IWF und Weltbank erwarten stürmische Tage
-- Von Holger Schmale, dpa --
WASHINGTON (dpa-AFX) - Die dunklen Wolken am Himmel der Weltwirtschaft haben sich überraschend schnell verzogen, und doch erwarten Weltbank und IWF ihr wohl stürmischstes Frühjahrstreffen seit langem. Die beiden mächtigen Institutionen sind in den Blickpunkt der diffusen, aber lautstarken Protestbewegung gegen Globalisierung geraten, die durch ihren Erfolg bei der Welthandelskonferenz in Seattle ungeahnte Stärke erlangt hat. Tausende Demonstranten drohen, am Wochenende die benachbarten Hauptquartiere von Weltbank und Internationalem Währungsfonds in Washington zu belagern. Erklärtes Ziel: Die Konferenz der Finanzminister und Notenbankchefs aus 182 Mitgliedsländern zu verhindern.
Es gehe darum, den "zivilgesellschaftlichen Unmut gegen weltweit ungebremste Handels- und Finanzströme" vorzubringen, erklärte die den Grünen nahe stehende Heinrich Böll Stiftung in der US-Hauptstadt. "Die Weltbank leiht den Regierungen der Dritten Welt Geld unter der Bedingung, dass sie eine in Washington und an der Wall Street geschriebene Politik übernehmen", heißt es in einem wie aus den achtziger Jahren klingenden Flugblatt von "Worldbankboycott". In Wirklichkeit sauge die Bank diese Länder aus.
Deren Präsident James Wolfensohn gerät angesichts solcher Äußerungen fast an den Rand der Verzweiflung. "Es ist doch demoralisierend, wenn da auf den Straßen im Namen der sozialen Gerechtigkeit gegen uns mobilisiert wird, und wir tagtäglich genau dafür kämpfen", klagt er. "Als wenn ich ein Knecht das Kapitals wäre." In der Tat bezweifelt kein ernsthafter Beobachter oder auch Kritiker der Weltbank das soziale Engagement ihres Präsidenten.
Wolfensohn hat es seit seinem Amtsantritt vor fünf Jahren geschafft, den schwerfälligen Apparat mit zehntausend Mitarbeitern neu auszurichten. Armutsbekämpfung rückte in den Mittelpunkt der Arbeit. Die Projekte wurden auf soziale und ökologische Folgen abgeklopft und gestoppt, wenn sie negativ waren, kritische Organisationen zur Mitarbeit eingeladen. "Unsere Türen stehen weit offen", sagt Wolfensohn und pflegt gute Beziehungen zu den meisten in der Entwicklungshilfe engagierten Nichtregierungsorganisationen. Er gehört zu den Vätern der Entschuldungsinitiative für die ärmsten Länder, die inzwischen zu einem Hauptprojekt der internationalen Gemeinschaft geworden ist.
"Die Demonstranten sollten zum Capitol Hill ziehen", empfahl IWF-Chefökonom Michael Mussa, der auch den Währungsfonds als Opfer ungerechtfertigter Kritik sieht. Denn dort, im Kongress, säßen die Verantwortlichen für die minimale Entwicklungshilfe der Supermacht USA, die nicht einmal die Einfuhrzölle für karge Produkte der ärmsten Entwicklungsländer streichen wollten.
Der neue IWF-Chef Horst Köhler hat das Engagement des Fonds zur Armutsbekämpfung bekräftigt und dafür Lob von der internationalen Entwicklungshilfeorganisation Oxfam erhalten: "Schuldenerlass ist ein erstklassiges Beispiel, wie Weltbank und IWF den Ärmsten der Welt dienen können." In den Straßen Washingtons skandierte Forderungen nach Abschaffung beider Institutionen bedeuteten daher vor allem eines: "Ein paar Tausend wohlhabende Leute demonstrieren dafür, Millionen in Armut zu halten", kommentierte ein IWF-Mitarbeiter./DP/ro