Die britische HSBC spricht in ihrer jüngsten Analyse von einer „Bullenwelle", die Gold bis Mitte 2026 auf 5.000 US-Dollar treiben könne. Wirtschaftliche Unsicherheit, geopolitische Konflikte und steigende Staatsverschuldung seien der Treibstoff einer Bewegung, die weit über die typischen Zyklen hinausreiche. Besonders bemerkenswert: Laut HSBC treten immer mehr neue Marktteilnehmer auf - darunter institutionelle Investoren, Staatsfonds und Privatanleger, die Gold nicht aus spekulativen Gründen kaufen, sondern als strategische Absicherung gegen politische Instabilität und Währungsrisiken.
Auch die Schweizer UBS sieht den Höhepunkt noch nicht erreicht. Ihr Stratege Sagar Khandelwal erwartet bis Frühjahr 2026 einen Preis von 4.700 US-Dollar. Gold sei, so Khandelwal, ein „zentraler Baustein einer widerstandsfähigen Anlagestrategie" in einem Umfeld, in dem Zinsen real ins Negative rutschen könnten. Die Kombination aus sinkenden Leitzinsen, hartnäckiger Inflation und einem schwächeren US-Dollar werde Kapital in Gold umleiten. Bereits im September verzeichneten Gold-ETFs laut World Gold Council Zuflüsse von 17 Milliarden US-Dollar - der höchste Wert seit Beginn der Erhebungen.
Die Kauflaune der Zentralbanken gilt als entscheidender Faktor. Nach Berechnungen von Goldman Sachs dürften sie 2025 rund 80 Tonnen Gold pro Monat erwerben, 2026 immerhin noch 70 Tonnen. Vor allem Schwellenländer wie China, Indien und Brasilien diversifizieren ihre Reserven weg vom US-Dollar. Goldman Sachs sieht deshalb bis Mitte 2026 einen Preis von 4.900 US-Dollar. Analystin Lina Thomas betont: „Schon kleine Kapitalströme können den Markt stark bewegen - die Angebotsseite ist schlicht zu begrenzt."
Auch Morgan Stanley hebt seine Prognose an und sieht Gold bis Ende 2026 bei 4.400 US-Dollar. Laut Rohstoffstrategin Amy Gower sei Gold heute „ein Barometer für alles - von Geldpolitik bis Geopolitik". Erstmals seit fast drei Jahrzehnten halten die weltweiten Zentralbanken mehr Gold als US-Staatsanleihen. Das ist mehr als nur ein Symbol: Es zeigt den schwindenden Glauben an die Stabilität der westlichen Schuldenpolitik.
Während sich viele Anleger weiterhin auf physisches Gold konzentrieren, richtet sich der Blick institutioneller Investoren zunehmend auf die Produzenten selbst. Laut Marktbeobachtern wie Otavio (Tavi) Costa, Chefstratege bei Crescat Capital, erleben Goldminen derzeit einige der besten Gewinnmargen ihrer Geschichte. Der entscheidende Faktor: Der Goldpreis ist in den letzten Jahren weit stärker gestiegen als die Förderkosten.
Die aktuelle Analyse von Crescat Capital zeigt, dass die durchschnittlichen Gesamtkosten (All In Sustaining Costs) der größten nordamerikanischen Goldproduzenten zuletzt bei rund 1.530 US-Dollar pro Unze lagen, während der Goldpreis auf etwa 3.500 US-Dollar kletterte. Diese wachsende Produktionsmarge sorgt für Rekordgewinne und steigende Cashflows – ein Umfeld, das Costa als potenziellen Wendepunkt bezeichnet. „Viele Minengesellschaften werden noch immer gehandelt, als läge der Goldpreis bei 2.000 Dollar“, erklärt er.
Diese Diskrepanz könnte bedeuten, dass der Markt den tatsächlichen Wert der Produzenten bislang unterschätzt. Banken wie UBS und JP Morgan teilen diese Einschätzung: Sie sehen Minenaktien als überproportionale Gewinner eines anhaltenden Goldbullenmarkts. Nach Jahren des Schuldenabbaus und stabiler Produktionskosten könnten die kommenden Quartale für die Branche zur Bewährungsprobe und zugleich zur großen Chance werden.
Heliostar Metals zeigt eindrucksvoll, wie stark kleine Produzenten vom hohen Goldpreis profitieren können. Im neuen technischen Bericht zur La-Colorada-Mine stieg der Netto-Barwert nach Steuern um 155 Prozent auf 66,2 Millionen US-Dollar, während die Investitionskosten um 17 Prozent sanken. Besonders deutlich wird der Hebeleffekt beim Vergleich der Szenarien: Bei einem Goldpreis von 2.300 US-Dollar je Unze erzielt das Projekt eine Rendite von 24,4 Prozent, bei 3.500 US-Dollar steigt sie auf 168 Prozent. CEO Charles Funk spricht von einem „kapitalstarken und margenstarken Betrieb“, der selbst unter vorsichtigen Annahmen profitabel bleibt. Mit geplanten 46.000 Goldäquivalent-Unzen jährlich und Gesamtkosten von 1.626 US-Dollar je Unze gehört La Colorada zu jenen Projekten, die in einem anhaltenden Goldbullenmarkt überproportional profitieren dürften.
JP Morgan erwartet bis Ende 2026 einen Goldpreis von 5.055 US-Dollar. Für Rohstoffstrategin Natasha Kaneva bleibt Gold „die Anlage mit der höchsten Überzeugung“. Immer mehr Investoren reduzieren US-Staatsanleihen und setzen stattdessen auf Gold, ein stiller Vertrauensentzug gegenüber dem Dollar.
Wie Bloomberg Analyst Mike McGlone berichtet, haben die weltweiten Gold ETFs mit 92,7 Millionen Unzen im August 2025 ein Zwei Jahres Hoch erreicht. Damit wurde die Marke von 92 Millionen Unzen erstmals seit 2020 wieder überschritten. Während der damalige Anstieg durch eine Phase hoher Marktpanik und steigender Volatilität ausgelöst wurde, geschieht der aktuelle Anstieg in einem deutlich ruhigeren Umfeld. McGlone stellt in seiner Analyse die Frage, ob Gold ETFs möglicherweise einen Anstieg des VIX, also des Volatilitätsindex, vorwegnehmen. Der VIX gilt als „Angstbarometer“ der Märkte. Steigt er, signalisiert das wachsende Unsicherheit und Risikoaversion an den Finanzmärkten. Dass Goldkäufe schon zulegen, bevor der VIX steigt, deutet darauf hin, dass Investoren frühzeitig Schutz suchen, noch bevor sich Nervosität in den Aktienmärkten zeigt.
Laut UBS könnte die weltweite Goldnachfrage 2025 auf 4.850 Tonnen steigen, den höchsten Stand seit 2011. Trotz möglicher Schwankungen zeigt sich damit ein klarer Trend. Gold wird zunehmend als strategisches Wertaufbewahrungsmittel gesehen, jenseits von Währungen und politischen Risiken.
Ob Gold in den kommenden Jahren tatsächlich zur neuen Leitwährung einer multipolaren Welt avanciert, bleibt offen. Doch eines zeichnet sich ab: Das Edelmetall hat seine alte Rolle als Relikt der Vergangenheit hinter sich gelassen und ist zum strategischen Vermögenswert einer neuen Ära geworden. Vielleicht steht die Welt am Beginn einer langsamen, aber nachhaltigen Verschiebung, weg von Vertrauen in Institutionen, hin zu Vertrauen in Substanz.
Hinweis: ARIVA.DE veröffentlicht in dieser Rubrik Analysen, Kolumnen und Nachrichten aus verschiedenen Quellen. Die ARIVA.DE AG ist nicht verantwortlich für Inhalte, die erkennbar von Dritten in den „News“-Bereich dieser Webseite eingestellt worden sind, und macht sich diese nicht zu Eigen. Diese Inhalte sind insbesondere durch eine entsprechende „von“-Kennzeichnung unterhalb der Artikelüberschrift und/oder durch den Link „Um den vollständigen Artikel zu lesen, klicken Sie bitte hier.“ erkennbar; verantwortlich für diese Inhalte ist allein der genannte Dritte.