Union kämpft gegen Windmühlen
Von Rüdiger Strauch
In wichtigen umweltpolitischen Fragen bringen es CDU und CSU zu keiner einheitlichen Linie. Zum Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) werden immer wieder verschiedene Ansichten vertreten. Auch FDP-Politiker Möllemann macht gegen die lukrative Vergütung von Ökostrom mobil. Windenergie-Verbände setzen sich zur Wehr.
Berlin - Eine Zahl gibt es, die Norbert Giese gar nicht gefallen möchte: die 18. 18 Prozent der Bundesbürger nämlich, das belegen Umfragen, stehen der Windenergie ablehnend gegenüber. Und aus der FDP, der Partei, die sich 18 Prozent zum Wahlziel erkoren hat, stammen die erbittertsten Gegner des Vorsitzenden der Windenergie-Anlagenhersteller im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA). "Da haben wir sie wieder, diese Zahl", sagt Giese und verzieht das Gesicht zu einem Schmunzeln, als wolle er sagen: An der Erfolgsgeschichte der Windenergie in Deutschland kommt so leicht niemand vorbei.
Möllemann treibt Keile zwischen die Parteien
Selbst FDP-Quertreiber Jürgen W. Möllemann nicht. Der nordrhein-westfälische Landesvorsitzende hatte in den vergangenen Monaten das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) der rot-grünen Koalition scharf angegriffen. Möllemann versucht, den weiteren Ausbau von Windkraftanlagen zu verhindern und einen Keil zwischen SPD und Grüne im Düsseldorfer Landtag zu treiben.
Dabei geht es um die strittige Frage, wie stark deutsche Haushalte belastet werden dürfen, damit Strom aus erneuerbaren Energien gewinnbringend vergütet werden kann. Das vor zwei Jahren in Kraft getretene EEG bürdet über die Stromrechnung allen Endkunden Mehrkosten auf. Sie entstehen, weil Ökostrom aus Wind-, Solar- und Wasserkraft sowie Biomasse im Gegensatz zu Strom aus Atomkraft- oder Kohlekraftwerken auf dem liberalisierten Elektrizitätsmarkt noch immer nicht wettbewerbsfähig zu produzieren ist. Der Beitrag jedes durchschnittlichen Haushalts zur Vergütung regenerativer Energien betrug so im Jahr 2001 neun Euro. Davon entfielen 5,2 Euro auf das Konto der Windenergie.
Konstante Wachstumsraten bis zu 20 Prozent
Nach Ansicht des VDMA ist die Bundesrepublik gut beraten, am "Zugpferd Windenergie" festzuhalten. Wie in kaum einer anderen Sparte boomt das Geschäft mit Windkraftanlagen. Etwa 35.000 Beschäftigte arbeiten deutschlandweit in der Branche und den Zulieferindustrien. In Sachsen-Anhalt etwa profitiert der ostfriesische Anlagenbauer Enercon von der Förderung durch das EEG und ist zu einem der größten Arbeitgeber der Region aufgestiegen.
Und die Erfolgsgeschichte setzt sicht fort. Mit einem jährlichen Wachstum von 20 Prozent liegt der Anteil der Windenergie an der Stromversorgung in Deutschland bereits bei 3,5 Prozent. Die Vertreter des VDMA geben sich deswegen zuversichtlich: "Die Windkraft hat sich in vielen Küstenregionen und windreichen ländlichen Gegenden zum größten Wirtschaftsfaktor gleich hinter dem Tourismus entwickelt", sagt Windanlagen-Manager Giese. Eine "innovative Kraft", die es zu erhalten gelte.
CDU lässt klare umweltpolitische Linie vermissen
In Zeiten des Wahlkampfes jedoch treibt ihn die Sorge um, dass die deutsche Vorreiterrolle leichtfertig aufs Spiel gesetzt wird. CDU-Wirtschaftsexperte Matthias Wissmann hatte erst kürzlich angekündigt, die Union werde im Falle eines Wahlsieges die Förderung des Ökostroms drosseln. Die Stromkunden könnten sich die Fortsetzung der bisherigen Politik nicht leisten. Erbitterte Kritik handelte sich Wissmann sogleich von wahlkämpfenden Parteifreunden ein. Aus Niedersachsen, wo CDU-Landesvorsitzender Christian Wulff seiner dritten und möglicherweise letzten Chance entgegenfiebert, im Februar 2003 den Landtag zu erobern, meldeten sich verärgerte Christdemokraten zu Wort. "Der massive Ausbau der erneuerbaren Energien steht ausdrücklich im Wahlprogramm", beharrte Wulff und hatte die zahllosen Arbeitsplätze im Lande im Blick.
Ob Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) die Tradition der Schwesterpartei fortsetzt, die unter CDU-Umweltminister Klaus Töpfer 1991 das erste Stromeinspeisungsgesetz ins Leben rief, ist indes noch ungewiss. Als bayerischer Ministerpräsident hat Stoiber den Bau von Windkraftanlagen in seinem Bundesland bislang weitgehend blockiert. Eine klare Zusage, dass an der Praxis der lukrativen Vergütung von Ökostrom unter CDU-Führung im Bund nicht gerüttelt wird, hat der VDMA noch nicht. "Die Signale, dass nicht am EEG gedreht wird, mehren sich aber", berichtet VDMA-Geschäftsführer Thorsten Herdan von einer Erklärung des CDU-Haushaltsexperten Dietrich Austermann. Allerdings stört sich Herdan am "Wahlkampfgeplänkel" des Ex-Verkehrsministers Wissmann. Zumal dadurch das innerparteiliche Chaos der Union in wichtigen Fragen der Umweltpolitik wächst. Denn auch CDU-Vorzeigemann Lothar Späth gilt als Freund regenerativer Energieformen. Und das nicht nur deswegen, weil sein Jenoptik-Konzern in großen Stil im Solargeschäft mitmischt.
Ende der ideologischen Grabenkämpfe
So verspürt der Energieverband VDMA zwar Rückenwind, doch den Verantwortlichen missfällt es, mit ihrer Branche in den Sog des Wahlkampfes zu geraten. "Der ideologische Kampf zwischen Befürwortern regenerativer Energien und den großen Strommonopolisten ist längst vorbei", sagt VDMA-Experte Giese und verweist auf traditionelle Energieversorger wie die deutsche Eon oder die schwedische Sydkraft, die sich bei Ökostrom-Firmen eingekauft haben. Die Frage, ob die Kunde vom Ende der Grabenkämpfe mittlerweile auch bis zu den Politikern vorgedrungen ist, wagt Giese angesichts der vereinzelten Störfeuer nicht zu beantworten. Sein Kollege ist da optimistischer: Sogar der selbstbewusste Windenergie-Gegner Möllemann müsse erst einmal Mehrheiten finden, sagt Thorsten Herdan, und auch seinen Mund umspielt ein siegesgewisses Lächeln
Von Rüdiger Strauch
In wichtigen umweltpolitischen Fragen bringen es CDU und CSU zu keiner einheitlichen Linie. Zum Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) werden immer wieder verschiedene Ansichten vertreten. Auch FDP-Politiker Möllemann macht gegen die lukrative Vergütung von Ökostrom mobil. Windenergie-Verbände setzen sich zur Wehr.
Berlin - Eine Zahl gibt es, die Norbert Giese gar nicht gefallen möchte: die 18. 18 Prozent der Bundesbürger nämlich, das belegen Umfragen, stehen der Windenergie ablehnend gegenüber. Und aus der FDP, der Partei, die sich 18 Prozent zum Wahlziel erkoren hat, stammen die erbittertsten Gegner des Vorsitzenden der Windenergie-Anlagenhersteller im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA). "Da haben wir sie wieder, diese Zahl", sagt Giese und verzieht das Gesicht zu einem Schmunzeln, als wolle er sagen: An der Erfolgsgeschichte der Windenergie in Deutschland kommt so leicht niemand vorbei.
Möllemann treibt Keile zwischen die Parteien
Selbst FDP-Quertreiber Jürgen W. Möllemann nicht. Der nordrhein-westfälische Landesvorsitzende hatte in den vergangenen Monaten das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) der rot-grünen Koalition scharf angegriffen. Möllemann versucht, den weiteren Ausbau von Windkraftanlagen zu verhindern und einen Keil zwischen SPD und Grüne im Düsseldorfer Landtag zu treiben.
Dabei geht es um die strittige Frage, wie stark deutsche Haushalte belastet werden dürfen, damit Strom aus erneuerbaren Energien gewinnbringend vergütet werden kann. Das vor zwei Jahren in Kraft getretene EEG bürdet über die Stromrechnung allen Endkunden Mehrkosten auf. Sie entstehen, weil Ökostrom aus Wind-, Solar- und Wasserkraft sowie Biomasse im Gegensatz zu Strom aus Atomkraft- oder Kohlekraftwerken auf dem liberalisierten Elektrizitätsmarkt noch immer nicht wettbewerbsfähig zu produzieren ist. Der Beitrag jedes durchschnittlichen Haushalts zur Vergütung regenerativer Energien betrug so im Jahr 2001 neun Euro. Davon entfielen 5,2 Euro auf das Konto der Windenergie.
Konstante Wachstumsraten bis zu 20 Prozent
Nach Ansicht des VDMA ist die Bundesrepublik gut beraten, am "Zugpferd Windenergie" festzuhalten. Wie in kaum einer anderen Sparte boomt das Geschäft mit Windkraftanlagen. Etwa 35.000 Beschäftigte arbeiten deutschlandweit in der Branche und den Zulieferindustrien. In Sachsen-Anhalt etwa profitiert der ostfriesische Anlagenbauer Enercon von der Förderung durch das EEG und ist zu einem der größten Arbeitgeber der Region aufgestiegen.
Und die Erfolgsgeschichte setzt sicht fort. Mit einem jährlichen Wachstum von 20 Prozent liegt der Anteil der Windenergie an der Stromversorgung in Deutschland bereits bei 3,5 Prozent. Die Vertreter des VDMA geben sich deswegen zuversichtlich: "Die Windkraft hat sich in vielen Küstenregionen und windreichen ländlichen Gegenden zum größten Wirtschaftsfaktor gleich hinter dem Tourismus entwickelt", sagt Windanlagen-Manager Giese. Eine "innovative Kraft", die es zu erhalten gelte.
CDU lässt klare umweltpolitische Linie vermissen
In Zeiten des Wahlkampfes jedoch treibt ihn die Sorge um, dass die deutsche Vorreiterrolle leichtfertig aufs Spiel gesetzt wird. CDU-Wirtschaftsexperte Matthias Wissmann hatte erst kürzlich angekündigt, die Union werde im Falle eines Wahlsieges die Förderung des Ökostroms drosseln. Die Stromkunden könnten sich die Fortsetzung der bisherigen Politik nicht leisten. Erbitterte Kritik handelte sich Wissmann sogleich von wahlkämpfenden Parteifreunden ein. Aus Niedersachsen, wo CDU-Landesvorsitzender Christian Wulff seiner dritten und möglicherweise letzten Chance entgegenfiebert, im Februar 2003 den Landtag zu erobern, meldeten sich verärgerte Christdemokraten zu Wort. "Der massive Ausbau der erneuerbaren Energien steht ausdrücklich im Wahlprogramm", beharrte Wulff und hatte die zahllosen Arbeitsplätze im Lande im Blick.
Ob Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) die Tradition der Schwesterpartei fortsetzt, die unter CDU-Umweltminister Klaus Töpfer 1991 das erste Stromeinspeisungsgesetz ins Leben rief, ist indes noch ungewiss. Als bayerischer Ministerpräsident hat Stoiber den Bau von Windkraftanlagen in seinem Bundesland bislang weitgehend blockiert. Eine klare Zusage, dass an der Praxis der lukrativen Vergütung von Ökostrom unter CDU-Führung im Bund nicht gerüttelt wird, hat der VDMA noch nicht. "Die Signale, dass nicht am EEG gedreht wird, mehren sich aber", berichtet VDMA-Geschäftsführer Thorsten Herdan von einer Erklärung des CDU-Haushaltsexperten Dietrich Austermann. Allerdings stört sich Herdan am "Wahlkampfgeplänkel" des Ex-Verkehrsministers Wissmann. Zumal dadurch das innerparteiliche Chaos der Union in wichtigen Fragen der Umweltpolitik wächst. Denn auch CDU-Vorzeigemann Lothar Späth gilt als Freund regenerativer Energieformen. Und das nicht nur deswegen, weil sein Jenoptik-Konzern in großen Stil im Solargeschäft mitmischt.
Ende der ideologischen Grabenkämpfe
So verspürt der Energieverband VDMA zwar Rückenwind, doch den Verantwortlichen missfällt es, mit ihrer Branche in den Sog des Wahlkampfes zu geraten. "Der ideologische Kampf zwischen Befürwortern regenerativer Energien und den großen Strommonopolisten ist längst vorbei", sagt VDMA-Experte Giese und verweist auf traditionelle Energieversorger wie die deutsche Eon oder die schwedische Sydkraft, die sich bei Ökostrom-Firmen eingekauft haben. Die Frage, ob die Kunde vom Ende der Grabenkämpfe mittlerweile auch bis zu den Politikern vorgedrungen ist, wagt Giese angesichts der vereinzelten Störfeuer nicht zu beantworten. Sein Kollege ist da optimistischer: Sogar der selbstbewusste Windenergie-Gegner Möllemann müsse erst einmal Mehrheiten finden, sagt Thorsten Herdan, und auch seinen Mund umspielt ein siegesgewisses Lächeln