im DAX von 9000 bis zum Jahresende. Dazu kann man auch heute in Euro am Sonntag lesen.
Fertig machen für die Rally
14.10.2007
Wer immer noch nicht in Aktien investiert ist, ist selbst schuld. Denn der DAX rennt zielstrebig - in Richtung neues Allzeithoch. Ein Grund: Mit dem Oktober hat das beste Quartal des Jahres begonnen
Vielleicht kommt die Furcht vor der Zahl ja aus dem Bergsport. Man weiß etwa aus den einschlägigen Schilderungen des Südtiroler Vorzeigekletterers Reinhold Messner, dass bei über 7500 Metern im Alpinismus ernsthafte Gefahren für Leib und Leben drohen. Und über 8000 Metern ist die Luft dann bekanntlich so dünn, dass bei längerem Verbleib ohne technisches Hilfsgerät der Exitus droht. Gilt Ähnliches womöglich auch für die 8000er-Marke im DAX? Nicht wenigen Anlegern mag das so vorkommen, plagt sie doch immer noch die Erinnerung an das Jahr 2000. Der DAX klettert über die magische Marke, erklimmt ein Hoch knapp darüber und stürzt anschließend drei Jahre lang in den Abgrund. Die Lage ist anders in diesen Tagen, so viel ist der Mehrheit schon klar. Doch Zweifel sind geblieben. Viele Investoren, zumal Privatanleger, sind vorsichtig, zogen sich nach den Wirren um die Kreditkrise im August aus dem Markt zurück. Laut Zahlen des Fondsverbands BVI flossen im Krisenmonat allein aus Aktienfonds 3,6 Milliarden Euro ab. So mancher Aussteiger guckt den derzeit wieder ansteigenden Kursen nur traurig hinterher. Weiter nur zuschauen? Das ist wohl die schlechteste aller Alternativen. Etliches spricht dafür, dass der Leitindex bereits auf dem Weg zu einem neuen Allzeithoch über der Marke von 8151 Punkten ist, die er am 13. Juli dieses Jahres erklommen hat. Die kleineren Techs und Solarwerte haben es soeben schon vorgemacht: Der TecDAX notiert erstmals seit Bestehen über der 1000-Punkte-Marke. Vor allem aber hat auch der Schrittmacher der Weltmärkte, die US-Börse Wall Street, unlängst mit einem Punktestand beim Dow Jones von über 14 000 ein neues Allzeithoch markiert. Die Zeit für einen neuen DAX-Rekord scheint reif. Zumindest hat mit dem Monat Oktober die Hochsaison im Börsenkalender begonnen. Ein Blick auf die saisonale Entwicklung eines internationalen Aktienbarometers wie dem MSCI-World-Index zeigt: Im Schnitt legten die Börsen seit 1973 im letzten Quartal um knapp sieben Prozent zu. Damit bringt das Jahresende im langjährigen Schnitt die mit Abstand beste saisonale Performance. Und auch im DAX gilt das Schlussquartal schon lange als das beste im Jahr. Viele Experten sehen derzeit gute Chancen für eine Jahresendrally. „8500 Punkte bis Jahresende sind durchaus drin“, sagt etwa Carsten Klude, Chefstratege bei der Hamburger Privatbank M.M. Warburg. Das wäre ein Plus von über sechs Prozent und damit ein typischer Verlauf. Auch Volker Borghoff, Chefstratege bei HSBC Trinkaus, kann sich mit dieser Marke anfreunden. Allerdings unter Einschränkungen: „Die 8500 sind drin, falls wir in den USA nicht in ein Rezessionsszenario rutschen“, sagt der Experte. Mit dieser Meinung steht Borghoff nicht allein. Nicht wenige Finanzprofis zeigen sich angesichts der Turbulenzen, die die Subprime-Krise auf Immobilienmärkten und bei Kreditinstituten hinterlassen hat, vorsichtig. Die Deutsche Bank etwa korrigierte Anfang September ihr Jahresziel für den DAX von 8500 auf 8300 Punkte. Ein Abschwung in den USA ist nach Meinung vieler Beobachter die größte Bedrohung für eine sorgenfreie Börsenzeit zum Jahresende. Skeptiker befürchten, dass zu viele Immobilienbesitzer in den USA unter den Auswirkungen der Kreditkrise leiden könnten. Der Hintergrund: Jahrelang ruhte der US-Konsum – wichtiger Antreiber für die gesamte Konjunktur in den Staaten – auf immerzu steigenden Hauspreisen. Die Aussicht auf die Wertsteigerungen beflügelte die Kaufgelüste der Privaten. Jetzt ist plötzlich das Gegenteil der Fall, die Preise sinken. Manche Hausbesitzer müssen verkaufen, andere sparen schon einmal vorsichtshalber. „Die Gefahr, dass die Konsumbereitschaft schwindet und die US-Konjunktur stärker abflaut, ist nicht zu unterschätzen“, warnt Eberhard Weinberger, Vorstand bei der Münchner Vermögensverwaltung Dr. Jens Ehrhardt Kapital AG. So mancher Experte rechnet deshalb in den kommenden Wochen mit einer Rückkehr der Unsicherheit. „Enttäuschungen über volkswirtschaftliche Indikatoren aus dem Immobiliensektor werden nicht ausbleiben“, sagt etwa Christian Kahler, Chefstratege der DZ Bank. Dennoch setzt der Analyst auf die Kraft der besten Börsenmonate. „Wir werden vor allem im November und Dezember eine positive Entwicklung im DAX sehen“, sagt der Analyst. Dass einzelne US-Wirtschaftsdaten in den kommenden Wochen zwar unterhalb der Erwartungen bleiben könnten, aber dennoch nicht gleich mit einer Rezession gerechnet werden muss, dafür sprechen auch jüngst veröffentlichte Kommentare des US-Notenbankchefs Ben Bernanke zur Zinssenkung vor vier Wochen. „Wir sind nicht davon überzeugt, dass die wirtschaftliche Expansion zum Stillstand kommt“, sagte Bernanke übersetzt aus verklausuliertem Banker-Englisch. Im Klartext: Der Fed-Chef rechnet nicht mit einer Rezession. Deshalb seien auch weitere Zinssenkungen bei der nächsten Sitzung der Notenbank am 30. Oktober und im November „nicht zwingend erforderlich“. Das dämpfte zwar Zinssenkungsfantasien, entkräftete aber zugleich die dunkelsten Konjunktur-Szenarien. Gewinnwarnungen der US-Finanzinstitute wirkten zudem zuletzt wie ein reinigendes Gewitter und nahmen Investoren die größten Ängste vor Firmenpleiten oder einer Bankenkrise. Die Erkenntnis: Die Kreditkrise hat zwar heftig, aber nicht katastrophal in den Bilanzen der Hochfinanz eingeschlagen. Die weltgrößte Investmentbank Merrill Lynch etwa muss ihrer jüngsten Gewinnwarnung zufolge für das zurückliegende dritte Quartal fünf Milliarden Dollar abschreiben. Analysten revidierten daraufhin ihre Gewinnschätzungen ähnlich drastisch wie zuvor bei der Citigroup. Im Schnitt liegen die Gewinnschätzungen der Experten für die US-Finanzwerte inzwischen um 15 Prozent niedriger als vor Beginn der Krise. Schlechte Nachrichten? Nur, wenn es in der jetzt angelaufenen Quartalssaison tatsächlich noch dicker kommen sollte. Insgesamt aber sind die US-Gewinnschätzungen etwa für den Standard & Poor’s 500 mit einem Aufschlag von zwei Prozent gegenüber den Vorjahresergebnissen lange nicht mehr so optimistisch wie vor Beginn der Krise. Ausreißer nach oben aber könnten die Wall Street anfeuern – auch wenn der Auftakt in der vergangenen Woche zunächst recht bescheiden ausfiel. Hier ist noch Luft nach oben, wie Experten finden. „Es sind durchaus noch positive Überraschungen drin“, sagt M.M.-Warburg-Stratege Klude. Auch von der Übernahmefront gibt es plötzlich wieder jede Menge Neuigkeiten. 16 Milliarden Euro schwer war die unlängst verkündete Übernahme von Archstone-Smith, einem Urgestein der amerikanischen Immobilienbranche. Auf fünf Milliarden Euro bringt es die bislang größte Übernahme des Softwarehauses SAP. Rund zwei Milliarden Euro zahlt die US-Bank JP Morgan für einen britischen Wasserversorger – um nur die auffälligsten Deals der vergangenen Tage zu nennen. Kein Wunder, dass wieder regelmäßig Übernahmegerüchte auf dem Parkett zirkulieren. Der Maschinenbaukonzern MAN könnte von der schwedischen Beteiligungsgesellschaft Investor gekauft, Volkswagen von Porsche übernommen und das Reise- und Schifffahrtskonglomerat TUI vom Raider Guy Wyser-Pratte zerschlagen werden. Es ist – beinahe – wieder wie vor dem August, als die Kreditklemme die Liquidität für große Deals schlagartig abwürgte. Auch das ein gutes Zeichen: Heftige Spekulationen sind bei Börsianern ein Ausdruck guter Laune. Nicht nur in der Fantasie, sondern vor allem fundamental bringt der DAX die nötige Fitness für einen gelungen Abschluss des Börsenjahres mit. Vor allem die Bewertung mit einem Kurs/Gewinn-Verhältnis von rund 13 auf Basis der Gewinnschätzungen für das Jahr 2008 ist günstig. Seit 1973 lag der DAX im Schnitt immerhin bei einem KGV von 15,6. Rein rechnerisch ergäbe dies einen DAX-Stand von 9600 Punkten. Noch ein Anhaltspunkt: Auf dem Höhepunkt der Tech- und Internet-Hausse im März 2000 lag die wichtige Kennziffer bei 27. Hinter der erstaunlich mäßigen Bewertung steckt – logischerweise – eine überdurchschnittliche Gewinnentwicklung. Die Konzerne haben in den vergangenen Jahren die Kosten mächtig gedrückt. Wie stark, zeigt ein Bick auf die Entwicklung etwa der Vorsteuermargen. Lag diese im Schnitt im Jahr 2000 noch bei rund acht Prozent, so sind es sieben harte Jahre in einer globalisierten Welt später bereits knapp 16 Prozent. Auch die anstehende Zahlensaison in Deutschland sollte also Positives bringen. Übers Jahr gesehen dürften die Gewinne der DAX-Werte laut Finanzdatendienst Thomson Financial im Schnitt um 19 Prozent steigen. 2008 sind demnach weitere zehn Prozent drin. Doch wie sollten sich Anleger nun für die besten Monate des Jahres positionieren? Grundsätzlich raten Experten derzeit wegen der günstigeren Bewertung eher zu großen als zu kleinen Werten – auch wegen des damit verbundenen niedrigeren Ausfallrisikos. Schließlich könnte die Kreditkrise ja noch Nachbeben verursachen. Und hier sind kleinere Unternehmen meist stärker betroffen. Vorsichtigere Anleger halten sich darüber hinaus wohl am besten an Aktien, die bereits im Jahresverlauf Stärke zeigten. „Anleger sollten auf Werte setzen, die ein positives Momentum aufweisen, also bereits gut laufen. Die Bereiche Industrie und Technologie sowie Rohstoffe sollten auch bis Jahresende outperformen“, empfiehlt HSBC-Chefstratege Borghoff (siehe Strategie I). Eine riskantere Alternative hierzu ist der Nachzügler-Ansatz. Anleger wagen mit diesem Investmentansatz mehr, zielt er doch auf Werte, die sich bislang noch eher verhalten zeigten. Der Kerngedanke: Professionelle Investoren wechseln nicht selten gegen Jahresende ihre Favoriten. Investoren sollten zudem auch den eigentlichen Grund für das ungewöhnlich lange derzeitige konjunkturelle Hoch nicht aus den Augen verlieren: die weltweiten Wachstumsmärkte wie China oder Indien. Auch in diesen Märkten bestehen in den letzten drei Monaten des Jahres regelmäßig gute Gewinnchancen. Die Dynamik der weltweiten Wachstumsmärkte ist es denn auch, die für anhaltend gute Aussichten auch für das kommende Jahr sorgt. „Die Emerging Markets treiben die Konjunktur, die übliche Abschwächung verzögert sich dadurch. Wir sehen eine Abschwächung an den Aktienmärkten erst in der zweiten Jahreshälfte 2008“, sagt HSBC-Stratege Borghoff. Ein wenig mehr Mut sei Anlegern mit Höhenangst somit durchaus angeraten. DAX und Co dürften in den kommenden Wochen zeigen, dass sie auch in scheinbar verderbliche Rekordhöhen aufsteigen können, ohne gleich wieder abzustürzen. Der Zeitpunkt dafür ist ohne Zweifel ausgesprochen günstig.
Fertig machen für die Rally
14.10.2007
Wer immer noch nicht in Aktien investiert ist, ist selbst schuld. Denn der DAX rennt zielstrebig - in Richtung neues Allzeithoch. Ein Grund: Mit dem Oktober hat das beste Quartal des Jahres begonnen
Vielleicht kommt die Furcht vor der Zahl ja aus dem Bergsport. Man weiß etwa aus den einschlägigen Schilderungen des Südtiroler Vorzeigekletterers Reinhold Messner, dass bei über 7500 Metern im Alpinismus ernsthafte Gefahren für Leib und Leben drohen. Und über 8000 Metern ist die Luft dann bekanntlich so dünn, dass bei längerem Verbleib ohne technisches Hilfsgerät der Exitus droht. Gilt Ähnliches womöglich auch für die 8000er-Marke im DAX? Nicht wenigen Anlegern mag das so vorkommen, plagt sie doch immer noch die Erinnerung an das Jahr 2000. Der DAX klettert über die magische Marke, erklimmt ein Hoch knapp darüber und stürzt anschließend drei Jahre lang in den Abgrund. Die Lage ist anders in diesen Tagen, so viel ist der Mehrheit schon klar. Doch Zweifel sind geblieben. Viele Investoren, zumal Privatanleger, sind vorsichtig, zogen sich nach den Wirren um die Kreditkrise im August aus dem Markt zurück. Laut Zahlen des Fondsverbands BVI flossen im Krisenmonat allein aus Aktienfonds 3,6 Milliarden Euro ab. So mancher Aussteiger guckt den derzeit wieder ansteigenden Kursen nur traurig hinterher. Weiter nur zuschauen? Das ist wohl die schlechteste aller Alternativen. Etliches spricht dafür, dass der Leitindex bereits auf dem Weg zu einem neuen Allzeithoch über der Marke von 8151 Punkten ist, die er am 13. Juli dieses Jahres erklommen hat. Die kleineren Techs und Solarwerte haben es soeben schon vorgemacht: Der TecDAX notiert erstmals seit Bestehen über der 1000-Punkte-Marke. Vor allem aber hat auch der Schrittmacher der Weltmärkte, die US-Börse Wall Street, unlängst mit einem Punktestand beim Dow Jones von über 14 000 ein neues Allzeithoch markiert. Die Zeit für einen neuen DAX-Rekord scheint reif. Zumindest hat mit dem Monat Oktober die Hochsaison im Börsenkalender begonnen. Ein Blick auf die saisonale Entwicklung eines internationalen Aktienbarometers wie dem MSCI-World-Index zeigt: Im Schnitt legten die Börsen seit 1973 im letzten Quartal um knapp sieben Prozent zu. Damit bringt das Jahresende im langjährigen Schnitt die mit Abstand beste saisonale Performance. Und auch im DAX gilt das Schlussquartal schon lange als das beste im Jahr. Viele Experten sehen derzeit gute Chancen für eine Jahresendrally. „8500 Punkte bis Jahresende sind durchaus drin“, sagt etwa Carsten Klude, Chefstratege bei der Hamburger Privatbank M.M. Warburg. Das wäre ein Plus von über sechs Prozent und damit ein typischer Verlauf. Auch Volker Borghoff, Chefstratege bei HSBC Trinkaus, kann sich mit dieser Marke anfreunden. Allerdings unter Einschränkungen: „Die 8500 sind drin, falls wir in den USA nicht in ein Rezessionsszenario rutschen“, sagt der Experte. Mit dieser Meinung steht Borghoff nicht allein. Nicht wenige Finanzprofis zeigen sich angesichts der Turbulenzen, die die Subprime-Krise auf Immobilienmärkten und bei Kreditinstituten hinterlassen hat, vorsichtig. Die Deutsche Bank etwa korrigierte Anfang September ihr Jahresziel für den DAX von 8500 auf 8300 Punkte. Ein Abschwung in den USA ist nach Meinung vieler Beobachter die größte Bedrohung für eine sorgenfreie Börsenzeit zum Jahresende. Skeptiker befürchten, dass zu viele Immobilienbesitzer in den USA unter den Auswirkungen der Kreditkrise leiden könnten. Der Hintergrund: Jahrelang ruhte der US-Konsum – wichtiger Antreiber für die gesamte Konjunktur in den Staaten – auf immerzu steigenden Hauspreisen. Die Aussicht auf die Wertsteigerungen beflügelte die Kaufgelüste der Privaten. Jetzt ist plötzlich das Gegenteil der Fall, die Preise sinken. Manche Hausbesitzer müssen verkaufen, andere sparen schon einmal vorsichtshalber. „Die Gefahr, dass die Konsumbereitschaft schwindet und die US-Konjunktur stärker abflaut, ist nicht zu unterschätzen“, warnt Eberhard Weinberger, Vorstand bei der Münchner Vermögensverwaltung Dr. Jens Ehrhardt Kapital AG. So mancher Experte rechnet deshalb in den kommenden Wochen mit einer Rückkehr der Unsicherheit. „Enttäuschungen über volkswirtschaftliche Indikatoren aus dem Immobiliensektor werden nicht ausbleiben“, sagt etwa Christian Kahler, Chefstratege der DZ Bank. Dennoch setzt der Analyst auf die Kraft der besten Börsenmonate. „Wir werden vor allem im November und Dezember eine positive Entwicklung im DAX sehen“, sagt der Analyst. Dass einzelne US-Wirtschaftsdaten in den kommenden Wochen zwar unterhalb der Erwartungen bleiben könnten, aber dennoch nicht gleich mit einer Rezession gerechnet werden muss, dafür sprechen auch jüngst veröffentlichte Kommentare des US-Notenbankchefs Ben Bernanke zur Zinssenkung vor vier Wochen. „Wir sind nicht davon überzeugt, dass die wirtschaftliche Expansion zum Stillstand kommt“, sagte Bernanke übersetzt aus verklausuliertem Banker-Englisch. Im Klartext: Der Fed-Chef rechnet nicht mit einer Rezession. Deshalb seien auch weitere Zinssenkungen bei der nächsten Sitzung der Notenbank am 30. Oktober und im November „nicht zwingend erforderlich“. Das dämpfte zwar Zinssenkungsfantasien, entkräftete aber zugleich die dunkelsten Konjunktur-Szenarien. Gewinnwarnungen der US-Finanzinstitute wirkten zudem zuletzt wie ein reinigendes Gewitter und nahmen Investoren die größten Ängste vor Firmenpleiten oder einer Bankenkrise. Die Erkenntnis: Die Kreditkrise hat zwar heftig, aber nicht katastrophal in den Bilanzen der Hochfinanz eingeschlagen. Die weltgrößte Investmentbank Merrill Lynch etwa muss ihrer jüngsten Gewinnwarnung zufolge für das zurückliegende dritte Quartal fünf Milliarden Dollar abschreiben. Analysten revidierten daraufhin ihre Gewinnschätzungen ähnlich drastisch wie zuvor bei der Citigroup. Im Schnitt liegen die Gewinnschätzungen der Experten für die US-Finanzwerte inzwischen um 15 Prozent niedriger als vor Beginn der Krise. Schlechte Nachrichten? Nur, wenn es in der jetzt angelaufenen Quartalssaison tatsächlich noch dicker kommen sollte. Insgesamt aber sind die US-Gewinnschätzungen etwa für den Standard & Poor’s 500 mit einem Aufschlag von zwei Prozent gegenüber den Vorjahresergebnissen lange nicht mehr so optimistisch wie vor Beginn der Krise. Ausreißer nach oben aber könnten die Wall Street anfeuern – auch wenn der Auftakt in der vergangenen Woche zunächst recht bescheiden ausfiel. Hier ist noch Luft nach oben, wie Experten finden. „Es sind durchaus noch positive Überraschungen drin“, sagt M.M.-Warburg-Stratege Klude. Auch von der Übernahmefront gibt es plötzlich wieder jede Menge Neuigkeiten. 16 Milliarden Euro schwer war die unlängst verkündete Übernahme von Archstone-Smith, einem Urgestein der amerikanischen Immobilienbranche. Auf fünf Milliarden Euro bringt es die bislang größte Übernahme des Softwarehauses SAP. Rund zwei Milliarden Euro zahlt die US-Bank JP Morgan für einen britischen Wasserversorger – um nur die auffälligsten Deals der vergangenen Tage zu nennen. Kein Wunder, dass wieder regelmäßig Übernahmegerüchte auf dem Parkett zirkulieren. Der Maschinenbaukonzern MAN könnte von der schwedischen Beteiligungsgesellschaft Investor gekauft, Volkswagen von Porsche übernommen und das Reise- und Schifffahrtskonglomerat TUI vom Raider Guy Wyser-Pratte zerschlagen werden. Es ist – beinahe – wieder wie vor dem August, als die Kreditklemme die Liquidität für große Deals schlagartig abwürgte. Auch das ein gutes Zeichen: Heftige Spekulationen sind bei Börsianern ein Ausdruck guter Laune. Nicht nur in der Fantasie, sondern vor allem fundamental bringt der DAX die nötige Fitness für einen gelungen Abschluss des Börsenjahres mit. Vor allem die Bewertung mit einem Kurs/Gewinn-Verhältnis von rund 13 auf Basis der Gewinnschätzungen für das Jahr 2008 ist günstig. Seit 1973 lag der DAX im Schnitt immerhin bei einem KGV von 15,6. Rein rechnerisch ergäbe dies einen DAX-Stand von 9600 Punkten. Noch ein Anhaltspunkt: Auf dem Höhepunkt der Tech- und Internet-Hausse im März 2000 lag die wichtige Kennziffer bei 27. Hinter der erstaunlich mäßigen Bewertung steckt – logischerweise – eine überdurchschnittliche Gewinnentwicklung. Die Konzerne haben in den vergangenen Jahren die Kosten mächtig gedrückt. Wie stark, zeigt ein Bick auf die Entwicklung etwa der Vorsteuermargen. Lag diese im Schnitt im Jahr 2000 noch bei rund acht Prozent, so sind es sieben harte Jahre in einer globalisierten Welt später bereits knapp 16 Prozent. Auch die anstehende Zahlensaison in Deutschland sollte also Positives bringen. Übers Jahr gesehen dürften die Gewinne der DAX-Werte laut Finanzdatendienst Thomson Financial im Schnitt um 19 Prozent steigen. 2008 sind demnach weitere zehn Prozent drin. Doch wie sollten sich Anleger nun für die besten Monate des Jahres positionieren? Grundsätzlich raten Experten derzeit wegen der günstigeren Bewertung eher zu großen als zu kleinen Werten – auch wegen des damit verbundenen niedrigeren Ausfallrisikos. Schließlich könnte die Kreditkrise ja noch Nachbeben verursachen. Und hier sind kleinere Unternehmen meist stärker betroffen. Vorsichtigere Anleger halten sich darüber hinaus wohl am besten an Aktien, die bereits im Jahresverlauf Stärke zeigten. „Anleger sollten auf Werte setzen, die ein positives Momentum aufweisen, also bereits gut laufen. Die Bereiche Industrie und Technologie sowie Rohstoffe sollten auch bis Jahresende outperformen“, empfiehlt HSBC-Chefstratege Borghoff (siehe Strategie I). Eine riskantere Alternative hierzu ist der Nachzügler-Ansatz. Anleger wagen mit diesem Investmentansatz mehr, zielt er doch auf Werte, die sich bislang noch eher verhalten zeigten. Der Kerngedanke: Professionelle Investoren wechseln nicht selten gegen Jahresende ihre Favoriten. Investoren sollten zudem auch den eigentlichen Grund für das ungewöhnlich lange derzeitige konjunkturelle Hoch nicht aus den Augen verlieren: die weltweiten Wachstumsmärkte wie China oder Indien. Auch in diesen Märkten bestehen in den letzten drei Monaten des Jahres regelmäßig gute Gewinnchancen. Die Dynamik der weltweiten Wachstumsmärkte ist es denn auch, die für anhaltend gute Aussichten auch für das kommende Jahr sorgt. „Die Emerging Markets treiben die Konjunktur, die übliche Abschwächung verzögert sich dadurch. Wir sehen eine Abschwächung an den Aktienmärkten erst in der zweiten Jahreshälfte 2008“, sagt HSBC-Stratege Borghoff. Ein wenig mehr Mut sei Anlegern mit Höhenangst somit durchaus angeraten. DAX und Co dürften in den kommenden Wochen zeigen, dass sie auch in scheinbar verderbliche Rekordhöhen aufsteigen können, ohne gleich wieder abzustürzen. Der Zeitpunkt dafür ist ohne Zweifel ausgesprochen günstig.