Bochum, 30.01.2003
Nr. 21
Den Codeknackern immer einen Schritt voraus
Feierlich eröffnet: Horst Görtz Institut für IT-Sicherheit
Bundesweit einmalig: Studiengang und Weiterbildung
Das Böse ist immer und überall – auch im Cyberspace.
Angreifern auf Netzwerke und IT-Anwendungen das Handwerk zu
legen, ist Aufgabe des heute eröffneten Horst Görtz
Instituts für Sicherheit in der Informationstechnik (HGI,
geschäftsführender Direktor: Prof. Dr. Hans Dobbertin) der
Ruhr-Universität. Die Forscher beschäftigen sich z. B. mit
sicheren Verschlüsselungsmethoden und neuartigen Angriffen
auf IT-Systeme. Außerdem bilden die Forscher des HGI in
einem bundesweit einzigartigen Studiengang
IT-Sicherheitsexperten aus und vermitteln ihr Know-How in
Kursen an Mitarbeiter der Industrie. „Es gilt, den Standort
Deutschland auf diesem Spezialgebiet zu verteidigen und
auszubauen“, so Horst Görtz, Gründer der Firma Utimaco,
dessen großzügiger Spende das HGI seine Existenz verdankt.
Das HGI im Internet
Ausführliche Informationen über das HGI stehen auch im
Internet unter
www.rub.de/hgi
Nationale und internationale Forschungs- und
Industrieprojekte
Kern des HGI sind drei Lehrstühle der RUB, die die
Grundlagen und technischen Aspekte der IT-Sicherheit
vertreten: einer in der mathematischen Fakultät (Prof. Dr.
Hans Dobbertin) und einer in der Fakultät für Elektrotechnik
und Informationstechnik (Prof. Dr.-Ing. Christof Paar) sind
seit Oktober 2001 besetzt, ein weiterer folgt in Kürze. Teil
des HGI ist außerdem das „Institut für Sicherheit im
e-Business“ der RUB-Wirtschaftswissenschaftler. Eine
Erweiterung des HGI durch Experten der Rechts- und
Sozialwissenschaften ist geplant. Ein interdisziplinäres
Drittmittelprojekt befasst sich bereits mit der Sicherheit
von Infrastrukturen in der Bundesrepublik, für weitere
nationale und internationale Forschungs- und
Industrieprojekte konnte das HGI in der Aufbauphase des
ersten Jahres bereits Drittmittel von mehr als 400.000 Euro
(u.a. von den Sun Research Labs in Silicon Valley und dem
Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik)
einwerben. Das Institut ist auch Mitinitiator des
wichtigsten IT-Sicherheitsprojekts der EU, das den Aufbau
eines europäischen „Networks of Excellence“ im Bereich
Kryptologie zum Ziel hat, bei dem Wissenschaft und
Wirtschaft zusammenarbeiten.
Neue Angriffe auf Smart Cards
Ein Forschungsgebiet des HGI sind sog. Smart Cards, die aus
dem Alltag nicht mehr wegzudenken sind: Die EC-Karte, die
Telefonkarte und viele Eintrittskarten (z.B. in Parkhäusern
oder Bädern) sind inzwischen „intelligente“ (= smart)
Karten. Sie besitzen unter den goldfarbenen Kontakten einen
Mikrorechner, der kryptographische Funktionen ausführt.
Solche Systeme funktionieren nur, weil der geheime Schlüssel
sicher auf der Karte versteckt ist. Forscher haben
allerdings vor einigen Jahren Methoden entwickelt, um diesen
Schlüssel aus Smart Cards auszulesen: Da die Funktion ihn
intern für ihre Berechnungen benutzt, ist der Stromverbrauch
auch vom Schlüssel abhängig – misst man den Verbrauch
während der Anwendung, kann man auf den Schlüssel
rückschließen. Inzwischen hat die Smart Card Industrie
nachgezogen und für moderne Karten entsprechende
Gegenmaßnahmen getroffen, die solche sog.
Seitenkanalattacken verhindern. Die Arbeitsgruppen von Prof.
Christof Paar und Prof. Hans Dobbertin am HGI haben jetzt
jedoch neue Verfahren entwickelt, mit denen unter Umständen
auch moderne Karten angreifbar werden könnten.
Schnelle digitale Signaturen
Der Lehrstuhl für Kommunikationssicherheit (Prof. Paar)
befasst sich vor allem mit der effizienten Umsetzung von
Verschlüsselungsverfahren wie digitalen Signaturen. Sie sind
wichtige Komponenten für fast alle
IT-Sicherheitsanwendungen, z.B. für sicheres Shoppen im
Internet. Ihr Nachteil ist, dass sie das Rechnen mit extrem
großen Zahlen erfordern; die heutigen Standardverfahren
benötigen Zahlen mit 300 Stellen. Der daraus resultierende
Rechenaufwand ist enorm. Insbesondere kleine Geräte wie
Handys oder PDAs (z. B. ein PalmPilot) haben massive
Probleme, digitale Signaturen in annehmbarer Zeit zu
berechnen. Die Forschungsgruppe beschäftigt sich mit der
Realisierung von neuartigen Verfahren für digitale
Signaturen, die eine deutliche Beschleunigung insbesondere
für kleine Geräte mit sich bringen. Die Gruppe hat
Signaturverfahren auf der Basis sog. hyperelliptischer
Kurven, die zwar bekannt waren, aber bisher fast nicht
eingesetzt wurden, so beschleunigen können, dass sie jetzt
auf den allermeisten Handyprozessoren eingesetzt werden
können. Die Gruppe hält zurzeit den Geschwindigkeitsrekord
für die Signaturberechnung auf den StrongArm
Mikroprozessoren, die am meisten verbreiteten Rechner für
mobile Anwendungen.
Sichere Codes auf Herz und Nieren testen
Der Lehrstuhl für Informationssicherheit und Kryptologie
(Prof. Dobbertin) befasst sich mit dem Design und der
Analyse von kryptographischen Grundverfahren. Hierbei finden
klassische Gebiete der Mathematik, wie Algebra,
Zahlentheorie und Kombinatorik neue Anwendungsfelder. Die
Forscher beschäftigen z. B. mit Blockchiffren wie dem
weltweit eingesetzten AES (Advanced Encryption Standard),
der die Daten in einzelne Blöcke von festgelegter Länge
zerlegt und diese Bitblöcke in vielen einzelnen Schritten
unter Einwirkung eines zufällig gewählten Schlüssels
chiffriert. Der AES ist sicherer als sein Vorgänger DES
(Data Encryption Standard), weil seine Schlüssel länger
sind. Daher lassen sich verschlüsselte Daten wegen des hohen
Rechenaufwands nicht mehr durch bloßes Ausprobieren aller
möglichen Schlüssel knacken wie es beim DES möglich war. Der
AES hat aber möglicherweise andere Schwachstellen, an denen
die Forscher des HGI ansetzen, um seine Sicherheit auf die
Probe zu stellen. „Nach heutigem Kenntnisstand gibt es keine
beweisbar sicheren kryptologischen Verfahren. Solange sich
daran nichts ändert, wird der Kampf zwischen
Code-Entwicklern und Code-Brechern weitergehen.
IT-Sicherheit ist ein evolutionärer Prozess“, so Prof.
Dobbertin.
Weitere Informationen
Prof. Dr. Hans Dobbertin, Prof. Dr.-Ing. Christof Paar,
Horst Görtz Institut für Sicherheit in der
Informationstechnik der Ruhr-Universität Bochum, 44780
Bochum, Tel. 0234/32-23261, -22994, Fax: 0234/32-14430,
-14389, E-Mail: hans.dobbertin@rub.de, cpaar@crypto.rub.de
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Mit freundlichen Gruessen
Dr. Josef Koenig
RUB - Ruhr-Universitaet Bochum
- Pressestelle -
44780 Bochum
Tel: + 49 234 32-22830, -23930
Fax: + 49 234 32-14136
Josef.Koenig@ruhr-uni-bochum.de
Schauen Sie doch bei uns mal rein:
www.ruhr-uni-bochum.de/pressestelle
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