Katastrophale US-Arbeitsmarktdaten von Jochen Steffens Wenn der Markt die Hoffnung hatte, dass der US-Arbeitsmarkt sich weiter beruhigt, so wurde er heute bitter enttäuscht. Die Non-Farm-Payrolls, also die Stellen außerhalb der Landwirtschaft, gingen um satte 85.000 Stellen zurück. Damit hatte niemand gerechnet. Analysten waren von einem unveränderten Wert ausgegangen, lagen also weit daneben. Nun ist mittlerweile bekannt, dass sich die Fed Sogen macht, weil der US-Arbeitsmarkt die Erholung in der Wirtschaft nicht so recht umsetzt. Und diese Sorge ist selbstredend nicht unbegründet. Auch wenn es keiner sehen will.. Die Fed kämpft immer noch gegen Deflationsgefahren, auch wenn viele Analysten es nicht wahrhaben wollen. Sie versucht alles, um zu vermeiden, dass die USA das gleiche Schicksal wie Japan nach dem Crash 1990 ereilt. Doch wie soll man in einer generell schon eher deflationären Phase bei so einem Arbeitsplatzabbau eine Inflation initiieren? Inflation ist unter anderem abhängig von Beschäftigung Einer der maßgeblichen Faktoren einer normalen Inflation ist folgender: In einer wirtschaftlichen Erholung finden immer mehr Menschen wieder Arbeit. Diese Menschen werden mehr Geld verdienen, also mehr konsumieren. Das führt dazu, dass die Nachfrage steigt. Wenn die Nachfrage steigt und das Angebot erst einmal gleich bleibt, werden die Preise anziehen. In diesem Fall verdienen die Unternehmen mehr Geld bei gleichbleibenden Produktionskosten. Somit werden sie auch eher bereit sein, ihren Arbeitnehmern mehr Geld zu bezahlen. Gleichzeitig sinkt das Angebot an guten Arbeitskräften auf dem Arbeitsmarkt. Unternehmen müssen demnach mehr Lohn anbieten, um gleichbleibend hochwertig ausgebildete Arbeitnehmer zu finden. Es beginnt eine Lohn-Preis-Spirale. So zumindest die Theorie. In Umkehrung Eins ist damit sicher: Ohne den US-Arbeitsmarkt wird es schwierig nur über eine Abwertung des Dollars und eine dadurch importierte Inflation die Auswirkungen der Deflation nachhaltig zu bekämpfen. Die Betonung liegt auf „nachhaltig“. Zunächst werden die Verbraucherpreise allein in indirekter Folge der extrem niedrigen Zinsen anziehen, da sich dadurch die Geldmenge stark ausweitet. Diesen Effekt haben wir im Ansatz von 2004 bis 2005/6 schon einmal gesehen: In diesem Diagramm ist die Entwicklung der Verbraucherpreise der USA seit 1965 dargestellt. Deutlich erkennt man, dass sich die deflationären Ausreißer unter die Nulllinie seit 10 Jahren häufen. Gerde durch die Finanzkrise kam es zu massiven Einbrüchen. Deflation führt zu Arbeitslosigkeit (das ist sozusagen die Lohn-Preisspirale rückwärts). Und so verwundert es nicht, dass die USA im Moment mit einer steigenden Arbeitslosigkeit beo einem anhaltenden Stellenabbau zu kämpfen haben. Ich hatte im Dezember schon geschrieben, dass man für weitere Prognosen zum US-Arbeitsmarkt abwarten müsse, ob die besseren Werte im vierten Quartel nicht auch mit dem Weihnachtsgeschäft zusammenhängen. Mit der aktuellen Veröffentlichung zeigt sich, dass diese Vorsicht berechtigt war. Die Hoffnung auf Schaffung neuer Stellen wurde erst einmal relativiert. Wenn nun auch noch im Februar und März ein weiterer Stellenabbau bekannt gegeben wird, muss man davon ausgehen, dass die besseren Zahlen zum Jahresende 2009 tatsächlich zu einem gewissen Teil lediglich mit dem Weihnachtsgeschäft zusammen hingen. Das wäre ein Tiefschlag für die weitere Fed-Politik. Doch grundsätzlich sollte die Niedrigzinspolitik schon einen positiven Einfluss auf den Arbeitsmarktes haben. Das bedeutet, wir werden mit hoher Wahrscheinlichkeit positive Werte in diesem Jahr sehen, alles andere wäre eine Katastrophe. Es wird eben darauf ankommen, wie schnell und dynamisch die Belebung am US-Arbeitsmarkt wird. Wieso reagieren die Märkte positiv? Als letzte Frage bleibt, warum die Märkte diese schlechten Zahlen nicht mit einem deutlichen Kursrückgang quittieren. In der ersten Reaktion kam es zu eben diesem Kursrückgang, der jedoch schnell wieder hochgekauft wurde. Während ich das hier schreibe, ist der Nasdaq100 bereits wieder mit knapp 0,5 % im Plus. Diese scheinbar seltsame Reaktion hängt damit zusammen, dass durch diese schlechten Arbeitsmarktdaten die Wahrscheinlichkeit für Zinserhöhungen wieder abgenommen hat. Und dies wird gerade ausgepreist. Ob der Markt die Gefahren erkennt, also bereits auf erneute Deflations- oder Rezessionsgefahren spekuliert, wird man erst im weiteren Verlauf erkennen. Einfaches Spiel für Konjunkturdaten-Trader Wie ich geschrieben habe: In den nächsten Monaten werden Zinserhöhungsängste immer mehr zum Thema Nr. 1 an den Märkten werden. Einen ersten deutlichen Hinweis darauf haben wir heute gesehen. Das ist für Daytrader eine Art Trading-Eldorado. Wenn Sie auf Konjunkturdaten traden, können Sie diese Zusammenhänge im Intradayhandel perfekt nutzen: Während die ersten Reaktionen des Marktes sich zumeist lediglich direkt darauf beziehen, ob die Konjunkturdaten über oder unter den Erwartungen lagen (Bsp.: Deutlich schlechter als erwartete Arbeitsmarktdaten -> der Markt fällt), können Sie sich an der Frage orientieren, ob diese Zahlen die Wahrscheinlichkeit für Zinserhöhungen erhöht oder senkt (Bsp.: Schlechte Arbeitsmarktdaten senken die Zinserhöhungswahrscheinlichkeit, somit sollte der Markt in einer zweiten Reaktion positiver reagieren). Es wird in nächster Zeit also, so wie heute, zu einer ersten Reaktion kommen, die oft genug durch eine zweite Reaktion in die andere Richtung abgelöst wird. Das ist für Daytrader einfach zu traden, wenn man die Prinzipien versteht. Viel Erfolg dabei. Ihr Jochen Steffens |