BRÜSSEL (Dow Jones-VWD)--EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti erwägt, die ursprünglich vorgesehene Frist für industrielle Partnerschaften bei der Alstom SA, Paris, auf zwei Jahre zu halbieren. Dies verlautete am Montag aus mit dem Fall vertrauten Kreisen in Brüssel. Aktuell arbeiten die Beihilfeexperten Montis an dem Entscheidungsentwurf über die Zulässigkeit der staatlichen Hilfe für den finanziell angeschlagenen Anlagen- und Energiekonzern. Darüber soll die Europäische Kommission dem Vernehmen nach am 7. Juli entscheiden. Erwartet wird eine Genehmigung des milliardenschweren Beihilfepakets, allerdings unter Auflagen.
Ende Mai hatten sich Monti und Frankreichs Finanzminister Nicolas Sarkozy grundsätzlich auf die Modalitäten für den Rettungsplan der Regierung für Alstom geeinigt. Im Gegenzug für die EU-Genehmigung hat sich der französische Staat verpflichtet, seinen Anteil in spätestens vier Jahren abzugeben. Alstom soll nach bisheriger Vereinbarung ebenfalls binnen vier Jahren Partnerschaften in Kernbereichen eingegangen sein. Ingesamt erhält der Konzern nach Kommissionsangaben Subventionen in verschiedener Form und je nach Berechnungsweise von rund 3 Mrd EUR.
Wie es dazu aus den Kreisen hieß, wollen die Wettbewerbsbeamten Montis den im Grundsatz erreichten Kompromiss hinsichtlich der Zeitvorgabe verschärfen. Selbst die nunmehr angedachte Zweijahresfrist für industrielle Partnerschaften werde als großzügig erachtet und könnte halbiert werden. Dem Vernehmen nach haben in den Konsultationen mit den nationalen Kartellbehörden vor allem Polen und Tschechien Front gegen die Brüsseler Genehmigung einer vierjährigen Frist gemacht.
Die ursprünglich vorgesehene Frist hatte Monti bei Bekanntgabe des Kompromisses einen guten und realistischen Zeitrahmen genannt. Die Frist sei nicht aus Wettbewerbssicht gesetzt worden, sondern aus politischer Rücksichtnahme, wie es in Brüssel erklärend zu der avisierten Halbierung hieß. Zuletzt gab es zwischen Deutschland und Frankreich Streit um einen möglichen Einstieg der Siemens AG, München/Berlin, bei Alstom, weil Paris und der Anlagenkonzern diese Möglichkeit offen ablehnten.
Die Regierung in Paris hatte sich zudem verpflichtet, dass staatliche Unternehmen bei den Partnerschaften außen vor blieben, es sei denn, die Kommission stimme diesen zuvor zu. Sobald Alstom wieder ein Rating mit Investmentstatus erhalte, soll der französische Staat 12 Monate Zeit zur Abgabe seiner Kapitalbeteiligung erhalten. Neben dieser Auflage soll der Konzern nach bisherigen Plänen Geschäftsteile mit einem Umsatzvolumen von 1,6 Mrd EUR im Bereich industrieller Heizkessel sowie seine Verkehrsaktivitäten in Australien und Neuseeland und den Bau von Lokomotiven für den Gütertransport in Spanien abgeben.
Insgesamt soll Alstom um weitere 10% verkleinert werden, zusätzlich zu den bereits abgetrennten 20%. Darüber hinaus darf Alstom in den kommenden vier Jahren keine Geschäftsteile im Verkehrsbereich erwerben. Monti will damit verhindern, dass der Konzern durch die staatlichen Beihilfen einen unfairen Vorteil erhält. All diese Vereinbarungen sollen nicht mehr verändert werden, wie es in den Kreisen hieß. +++ Dirk Müller-Thederan
Dow Jones Newswires/21.6.2004/dmt/rio