BYD Seal vor Kulisse
Quelle: - ©iStock
Google
Nicolas Fuchs Nicolas Fuchs
Nicolas Fuchs Nicolas Fuchs
Nicolas ist seit 2016 Redakteur bei ARIVA.DE. Seine Expertise in der technischen Analyse und sein Engagement für genaue Prognosen machen ihn zu einer wertvollen Ressource für die Community, die auf aussagekräftige News angewiesen ist.

 | 
aufrufe Aufrufe: 3333

BYD und Tesla unter Druck: Überproduktion, Preisverfall und Auslandsexpansion prägen den Kurs der Weltmarktführer

BYD kämpft mit Überproduktion und Absatzproblemen in China, während Tesla in Europa Marktanteile verliert. Der Preisdruck im globalen E-Auto-Markt nimmt zu.
play Anhören
share Teilen
feedback Feedback
copy Kopieren
newsletter
font_big Schrift vergrößern
BYD Co Ltd 10,865 € BYD Co Ltd Chart +0,18%
Zugehörige Wertpapiere:
Tesla Inc 454,71 $ Tesla Inc Chart +0,04%
Zugehörige Wertpapiere:
Toyota Motor Corp. 16,90 € Toyota Motor Corp. Chart -1,66%
Zugehörige Wertpapiere:

BYD in der Absatzkrise: Zwischen Überproduktion, Preisdruck und globaler Expansion

Starke Produktion, schwache Nachfrage

Der chinesische E-Auto-Konzern BYD, weltgrößter Hersteller batteriebetriebener Fahrzeuge, verzeichnet aktuell eine spürbare Absatzschwäche, insbesondere im Heimatmarkt China. Wie exklusive Daten des japanischen Marktforschungsdienstes Marklines zeigen, produziert BYD deutlich mehr Fahrzeuge, als abgesetzt werden. Im Mai 2025 liefen 318.530 Fahrzeuge vom Band – ein Rückgang von 2,6 % im Vergleich zum Vorjahresmonat. Der Absatz konnte da nicht Schritt halten. Ende Mai belief sich der Lagerbestand auf durchschnittlich 3,21 Monate – ein branchenweiter Höchstwert laut dem chinesischen Händlerverband CADA.

Noch im Februar und Mai hatte BYD seine Produktion drosseln müssen. Zwar erfolgte im Juni eine leichte Erhöhung um rund 1 % gegenüber dem Vorjahresmonat, doch die strukturellen Herausforderungen bleiben. Seit Jahresbeginn summiert sich der Bestand unverkaufter Fahrzeuge auf über 340.000 – mehr als im gesamten Vorjahr.

Gedämpftes Wachstum trotz boomendem Markt

Diese Zahlen wiegen umso schwerer, als der chinesische Gesamtmarkt für Elektrofahrzeuge im ersten Quartal 2025 um über 45 % gewachsen ist. BYD selbst erreichte im selben Zeitraum lediglich ein Wachstum von 5,5 %. Während andere Anbieter wie Xpeng (+300 %), Geely (+160 %) und Chery (+115 %) zweistellige oder gar dreistellige Wachstumsraten verzeichneten, verliert der Marktführer zunehmend an Dynamik. Xiaomi etwa erreichte mit seinem neuen SUV YU7 binnen einer Stunde 289.000 Vorbestellungen – ein massiver Achtungserfolg.

Preiskampf als zweischneidiges Schwert

Um seine Marktanteile zu sichern, setzt BYD auf aggressive Preisstrategien. Das Einstiegsmodell „Möwe“ wird aktuell in China für umgerechnet etwa 6.800 Euro angeboten. Die drastischen Rabatte stoßen in der Branche auf Kritik. Chery-CEO Yin Tongyue sprach unlängst davon, dies gleiche dem „Trinken von Gift, um den Durst zu stillen“. Great-Wall-Gründer Wei Jianjun ging sogar noch weiter: Er verglich BYD mit dem gescheiterten Immobiliengiganten Evergrande, was ein deutlicher Warnruf hinsichtlich möglicher struktureller Risiken ist.

Auch CATL, größter Batteriehersteller der Welt und wichtiger Zulieferer von BYD, sieht die Entwicklung kritisch. Produktionschef Ni Jun warnte vor den langfristigen Folgen eines ruinösen Wettbewerbs: „Ohne regulatorische Eingriffe wird keiner seiner Konkurrenten überleben.

BYD forciert internationale Expansion
 

Flucht nach vorn: Exporte statt Lagerhaltung

Angesichts der Absatzschwäche im Inland verstärkt BYD die Exporte. Bis 2025 sollen über 800.000 Fahrzeuge ins Ausland verkauft werden, kündigte Gründer Wang Chuanfu an. Kernstück dieser Strategie ist die hauseigene Frachterflotte: Sechs eigene Schiffe sind bereits im Einsatz. Allein das Schiff „BYD Xi’an“ transportiert aktuell 7.000 Fahrzeuge nach Großbritannien, Spanien, Italien und Belgien. Über 70.000 Fahrzeuge hat der Konzern bereits mit eigenen Transportmitteln exportiert.

Diese vertikal integrierte Lieferkette – von Batterieproduktion über Fahrzeugbau bis zur Distribution per Schiff – verschafft BYD enorme Kostenvorteile, setzt die Konkurrenz aber weiter unter Druck.

Umstrittene Exportmethoden

Neben dieser Logistikoffensive setzt BYD auch auf rechtlich zweifelhafte Maßnahmen. Durch eine kurzfristige Registrierung der Fahrzeuge in China als sogenannte „Ling Gongli Che“ (Null-Kilometer-Autos) gelten Neuwagen formal als Gebrauchtfahrzeuge. Das ermöglicht eine Umgehung von Importzöllen in bestimmten Märkten. Laut Reuters unterstützen über 20 Lokalregierungen in China diese Praxis durch Steuererleichterungen, Sonderlizenzen und Hafenzugänge.

Die staatliche Zeitung Volkszeitung kritisierte dieses Vorgehen scharf und sprach von einer „verschleierten Form der Preissenkung“. Auch das Industrieministerium reagierte mit neuen Forderungen nach faireren Zahlungsbedingungen gegenüber Zulieferern – ein klarer Wink in Richtung BYD, das in der Vergangenheit durch schleppende Zahlungen aufgefallen ist.

BYDs internationale Märkte: Durchwachsene Bilanz

 

Europa im Fokus – mit Startproblemen in Deutschland

Europa ist für BYD zum wichtigsten Auslandsmarkt avanciert – nicht zuletzt, da die USA durch Zölle faktisch wegfallen. In Großbritannien konnte BYD im ersten Halbjahr 2025 mit knapp 15.000 verkauften Fahrzeugen nahezu zu Tesla aufschließen. In Italien, Spanien und Belgien zeigen sich ebenfalls positive Impulse.

In Deutschland jedoch bleibt der Marktdurchbruch aus. Im Mai wurden laut Dataforce lediglich 128 Fahrzeuge an Privatkunden zugelassen. Das Wachstum basiert fast ausschließlich auf Mietwagenflotten und Eigenzulassungen. Frühere Qualitätsmängel – darunter Schimmelbildung bei Neuwagen – sollen laut interner Quellen behoben sein. Dennoch herrscht Zurückhaltung bei Endkunden.

Lars Bialkowski, ehemaliger Stellantis-Manager und nun zuständig für BYD in Deutschland, plant den Ausbau des Händlernetzes auf 120 Verkaufsstandorte bis Jahresende (aktuell: 27). Ein ehemaliger BYD-Manager zeigt sich skeptisch: „Das wird in diesem Jahr auf keinen Fall etwas.“ Die Preispositionierung von BYD sei zu nah am Premiumsegment, ohne entsprechende Markenwahrnehmung.

Thailand: Ein gesättigter Zukunftsmarkt?

In Südostasien dominiert BYD inzwischen den thailändischen EV-Markt mit einem Anteil von 49 %. Das einst aufstrebende Konkurrenzunternehmen Neta hingegen gerät zunehmend ins Straucheln. Die Muttergesellschaft Zhejiang Hozon New Energy Automobile meldete in China Insolvenz an. Neta kann in Thailand staatliche Produktionsziele nicht erfüllen, Händler fordern über 6 Millionen Dollar (Dollarkurs) an ausstehenden Zahlungen. In den ersten fünf Monaten 2025 sanken die Neta-Neuzulassungen um 48,5 %.

Der Fall zeigt exemplarisch die Risiken für kleinere chinesische Hersteller auf Auslandsmärkten. Der intensive Preiswettbewerb und die Größenvorteile von Konzernen wie BYD setzen schwächere Anbieter unter enormen Druck – inländisch wie international.

Tesla unter Druck – aber auch BYD nicht makellos
 

Deutschland: Rückgang bei Tesla-Verkäufen

Auch US-Rivale Tesla kämpft in Europa mit Herausforderungen. Laut Kraftfahrt-Bundesamt gingen die Tesla-Verkäufe im Juni 2025 um 60 % auf 1.860 Fahrzeuge zurück. Im gesamten ersten Halbjahr beträgt das Minus 58,2 %. In Frankreich, Schweden, Dänemark und Italien verzeichnete Tesla den sechsten Monatsrückgang in Folge.

BYD hingegen konnte seine deutschen Verkaufszahlen im selben Monat beinahe vervierfachen – auf 1.675 Einheiten. Seit Jahresbeginn liegt der Absatz damit bei 6.323 Fahrzeugen – eine Verfünffachung gegenüber dem Vorjahr. Das zeigt zwar Dynamik, aber auch hier bleibt abzuwarten, ob die Wachstumsraten nachhaltig sind – zumal sie aktuell stark von nicht-privaten Zulassungen getragen werden.

Fazit: BYD zwischen Marktführerschaft und Marktverwerfungen

BYD steht an einem kritischen Punkt seiner Entwicklung. Der Konzern ist mit großem Abstand Weltmarktführer bei E-Autos, kontrolliert weite Teile der Lieferkette und treibt die Internationalisierung aggressiv voran. Gleichzeitig offenbaren sich strukturelle Schwächen im chinesischen Heimatmarkt – darunter Absatzschwächen, Lagerüberhänge und ein zunehmend ruinöser Preiswettbewerb.

Die Expansion nach Europa, Afrika und Südostasien ist notwendig, aber mit Hürden verbunden. Rechtlich fragwürdige Exportpraktiken könnten politische Reaktionen auslösen, wie die jüngsten Berichte und Kommentare staatlicher Stellen in China zeigen. Der internationale Erfolg hängt nicht nur vom Preis, sondern zunehmend auch von Markenimage, Qualitätssicherung und Kundenbindung ab – gerade auf etablierten Märkten wie Deutschland.

Kurzfristig kann BYD durch seine Größe und Kapitalausstattung Vorteile nutzen, doch mittel- und langfristig entscheidet sich die Zukunft des Konzerns an seiner Fähigkeit, nicht nur Fahrzeuge zu bauen, sondern auch nachhaltig zu verkaufen – ohne dabei den Markt zu verzerren.


Für dich aus unserer Redaktion zusammengestellt

Dein Kommentar zum Artikel im Forum

Jetzt anmelden und diskutieren Registrieren Login

Hinweis: ARIVA.DE veröffentlicht in dieser Rubrik Analysen, Kolumnen und Nachrichten aus verschiedenen Quellen. Die ARIVA.DE AG ist nicht verantwortlich für Inhalte, die erkennbar von Dritten in den „News“-Bereich dieser Webseite eingestellt worden sind, und macht sich diese nicht zu Eigen. Diese Inhalte sind insbesondere durch eine entsprechende „von“-Kennzeichnung unterhalb der Artikelüberschrift und/oder durch den Link „Um den vollständigen Artikel zu lesen, klicken Sie bitte hier.“ erkennbar; verantwortlich für diese Inhalte ist allein der genannte Dritte.


Weitere Artikel des Autors

Themen im Trend