Nicolas Fuchs
Nicolas Fuchs
Der bayerische Verteidigungstechnologieanbieter Hensoldt AG hat seine Halbjahreszahlen für 2025 vorgelegt und verzeichnet in einem geopolitisch angespannten Umfeld ein robustes Wachstum. Die Umsatzerlöse stiegen im ersten Halbjahr um 11 % auf 944 Mio. Euro (Vorjahreszeitraum: 850 Mio. Euro). Haupttreiber war das Optroniksegment, das die schwächere Entwicklung in der Sensorensparte ausgleichen konnte. Auch der Auftragsbestand wuchs deutlich: Mit einem Plus von über 500 Mio. Euro summiert sich dieser nun auf 7,07 Mrd. Euro (H1 2024: 6,55 Mrd. Euro).
Insbesondere die hohe Nachfrage nach TRML-4D-Radaren, die u. a. zur Flugabwehr in der Ukraine eingesetzt werden, sowie dem Mk1-Radar für den Eurofighter, stützte das Neugeschäft. Der Auftragseingang belief sich in den ersten sechs Monaten auf 1,41 Mrd. Euro, ein leichter Zuwachs im Vergleich zu den 1,36 Mrd. Euro des Vorjahres.
Das bereinigte operative Ergebnis (EBITDA) erhöhte sich trotz gestiegener Umsätze nur moderat um 4 % auf 107 Mio. Euro. Eine Belastung ging dabei vom Aufbau eines neuen Logistikzentrums in der Sensorsparte aus, was temporär die Effizienz drückte. Entsprechend sank die bereinigte EBITDA-Marge im Halbjahr auf 11,3 %, nach 12,2 % im Vorjahreszeitraum.
Trotz dieser leichten Margeneinbußen bestätigt Hensoldt seine Jahresziele 2025:
Umsatz: 2,5 bis 2,6 Mrd. Euro
Bereinigte EBITDA-Marge: 18 %
Die positiven Geschäftszahlen sind stark durch die aktuellen politischen Rahmenbedingungen getrieben. Die Bundesregierung hat mit dem 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr einen Paradigmenwechsel eingeleitet. Künftig sollen Rüstungsausgaben weitgehend von der Schuldenbremse ausgenommen werden. Vorstandschef Oliver Dörre äußerte sich entsprechend optimistisch: „Wir gehen nun davon aus, dass sich dieser politische Wille zunehmend in konkreten Aufträgen niederschlagen wird.“
Im europäischen Kontext wächst der Verteidigungsetat in nahezu allen NATO-Staaten. Dies derzeit auch aufgrund des anhaltenden Ukraine-Konflikts und neuer Spannungen im Nahen Osten. Viele Länder planen, das 2 %-Ziel der NATO nicht nur zu erreichen, sondern mittelfristig zu übertreffen.
Die Aktien von Hensoldt legten seit Jahresbeginn bis kurz vor die Bekanntgabe der Halbjahreszahlen um über 170 % zu. Dennoch sorgte eine Äußerung von US-Präsident Donald Trump zuletzt für eine spürbare Korrektur: Die Aussicht, dass europäische Staaten künftig „in großen Mengen“ US-Rüstungsgüter erwerben könnten, führte zu Kursverlusten von bis zu 6 % bei Hensoldt, 7,5 % bei Renk und über 4 % bei Rheinmetall.
Branchenanalysten wie Stefan Maichl (LBBW) werten dies als Gewinnmitnahmen in einem ohnehin stark gelaufenen Marktumfeld. Die Aussagen Trumps seien vage, konkrete Konsequenzen für deutsche Hersteller wie Hensoldt nicht abzuleiten. Auch die Analystenbewertungen blieben stabil: Laut Bloomberg gab es keine Herabstufungen durch Banken oder Research-Häuser.
Im Gegenteil: Experten wie Holger Schmidt (DZ Bank) erwarten angesichts der angespannten geopolitischen Lage und der neu definierten NATO-Ziele einen jahrelangen Aufwärtstrend bei den Verteidigungsausgaben in Europa. Die strukturelle Nachfrage nach Radarsystemen, Optronik, Sensorik und Kommunikationslösungen werde weiterhin hoch bleiben.
Hensoldts europäische Mitbewerber bestätigen den Branchentrend:
Saab AB (Schweden) verzeichnete im letzten Quartal ein zweistelliges Umsatzwachstum.
BAE Systems (UK) profitierte ebenfalls von neuen Aufträgen im Bereich Luftabwehr und Kampfflugzeugtechnik.
Auch in Deutschland orientieren sich zunehmend Unternehmen aus anderen Sektoren Richtung Verteidigung:
Der traditionsreiche Maschinenbauer Heidelberger Druckmaschinen verkündete jüngst eine strategische Partnerschaft mit Vincorion, einem Spezialisten für Wehrtechnik. Ziel der Kooperation ist die Entwicklung von Stromverteilungssystemen für Anwendungen wie den Eurofighter. Die Aktie reagierte mit einem Anstieg um 11 % und erreichte damit den höchsten Stand seit Mai 2023.
Weitere Neueinsteiger und Umsteiger:
Deutz AG, Motorenspezialist aus Köln, prüft ebenfalls Einstiegsmöglichkeiten in das militärische Geschäftsumfeld – die Aktie legte 2025 bislang um 90 % zu.
Schaeffler, bislang stark im Automotive-Sektor verankert, sondiert ebenfalls Verteidigungsprojekte.
Fachkräfte werden u. a. von Bosch und Continental abgeworben, um den personellen Bedarf im Rüstungsbereich zu decken.
Trotz der robusten Zahlen bleibt die Bewertung von Hensoldt aus Analystensicht hoch. Von den 14 beobachtenden Banken raten laut Bloomberg nur 5 zum Kauf der Aktie – ein Ausdruck der bereits stark gestiegenen Kurse. Zum Vergleich: Bei Rheinmetall sprechen sich 18 von 22 Analysten für einen Kauf aus.
Die anhaltenden geopolitischen Risiken, steigenden Budgets und technologischen Anforderungen machen Hensoldt jedoch weiterhin zu einem strategisch wichtigen Anbieter im europäischen Verteidigungskomplex, insbesondere im Bereich hochpräziser Sensorik und Radar.
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