Ich denke JPM spekuliert da auch drauf, dass die Ergebnisse in Q3/Q4 hinter den Erwartungen bleiben und man die Gesamtjahresguidance nicht schafft.
Da SNP spezialisiert ist auf Transformationsprojekte bei M&A würde ich vermuten, dass SNP bei den beiden globalen Mega-Fusionen dieser Tage (Linde/Praxair und Bayer/Monsanto) eine führende Rolle bei der Datenbankintegration spielen will und auch damit rechnet, dort als "Marktführer" für Transformation zumindest mit Teilen des Projekts zum Zuge zu kommen.
Das wären sicher jeweils Projekte im zweistelligen Millionenbereich mit stark überdurchschnittlicher Marge und hohem Softwareanteil (siehe zuletzt die vergleichbare Dow Chemicals/DuPont-Fusion, wo der Zuschlag an SNP ging). Zudem dürfte SNP als deutsches Unternehmen mit deutschen Kunden wie Linde und Bayer guten Zugang zum Pitch haben.
Beide Mega-Fusionen liegen derzeit jedoch noch bei den Wettbewerbsbehörden in den USA und Europa, und dieser Prozess kann prinzipiell einiges an Zeit kosten. Bevor nicht klar ist, dass die Deals von den Regulierern erlaubt werden, dürfte SNP da wohl auch keinen fixen Zuschlag für die Transformation bekommen und somit auch keine Umsätze verbuchen können--selbst wenn man ihnen schon informell signalisiert haben sollte, dass sie nach Closing zum Zuge kommen werden.
Bayer hat laut Bloomberg wegen der weltweit noch laufenden Fusionskontrollverfahren mit den Behörden gerade bekannt gegeben, dass sie ein Closing der Bayer/Monsanto-Transaktion jetzt doch erst in 2018 erwarten (www.bloomberg.com/news/audio/2017-09-19/...o-bayer-monsanto).
Auch Linde scheint mir hinter dem ursprünglichen Zeitplan zu sein. Während zunächst die Rede davon war, dass sie den Deal in H2/2017 zum Closing führen wollen, sind sie laut Reuters bisher in Brüssel nicht über die "Pre-notification" Phase der Anmeldung hinausgekommen (www.reuters.com/article/...t-request-from-ftc-idUSKCN1B90KJ). Mit anderen Worten: kann gut sein, dass sich auch dieser Deal nach hinten verschiebt.
Ich weiß nicht, ob SNP bereits spürbare Umsätze aus einem dieser Deals in der 2017er-Guidance eingeplant hatte. Ein Vorstandswochen-Artikel aus dem Sommer legt jedoch nahe, dass zumindest ein potenzieller Zuschlag für Linde/Praxair bei SNP bereits antizipiert wird (www.aktiencheck.de/exklusiv/...ir_drin_Aktienanalyse-7981184).
Ich schließe daraus, dass es theoretisch sein kann, dass die zeitliche Verzögerung der beiden Megafusionen bei SNP zu Umsatz- und EBIT-Verschiebungen von 2017 nach 2018 führen könnte. Wenn bei SNP Kapazitäten für diese Deals vorgehalten wurde (= Berater), würde es mich in dem Fall auch nicht kolossal wundern, wenn dadurch am Ende die Gesamtjahresguidance 2017 wackeln könnte.
Ich denke auf so ein Szenario wettet JP Morgan. Denn wenn jetzt ein durchwachsenes Q3 käme verbunden mit einer Gewinnwarnung für das Gesamtjahr, dann würde die Aktie sicher kurzfristig wieder angreifbar sein.
Für meinen persönlichen Investmentcase sind diese Überlegungen letztlich egal. Denn ich investiere nicht hoch in einen Wert wegen Einzelquartalen, sondern wegen der mittel- und langfristigen Perspektive. Wenn im schlimmsten Fall hochmargige Umsätze von 2017 ins nächste Jahr verschoben würden, dürfte 2018 dann wohl recht bombastisch werden.
Jedenfalls ist klar, dass bei einem so projektlastigen Geschäft die kurzfristigen operativen Schwünge groß sein können. Das könnte sich nach wie vor zu Volatilität in der Aktie übersetzen. Vielleicht nicht immer das richtige für Leute mit schwachen Nerven, aber letztlich dann auch immer wieder eine Gelegenheit für Langfristinvestoren, in den Abschwüngen günstig einzusammeln.