Deshpande bieten die Ericsson-Zahlen hingegen "keinen Grund für Optimismus". Bei voraussichtlich weiterhin schwacher Nachfrage werde eine Erholung im Jahr 2024 wohl komplett von den Erfolgen der Restrukturierung abhängen, schrieb er in einer ersten Einschätzung. Das unerwartet gute Ergebnis im Schlussquartal sei zwar ein Beleg für den Erfolg der Kostensenkungen, doch dürften die Markterwartungen an das Jahr 2024 nun deutlich sinken, schlussfolgerte der Experte.
Ericsson-Lenker Ekholm sprach unterdessen von einem dauerhaft untragbar niedrigen Investitionsniveau bei vielen Telekommunikationsanbietern. "Wir sind deshalb zuversichtlich, dass sich der Markt erholen wird." Der Zeitpunkt dafür liege jedoch in der Hand der Kunden. Zudem erwartet Ericsson in Indien nach einem außerordentlich starken vergangenen Jahr eine "Normalisierung" des Investitionstempos dortiger Abnehmer. Dabei stellt das Management für den Gesamtkonzern für das laufende erste Jahresviertel einen deutlichen Rückgang der Erlöse im Vergleich zum Schlussquartal in Aussicht - auch wegen saisonaler Effekte.
Künftig helfen dürfte den Schweden der im Dezember ergatterte Zuliefer-Vertrag mit dem US-Telekommunikationsriesen AT&T im Wert von 14 Milliarden Dollar (Dollarkurs) (rund 12,9 Mrd Euro). Damit hatten sich die Schweden gegen den finnischen Rivalen Nokia durchgesetzt. Vorgesehen ist der Aufbau eines cloudbasierten 5G-Netzes mit einer offenen Architektur (sogenanntes OpenRAN) für die Amerikaner. Der Vertrag werde ab der zweiten Hälfte dieses Jahres anlaufen, hieß es von Ericsson dazu.
Quelle:dpa-AFX