Daimler Truck ist ein führender Hersteller von Nutzfahrzeugen, der sich seit 2021 als eigenständiges Unternehmen auf nachhaltige Antriebe wie Elektro- und Wasserstofftechnologie konzentriert.
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Sven Wagner Sven Wagner
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Sven ist seit 2012 Redakteur bei ARIVA.DE. Sein weitreichendes Interesse an Kryptowährung und dem Finanzmarkt helfen ihm dabei, die aktuellsten Themen zu recherchieren und für die Community aufzubereiten.

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Daimler Truck und Volvo gründen Coretura: Gemeinsame Softwareplattform soll neuen Industriestandard setzen

Daimler Truck und die Volvo Group bündeln ihre Kräfte für die Entwicklung einer softwaredefinierten Fahrzeugarchitektur im Joint Venture Coretura. Die Kooperation zielt auf die Schaffung eines industriellen Standards für die nächste Generation vernetzter und autonomer Lkw.
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Gemeinsame Softwareplattform für die Lkw-Zukunft

Die Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck und Volvo Group haben mit der Gründung des Joint Ventures Coretura einen bedeutenden Schritt in Richtung digitalisierter und standardisierter Lkw-Architekturen gemacht. Die Anfang Juni 2025 offiziell gegründete Gesellschaft mit Sitz in Göteborg verfolgt ein klares Ziel: die Entwicklung einer gemeinsamen, softwaredefinierten Fahrzeugplattform einschließlich eines zentralen Lkw-Betriebssystems. Damit setzen die beiden größten westlichen Hersteller von schweren Nutzfahrzeugen auf einen kooperativen Technologieansatz, der Effizienzgewinne, Skaleneffekte und verkürzte Entwicklungszyklen ermöglichen soll – ohne dabei ihre Marktunabhängigkeit aufzugeben.

 

Strategische Fokussierung auf Softwareentwicklung

Karin Rådström, CEO von Daimler (Daimler Aktie) Truck, betonte anlässlich des Starts, dass sich die Branche in einer kapitalintensiven Transformationsphase befinde. Investitionen in Elektrifizierung, Digitalisierung und Automatisierung seien unerlässlich, um die zukünftigen Anforderungen an nachhaltige Mobilität und betriebliche Effizienz zu erfüllen. Coretura soll in diesem Kontext das digitale Rückgrat bilden – als „Herz und Gehirn“ künftiger Lkw-Plattformen. Auch Volvo-CEO Martin Lundstedt unterstrich das strategische Potenzial der Kooperation: Es gehe nicht nur um den Technologiefortschritt, sondern auch um die Definition eines neuen, gemeinsamen Standards für intelligente Nutzfahrzeuge.

Der symbolträchtige Name Coretura leitet sich aus dem englischen „core“ (Kern) und dem lateinischen „ventura“ (Zukunft) ab – eine bewusste Kombination, die den Anspruch formuliert, das Fundament kommender Lkw-Generationen zu definieren.

 

Klare Trennung trotz Kooperation

Beide Konzerne betonen, dass sie trotz der Zusammenarbeit eigenständige Wettbewerber bleiben. Das bedeutet konkret: Die jeweils angebotenen Produkte und Services – einschließlich digitaler Lösungen – sollen unabhängig voneinander entwickelt und vermarktet werden. Die Kooperation bezieht sich ausschließlich auf nicht-differenzierende, technische Basisarchitekturen. Dadurch sollen Doppelentwicklungen vermieden und kostspielige Fehler verhindert werden, wie sie in der Vergangenheit etwa bei den deutschen Pkw-Herstellern auftraten.

 

Lehren aus der Pkw-Industrie

Die Beispiele der Software-Initiativen von Volkswagen (Cariad), BMW und Mercedes-Benz zeigen, wie herausfordernd die eigenständige Entwicklung komplexer Softwareplattformen sein kann. Die Projekte verschlangen Milliardenbeträge, verliefen teilweise unkoordiniert und führten zu Verzögerungen, Kostenexplosionen und Entlassungen. Coretura will einen alternativen Weg beschreiten – mit einem bewusst klein gehaltenen Startteam von 50 Spezialisten, agilen Strukturen und partnerschaftlicher Entwicklung.

Laut Coretura-CEO Johan Lunden, früher bei Volvo verantwortlich für Produktplanung und strategisches Projektmanagement, soll das Unternehmen zunächst schrittweise Softwarekomponenten selbst entwickeln und gleichzeitig als technischer Berater für die Mutterkonzerne fungieren. Dabei stehen insbesondere Hochleistungsrechner, zentrale Steuergeräte und modulare Software-Stacks im Fokus.

 

Investitionen in dreistelliger Millionenhöhe

Für die Entwicklung der Plattform rechnen Daimler Truck und Volvo mit Investitionen im Bereich von mehreren Hundert Millionen Euro über die kommenden Jahre. Erste serienreife Anwendungen könnten ab 2027 in neue Fahrzeugplattformen einfließen, wobei der Großteil der neuen Modellgenerationen erst zum Ende des Jahrzehnts vollständig von der Coretura-Technologie profitieren dürfte.

Das Unternehmen soll sukzessive auf mehrere Hundert Mitarbeiter anwachsen. Neben CEO Lunden setzt sich das Führungsteam aus drei weiteren erfahrenen Fachkräften zusammen, die jeweils langjährige Erfahrung bei Daimler Truck und Volvo mitbringen.

 

Keine reine Einkaufsgesellschaft

Coretura versteht sich nicht als Einkaufskonsortium zur gemeinsamen Beschaffung von Hardware bei Herstellern wie Nvidia, Qualcomm oder Infineon, sondern als eigenständige Entwicklungseinheit mit wachsender technischer Kompetenz. Es geht nicht nur um Kostensenkung, sondern auch um langfristige technologische Unabhängigkeit und die Fähigkeit, schneller auf Marktveränderungen und regulatorische Anforderungen zu reagieren.

Lunden betont: „Das Extrem, alles selbst zu machen, kommt für uns nicht infrage.“ Man wolle aber auch kein „Briefkastenunternehmen“ sein, das lediglich Beschaffungsprozesse bündelt. Vielmehr gehe es um eine tiefgreifende Integration technologischer Kompetenz.

 


Parallelprojekt in Asien: Fusion von Fuso und Hino

Parallel zum europäischen Joint Venture treibt Daimler Truck seine strategische Neuausrichtung auch in Asien voran. Gemeinsam mit Toyota wurde die Fusion der japanischen Nutzfahrzeugtöchter Mitsubishi Fuso und Hino Motors auf den Weg gebracht. Beide Konzerne werden künftig jeweils 25 Prozent an einer neuen, börsennotierten Holdinggesellschaft halten. Der operative Start ist für April 2026 geplant, die Börsennotierung erfolgt in Tokio.

Geführt wird die neue Einheit von Karl Deppen, derzeit Asienchef bei Daimler Truck. Das Gemeinschaftsunternehmen wird mit rund 40.000 Beschäftigten einer der führenden Player auf dem asiatischen Lkw-Markt. Auch hier lautet das Ziel: Synergien nutzen, technologische Entwicklungen beschleunigen und gemeinsam zur Dekarbonisierung des Straßengüterverkehrs beitragen.

Die Fusion markiert zugleich das faktische Ende der sogenannten „Welt AG“, die Daimler Ende der 1990er-Jahre unter CEO Jürgen Schrempp mit Partnern wie Chrysler und Mitsubishi (Mitsubishi Aktie) initiiert hatte. Mit dem Rückzug aus der Mehrheit an Mitsubishi Fuso gibt Daimler Truck die letzte operative Verbindung zur damaligen Globalstrategie auf – und setzt stattdessen auf pragmatische Allianzen auf Augenhöhe.

 


Fazit

Mit Coretura und der Fusion von Fuso und Hino verfolgt Daimler Truck eine klare Strategie: internationale Kooperationen, technische Standardisierung und langfristige Kostenkontrolle. Die Trennung zwischen Kernkompetenzen und standardisierbaren Technologien steht dabei ebenso im Vordergrund wie die Vermeidung von Fehlern, die andere Branchenakteure bereits teuer zu stehen kamen.

Die nächsten Jahre werden zeigen, ob sich dieser kooperative Ansatz in der hochdynamischen Nutzfahrzeugbranche durchsetzt – und ob Coretura tatsächlich zum „Industriestandard“ avanciert, wie es sich die Partner wünschen.


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