Schwacher Dollar macht Gold zum Investment für alle Fälle
Von Daniel Eckert 19. Dezember 2008, 02:42 Uhr
Auch in einer Deflation sehen Experten das Edelmetall im Aufwind - Der Preis könnte sich bis Ende des Jahrzehnts verdoppeln
Berlin - Als Finanzmanager verfolgt Joachim Paul Schäfer seit vier Dekaden die Kapitalmärkte. Noch nie in diesen Jahren hat der Vermögensverwalter bei der Münchener PSM eine Situation erlebt, in der so viel für Gold als Investment zu sprechen schien. "Die hartnäckigen Probleme im globalen Kreditsystem, die drohende Schieflage der staatlichen Haushalte, die Angst vor einer kommenden Inflation, der Vertrauensverlust in den Dollar: von alldem profitiert das Metall als Fluchtburg der Investoren." Im Laufe der nächsten Jahre, ist Schäfer überzeugt, könnte der Preis für das älteste Wertaufbewahrungsmittel der Welt auf 2000 Dollar steigen. Das wäre mehr als eine Verdopplung vom jetzigen Niveau.
Die jüngste Entwicklung scheint Schäfer zu bestätigen. Ehe es nachmittags zu einem leichten Rücksetzer kam, hatte sich das gelbe Metall gestern auf 878,63 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm) verteuert und damit den höchsten Stand seit Anfang Oktober erreicht. Bereits an den vorangegangenen acht Handelstagen war der Preis nach oben gegangen - um insgesamt rund 100 Dollar oder 13 Prozent. Händler führen als Auslöser für diese Rallye den Wertverfall des Dollar an. Als eine Art Gegenwährung zum Greenback profitiert das Gold traditionell von dessen Schwäche (siehe Grafik).
Nicht nur bei Schäfer, auch bei anderen professionellen Geldmanagern steht das gelbe Metall hoch im Kurs. Kaum ein Vermögensverwalter, der dieser Tage nicht dafür plädiert, den Goldanteil zu erhöhen. "Wir empfehlen unseren Mandanten, gerade in diesen unsicheren Zeiten auf jeden Fall fünf bis zehn Prozent ihres Geldes in Gold anzulegen", sagt Reinhard Hellmuth von der Investmentbank I.C.M. in Berlin. Ohne substanzielle Edelmetallkomponente sei ein Depot nicht komplett.
Im Katastrophenjahr 2008 konnte sich indes auch die Währung der Welt nicht den Marktturbulenzen entziehen. Von seinem Mitte März erzielten Rekordhoch von knapp über 1000 Dollar kam der Goldpreis bis Herbst wieder fast 30 Prozent zurück. Doch stabilisierte er sich im Oktober und November schließlich bei rund 750 Dollar je Feinunze. Den jüngsten rasanten Anstieg der Notierungen deuten viele Beobachter als neuen Anlauf auf die Vierstelligkeit.
"Edelmetalle, und vor allem Gold, werden im ersten Halbjahr 2009 weiter an Attraktivität gewinnen", ist Michael Lewis, Rohstoff-Analyst bei der Deutschen Bank, überzeugt. Auch sein Kollege Eugen Weinberg von der Commerzbank hält den Preis längst noch nicht für ausgereizt. Anders als die meisten anderen Rohstoffe leide das Edelmetall keineswegs unter der schwachen Konjunktur. Es profitiere im Gegenteil sogar von seinem Image als sicherer Hafen. "Bei Gold ist die Investoren-Nachfrage ein wesentlicher Unterstützungsfaktor", sagt der Experte, "das Volumen des größten Gold-Indexfonds ist allein Mitte dieser Woche um sechs Tonnen auf nun 775 Tonnen gestiegen und hat damit einen Höchstwert erreicht."
Die Commerzbank geht davon aus, dass das gelbe Metall bereits im ersten Quartal des kommenden Jahres einen Preis von 950 Dollar je Unze erzielen könnte und sich spätestens Ende 2009 wieder der 1000-Dollar-Marke annähert. Noch optimistischer sind die Auguren der österreichischen Ersten Bank, die das edle Metall noch dieses Jahrzehnt auf 1400 Dollar klettern sehen.
Lewis streicht heraus, dass Gold nicht nur - wie allgemein zu hören - in Zeiten der Inflation das Zeug habe zu glänzen. "Selbst Deflationstendenzen können unter Umständen gut für den Goldpreis sein", sagt er. Auf breiter Front sinkende Preise in den USA könnten die Administration dazu veranlassen, mit einer Politik des schwachen Dollar gegenzusteuern - und das wiederum würde den Preis des edlen Metalls nach oben ziehen.
Andere Experten machen geltend, dass eine Deflation in der Regel mit extrem niedrigen Zinsen einhergeht und dies ebenfalls Investments in Gold begünstigt: Da das Edelmetall selbst keine laufenden Erträge abwirft, fällt dieser Mangel in einer Niedrigzinsphase nicht mehr so stark ins Gewicht.
Anleger haben mehrere Möglichkeiten, Onkel Dagoberts mit eigenem kleinem Goldspeicher zu werden. Der Kauf von Münzen und Barren ist die klassische Variante und die einzige, die für Systemskeptiker infrage kommt, die mit einem Finanzkollaps und einem Währungscrash rechnen.
Wer nicht gar so pessimistisch ist und die Unannehmlichkeiten vermeiden will, die aus der sicheren Verwahrung der Nuggets erwachsen können, setzt auf Goldfonds oder -zertifikate. Der Vorteil dieser Produkte liegt darin, dass sich Anleger eine Währungssicherung mitkaufen können. So gibt ein Gold-Quanto-Zertifikat der Deutschen Bank (WKN:
DB0SEX) den Preis so wieder, als würde das Metall in Euro notiert und nicht in Dollar. Mutige setzen auf den Minen-ETF Market Access Gold Bugs (A0MMBG), der sich fast so verhält wie ein Optionsschein auf den Edelmetallpreis.