News - 05.02.08 23:26
TUI treibt mit Singapur Reederei-Fusion voran
TUI und die Staatsholding Temasek aus Singapur treiben Informationen der Financial Times zufolge Gespräche über eine Zusammenlegung ihrer Reedereien voran. Eine Fusion der TUI-Tochter Hapag-Lloyd mit Temaseks Neptune Orient Lines (NOL) erbrächte eine Containerreederei, die zu den vier Weltmarktführern aufschließt.
Ein erfolgreicher Abschluss wäre ein Coup für TUI -Chef Michael Frenzel - und dürfte dennoch Forderungen nach einer Zerschlagung seines Konzerns mehren. Frenzel setzt auf die Säulen Touristik und Schifffahrt, um sich gegen die jeweiligen Branchenzyklen zu wappnen. Investoren beklagen jedoch, das Konzept bringe nicht genügend Rendite. Aus dem Umfeld der Gespräche hieß es, wenn TUI auch in der Containerschifffahrt zur Weltspitze aufstiege, könnten die TUI-Aktionäre entscheiden, ob man die derzeitige Strategie fortführen wolle - oder den Konzern zerschlagen möchte.
Zu den Szenarien, die derzeit mit Temasek besprochen werden, gehört, dass die staatliche Investmentagentur ihre 68-Prozent-Beteiligung an NOL bei Hapag-Lloyd einbringt und im Gegenzug TUI-Aktien erhält. Ausgehend von den derzeitigen Bewertungen würde Temasek dann über 20 Prozent an TUI halten.
Eine andere Möglichkeit wäre, dass TUI und Temasek ihre Schifffahrtsaktivitäten in einem Gemeinschaftsunternehmen bündeln. Ähnlich ist TUI vergangenes Jahr vorgegangen, als der Konzern seine Reisesparte mit First Choice Travel aus Großbritannien zu TUI Travel verschmolz. TUI hält 51 Prozent der Anteile an TUI Travel. Seit der Zusammenlegung gibt es immer wieder Spekulationen, dass Frenzel aus dem Touristikgeschäft aussteigen will.
Die Gespräche zwischen TUI und Temasek über Hapag-Lloyd-NOL stünden noch ganz am Anfang, betonten Insider. Bis März dürften jedoch wichtige Hürden genommen sein, hieß es weiter. Ein TUI-Sprecher sagte am Dienstag hingegen: "Es finden keine Verhandlungen statt." Dies hatte das Unternehmen bereits vor einem Monat mitgeteilt, als erstmals in Medien über mögliche Gespräche zwischen den Unternehmen berichtet wurde. Ein NOL-Sprecher sagte, Gerüchte kommentiere er nicht.
Aus dem Umfeld von TUI hieß es, eine Aufspaltung würde wahrscheinlich einige Zeit dauern. Wichtige Aktionäre seien sich nicht einig, ob TUI so aufgestellt bleiben soll wie jetzt - oder ob sich der Konzern ausschließlich auf die Containerschifffahrt konzentrieren solle. Auch wenn es zu einer Einigung mit Temasek kommt, dürften die kritischen Stimmen nicht verstummen. Institutionelle Anleger werden höchstwahrscheinlich hinterfragen, warum zwei so große Anbieter unter dem Dach einer Holding gebündelt sein müssen.
Zu den Aktionären, die Frenzels Kurs unterstützen, zählen einflussreiche Hotelbetreiber aus verschiedenen Mittelmeerländern sowie der russische Stahlbaron Alexej Mordaschow. Dieser will ins russische Tourismusgeschäft einsteigen.
Frenzel führt TUI mittlerweile seit 14 Jahren. Seit 2004 arbeitet er daran, das Containergeschäft von Hapag-Lloyd auszubauen. 2005 kaufte er für 1,7 Mrd. $ die kanadische Reederei CP Ships. Vor drei Jahren schon gaben jedoch sowohl die Frachtraten nach als auch das Buchungsvolumen im Reisegeschäft nach. TUI machte Verlust und wurde von Aktionären für die zweigleisige Strategie gescholten.
Vom Ausgang der Verhandlungen hängt letztlich auch die Zukunft der zweigleisigen Strategie des Unternehmens ab. Tauscht Temasek seine NOL-Aktien gegen eine Beteiligung an TUI, wären die Singapurer auf einen Schlag größter Aktionär des Reisekonzerns und hätten ein gewichtiges Wort mitzureden bei der künftigen Ausrichtung von TUI.
Als Chef der neuen Containerreederei sieht Frenzel angeblich NOL-Chef Thomas Held. Der Deutsche hat früher den Logistikkonzern Schenker geführt. Verkompliziert wird die Angelegenheit durch Frenzels Vorhaben, die TUI-Zentrale in Hannover mit Hapag-Lloyd in Hamburg zusammenzulegen. Damit sollen Kosten gespart werden. Beobachter halten dies für einen Schritt in Richtung Ausstieg aus dem Reisegeschäft.
Von Gerrit Wiesmann (Frankfurt)
Quelle: Financial Times Deutschland
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