SPIEGEL ONLINE - 11. Oktober 2006, 19:48
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YouTube-Übernahme
Druck auf Yahoo und Microsoft wächst
Der Milliarden-Coup von Google setzt die Konkurrenz unter Druck. Yahoo verhandelt angeblich bereits mit dem US-Studentenportal Facebook. Auch Microsoft muss womöglich seine Strategie im Mitmach-Web überdenken. Manche Beobachter fühlen sich aber auch an die Internetblase erinnert.
Nach der Übernahme des Online-Videoportals YouTube durch Google stehen Yahoo und auch Microsoft unter Druck, ebenfalls ihr Geschäft mit Mitmach-Seiten auszubauen. Yahoo hatte ebenfalls Interesse an YouTube angemeldet. Immerhin besitzt das Unternehmen aber bereits die äußerst erfolgreiche Fotocommunity Flickr.com.
Seit Wochen kursieren Berichte über Verhandlungen zwischen Yahoo und dem amerikanischen Studentenportal Facebook - es ist jedoch unklar, wie weit die Gespräche gediehen sind. Branchenexperten raten Yahoo, schnell zuzuschlagen, denn die Preise für interaktive Internet-Seiten der jüngsten Generation könnten weiter anziehen.
Facebook mit seinen derzeit zehn Millionen Nutzern könnte Yahoo bis zu einer Milliarde Dollar kosten. Google bezahlt für YouTube 1,65 Milliarden Dollar - das ist die mit Abstand größte Übernahme in der Firmengeschichte.
Web-2.0-Markt leergefegt
Bereits im vergangenen Jahr hat News Corp die Community-Seite MySpace.com gekauft. Damit dürfte der Markt für weitere Käufe vorerst so gut wie leergefegt sein. Weitere bedeutende Übernahmen könnten dennoch schon bald folgen. "Aus dem Nichts werden alle möglichen anderen Käufer und Verkäufer auftauchen", sagte Wharton-Professor Peter Fader. "Die Firmen sind im Kaufrausch."
Fader zieht sogar den Vergleich zur Internet-Blase der Jahrtausendwende und dem folgenden Einbruch. "Zum größten Teil hat der Internet-Wahnsinn nachgelassen. Aber das ist der letzte Bereich mit Wildwest-Sitten." Auch Josh Bernoff, Vizepräsident bei Forrester Research, warnt vor einem neuen Hype. "Manche Unternehmen werden die Mitmachseiten der zweiten Reihe kaufen, und das werden die schlechtesten Geschäfte aller Zeiten sein."
Google will Domain Youtube.de
Viele Beobachter rechnen mit einem Erfolg von YouTube unter dem Google-Dach. Dies könnte die Aufholjagd für die Konkurrenz erschweren. "Für Unternehmen, die YouTube kopiert haben, wird es eher schwerer werden, da sie jetzt mit der größten Internetfirma der Welt konkurrieren", schätzt Lars Hinrichs, Geschäftsführer der Business-Kontakt-Börse openBC/XING. "Und der Nutzer geht immer dorthin, wo das Angebot das größte und beste ist." Immerhin hatte es das kleine Start-up YouTube geschafft, innerhalb von 19 Monaten 100 Millionen Besucher täglich anzulocken. Eine ähnlich attraktive Kaufoption gibt es derzeit für den Wettbewerb vermutlich nicht.
Nach der YouTube-Übernahme will Google rechtliche Schritte gegen die Inhaber der Internetadresse Youtube.de einleiten. "Wir schützen unsere Marken", sagte Google-Sprecher Stefan Keuchel am Mittwoch. Die Adresse Youtube.de gehört einem britischen Unternehmen. Keuchel sagte, man werde den Inhaber der Adresse kontaktieren, um dem Markenmissbrauch ein Ende zu bereiten.
Reuters/dpa