Was auf dem Goldmarkt gespielt wird
Warum steigt der Goldpreis nicht viel stärker, wenn doch vor dem Hintergrund der Schuldenkrise wie verrückt Gold gekauft wird? Weshalb kommt es immer wieder zu plötzlichen Kurseinbrüchen? Goldreporter erklärt den Einfluss zweier wichtiger Märkte auf den Goldpreis.
Der Goldmarkt ist für viele Anleger ein Buch mit sieben Siegeln. Mal steigt der Goldpreis, wenn sich die Konjunkturaussichten aufhellen, an einem anderen Tag fällt er scheinbar aus den gleichen Gründen. Oft kommt es innerhalb kürzester Zeit zu heftigen Kurseinbrüchen und dann steigt der Preis des Edelmetalls wieder einige Tage kontinuierlich.
Die Gründe für die Marktbewegungen können ganz unterschiedlich sein. In jedem Fall wird der Goldpreis aber wesentlich von den Aktivitäten auf zwei bedeutenden Handelsplätzen bestimmt. Deren Einfluss auf den Goldpreis wird im Folgenden kurz skizziert.
London: Gold zur sofortigen Lieferung
Der physische Goldmarkt/Goldpreis wird durch die Nachfrage und das Angebot echten Goldes bestimmt. Der größte Handel mit echtem Gold findet unter den großen Banken (so genannten Bullion Banken) statt. Diese kaufen und verkaufen Gold meist im Auftrag von Goldproduzenten, Goldgroßhändlern oder Notenbanken.
Hauptumschlagplatz für den institutionellen Handel mit Gold zur sofortigen Lieferung ist der London Gold Market.
Tradition: Zweimal am Tag legen sechs Vertreter internationaler Großbanken (darunter auch Deutsche Bank) im "Fixing" (A.M. und P.M.) einen Goldpreis fest. Obwohl praktisch rund um die Uhr ein Spotpreis festgestellt wird, ist das Fixing immer noch eine wichtige Orientierung für Goldhändler weltweit.
New York: Goldhandel auf Termin
Auf dem Terminmarkt wird mit Verträgen über die zukünftige Lieferung von Gold gehandelt. Die bedeutendste Warenterminbörse ist die COMEX in New York, eine Abteilung der NYMEX.
Die Preise im Terminhandel und auf dem so genannten Spot-Markt (Gold zur sofortigen Lieferung) korrespondieren stark miteinander. Der Grund: Die Preisunterschiede auf beiden Märkten werden von Händlern zu so genannten Arbitrage-Geschäften genutzt. Diese bewirken ein Angleichen der Preise.
An der Börse wird vor allem die Zukunft gehandelt. Deswegen geben die Preise am Terminmarkt in der Regel die Richtung der Spot-Preise vor.
Die zwei wichtigsten Handelsgruppen auf dem Terminmarkt sind:
• Spekulative Investoren (Non-Commercials)
• Kommerzielle Händler (Commercials)
Die Spekulanten folgen vor allem Trends, um Profit zu erzielen. Für kommerzielle Händler gehört der Handel mit Gold zum Kerngeschäft. Zu dieser Gruppe gehören Goldgroßhändler oder Schmuckhändler, die sich mit Termingeschäften gegen einen steigenden Goldpreis absichern. Für sie ist es wichtig, Gold günstig einkaufen.
Da man im Terminhandel vergleichsweise wenig Geld in die Hand nehmen muss, um viel Gold zu "bewegen", geht von diesem Handel ein starker Einfluss auf den Goldpreis aus. Im Handel mit Futures und Optionen (Terminkontrakte) hinterlegt man nur eine Sicherheitsleistung/Erfüllungsgarantie (Margin), die einem Bruchteil des eigentlich gehandelten Warenwertes entspricht.
Exkurs: Auf diese Weise ist es auch möglich, durch großvolumige Terminverkäufe zu relativ niedrigen Kursen, denn Marktpreis insgesamt zu drücken. Der Hebeleffekt (kleiner Einsatz, große Wirkung) im Terminhandel ist groß.
Faktum: Beim Handel am Terminmarkt wird praktisch kein echtes Gold mehr bewegt. Auslaufende Lieferkontrakte, werden vor der Fälligkeit durch den Abschluss neuer Verträge "glattgestellt" oder verlängert.
Märkte im Vergleich
Obwohl Gold mittlerweile praktisch rund um die Uhr an verschiedenen Märkten der Welt gehandelt wird, finden die größten Marktbewegungen immer dann statt, wenn der Handel in London und New York läuft.
Um die Bedeutung des Terminhandels einordnen zu können, muss man die Handelsvolumina der verschiedenen Märkte vergleichen.
Der Open Interest, also die Summe aller laufenden Warentermingeschäfte mit Gold (Long und Short sind zwei Positionen ein und desselben Kontraktes), betrug am vergangenen Freitag 591.360 Kontrakte. Mit jedem Kontrakt werden 100 Unzen Gold gehandelt. Das heißt das Handelsvolumen entsprach 1.839 Tonnen.
Das durchschnittliche tägliche Handelsvolumen am (physischen) London Bullion Market lag im April bei "läppischen" 24,88 Tonnen.
Preisbildung
Aus dem Vergleich wird ersichtlich, welchen bedeutenden Einfluss der Terminhandel zwingend auf den Goldpreis haben muss.
In diesem Zusammenhang kann man auch von der zeitweisen Abkopplung des physischen vom nicht-physischen Markt sprechen.
Dass der Einfluss des Warenterminhandels bei Gold dennoch auf die kurzfristige Preisentwicklung beschränkt bleibt und nicht vollends unabhängig vom physischen Angebots-und Nachfragegleichgewicht laufen kann, hat gute Gründe.
• Die stark vertretenen Spekulanten orientieren sich an Preistrends. Wir befinden uns in einer langfristigen Gold-Hausse. Das spiegelt sich auch im Handelsverhalten dieser Investoren-Gruppe wider.
• Die kommerziellen Händler müssen in einer langfristigen Aufwärtsbewegung des Goldpreises regelmäßig ihre Short-Positionen glattstellen. Sie können in einem Bullenmarkt nicht ewig auf fallende Kurse wetten.
Ergo: Kurzfristig gehen starke Preisimpulse, auch manipulativer Art, vom Terminhandel aus. Langfristig bestimmen physisches Angebot und physische Nachfrage den Goldpreis.
Fazit: Als Privatanleger kann man sich über die regelmäßig eintretenden Kurseinbrüche bei Gold ärgern, muss man aber nicht. Die aktuelle Goldhausse ist fundamental begründet und wird vor dem Hintergrund der aktuellen Schuldenkrise (steigende Investmentnachfrage) und des sinkenden Goldangebots (Ressourcen-Erschöpfung, Notenbanken als Nettokäufer) weitere Jahre anhalten.
Hinweis: Die obigen Ausführungen schildern keineswegs erschöpfend die Preisbildung auf dem Goldmarkt, sondern dienen nur zur groben Orientierung. Mehr Informationen zum Goldmarkt finden Sie auch in unserer Rubrik
www.goldreporter.de/goldblog/index.php?rs_id=view&s=505#505
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