Die extremen Temperaturen in Südeuropa und die damit verbundenen Herausforderungen führen zu einem Wandel im Reiseverhalten vieler Europäer. Der Trend geht hin zu „Coolcations“ - Reisen in kühlere, nordeuropäische Länder, um der Sommerhitze zu entkommen. Besonders Babyboomer (zwischen 1946 und 1964 geboren) und junge Erstreisende (18 bis 35 Jahre) treiben diesen Trend voran.
James Thornton, CEO von Intrepid Travel, beobachtet seit 2024 eine Verschiebung: Statt im Juli und August die heißen Mittelmeerregionen wie Italien, Griechenland oder Spanien anzusteuern, entscheiden sich viele für Island, Estland und skandinavische Länder. Intrepid Travel verzeichnete in diesen Regionen einen Buchungsanstieg von 50 % im Sommer. Gleichzeitig sanken die Sommerbuchungen für Südeuropa um 15 %.
Mehrere Faktoren begünstigen die Verlagerung von Sommerurlauben in den Norden. Neben der Hitzebelastung spielen auch Überfüllung und gestiegene Kosten eine Rolle. Die „Coolcation“-Ziele bieten nicht nur angenehmeres Wetter, sondern auch Raum für Naturerlebnisse und Outdoor-Abenteuer.
Schweden und Estland, traditionelle Sommerreiseziele für Aktivurlauber, profitieren vom Trend. Laut Anneli Lepp, Direktorin des estnischen Fremdenverkehrsamtes, wird der wachsende Wunsch nach kühleren Reisezielen als langfristige Entwicklung gesehen. Nicht die klassischen Strandurlauber kommen, sondern Reisende, die Aktivität und Natur suchen.
Der deutsche Reiseveranstalter TUI sieht sich in diesem Sommer mit rückläufigen Buchungen konfrontiert. Die Verschiebung der Osterferien in den April führte dazu, dass viele Sommerbuchungen später erfolgten. Trotzdem verzeichnet TUI für die Hauptsaison einen Buchungsrückgang von einem Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Gleichzeitig sind die Durchschnittspreise um vier Prozent gestiegen.
Die Börse reagierte negativ: Die TUI-Aktie fiel nach Bekanntgabe der Zahlen um über zehn Prozent. Analysten sehen insbesondere die Schwäche auf dem deutschen Markt als problematisch. Finanzvorstand Matthias Kiep verwies auf die allgemeine wirtschaftliche Unsicherheit, die besonders den deutschen Markt belastet.
Nicht nur in Europa, sondern auch auf der transatlantischen Strecke gibt es Herausforderungen. Nach einem Rückgang im März 2025 erholte sich der Flugverkehr aus Europa in die USA im April leicht. Dennoch bleiben die Sommeraussichten gedämpft. Für die Lufthansa-Gruppe beispielsweise deutet sich eine mögliche Angebotsanpassung an, sollten kurzfristige Buchungen ausbleiben.
Besonders München verzeichnete bei den Flugbuchungen aus den USA ein Minus von 24 %, Amsterdam folgte mit 22 %. Nur Lissabon konnte ein leichtes Plus von sieben Prozent verbuchen. Auch die politische Lage in den USA unter Präsident Trump wirkt sich offenbar negativ auf die Buchungszahlen aus.
Der Coolcation-Trend könnte sich langfristig etablieren, besonders wenn die Sommerhitze durch den Klimawandel weiter zunimmt. Jenny Southan, CEO von Globetrender, geht davon aus, dass sich die Reiseströme dauerhaft verändern werden. Während Mittelmeerregionen in den Frühling und Herbst ausweichen, könnten Nordeuropa und die baltischen Staaten ihre touristische Bedeutung im Sommer weiter ausbauen.
Ökonomisch betrachtet könnte dies sogar von Vorteil sein: Eine Entzerrung der Reisesaison würde die Infrastruktur schonen und eine gleichmäßigere Auslastung über das Jahr ermöglichen. Besonders für Regionen wie Schweden und Estland bietet der Trend die Chance, sich als attraktive Sommerziele zu etablieren.
Um nicht nur vom klassischen Mittelmeerurlaub abhängig zu sein, setzt TUI auf eine Diversifizierung seiner Angebote. Der Fokus auf Asien und Mitteleuropa soll neue Einnahmequellen erschließen. CEO Sebastian Ebel erwartet jedoch, dass es etwa drei Jahre dauern könnte, bis diese Strategie greift.
Für die kommenden Sommer plant TUI, auf kurzfristige Buchungsimpulse zu reagieren und gegebenenfalls das Angebot anzupassen. Trotz der aktuellen Herausforderungen hält das Unternehmen an seiner Prognose für das Geschäftsjahr 2025 fest, die ein Umsatzplus von fünf bis zehn Prozent vorsieht.
Hinweis: ARIVA.DE veröffentlicht in dieser Rubrik Analysen, Kolumnen und Nachrichten aus verschiedenen Quellen. Die ARIVA.DE AG ist nicht verantwortlich für Inhalte, die erkennbar von Dritten in den „News“-Bereich dieser Webseite eingestellt worden sind, und macht sich diese nicht zu Eigen. Diese Inhalte sind insbesondere durch eine entsprechende „von“-Kennzeichnung unterhalb der Artikelüberschrift und/oder durch den Link „Um den vollständigen Artikel zu lesen, klicken Sie bitte hier.“ erkennbar; verantwortlich für diese Inhalte ist allein der genannte Dritte.