News - 23.01.08 10:23
Kreuzfahrer und Containerkapitän
Der Reise- und Schifffahrtskonzern Tui soll grundlegend verändern werden. Konzernchef Michael Frenzel will das internationale Transportgeschäft zur tragenden Säule des Unternehmens ausbauen und die Tochter Hapag -Lloyd mit der Tui AG verschmelzen. Außerdem soll der Firmensitz von Hannover nach Hamburg verlegt werden. Heute beschäftigt sich der Aufsichtsrat mit den Plänen des Konzernchefs.
DÜSSELDORF. Heute beschäftigt sich der Aufsichtsrat von Tui in seiner turnusmäßigen Sitzung erstmals mit den Plänen von Konzernchef Michael Frenzel, den Reise- und Schifffahrtskonzerns erneut grundlegend zu verändern. Er will die Container-Schifffahrt der Tochter Hapag -Lloyd mit der Tui AG verschmelzen und zugleich den Firmensitz von Hannover nach Hamburg verlegen. Der Aufsichtsrat informiert sich heute nur über die Pläne des Vorstands. Entscheidungen sollen erst in der nächsten Sitzung am 17. März fallen, hieß es im Umfeld des Unternehmens.
Frenzel, der den Konzern seit 1994 als Vorstandsvorsitzender führt, hatte das frühere Bergbauunternehmen Preussag bereits mehrfach umgebaut und 2002 in Tui umbenannt. Die Schifffahrt, Hapag Lloyd gehört seit 1997 zu dem Konzern, war neben der Touristik das zweite Standbein.
Nun hat Frenzel vor, das internationale Transportgeschäft zur tragenden Säule auszubauen. Hapag -Lloyd ist nach eigenen Angaben der weltweit viertgrößte Spieler in dem Markt. Der hatte zwar in den vergangenen Jahren darunter gelitten, dass die Preise für den Warentransport per Schiff (Frachtrate) stark zurückgegangen sind, was auch die Tui -Konzernbilanz in die roten Zahlen getrieben hatte. Doch nun liegt der Markt nach allgemeiner Brancheneinschätzung wieder im Aufwärtstrend.
Der Tui -Chef wird den Aufsichtsräten berichten, dass er auf Dauer in der Schifffahrt das ertragreichere Geschäft sieht als in der Touristik. Die immer wieder von Krisen und Kriegen gebeutelte Reisebranche hatte in den vergangenen Jahren Frenzels Ergebnis-Ziele nie erfüllen können - dafür war er auf den Hauptversammlungen von Aktionärsvertretern immer wieder heftig gescholten worden.
Das Risiko im touristischen Geschäft hat Frenzel im vergangenen Jahr auf zwei Schultern verteilt. Mit der Gründung der an der Londoner Börse notierten Tui Travel, in der der britische Reiseveranstalter First Choice Holidays aufging, entstand der weltgrößte Reiseveranstalter. Bei der Gründung und dem Börsengang im September war die Tui AG noch mit 51 Prozent beteiligt. Davon hat sie vor zwei Wochen gut zehn Prozent zur Absicherung einer Umtauschanleihe abgegeben. Doch die Tui Travel soll weiterhin voll bei der AG bilanziert werden. Am Ende der Laufzeit werde der Konzern das Aktienpaket zurückerwerben, hieß es.
Der Schwenk zur Schifffahrt ist - darauf weist auch das Unternehmen hin - nicht zufällig. Zwar wollte Frenzel Hapag -Lloyd noch 2004 an die Börse bringen, hatte dann aber auf die "Zwei-Säulen-Strategie" gesetzt. In der Folge erwarb Tui die britisch-kanadische Reederei CP Ships für 1,9 Mrd. Euro. In den kommenden Jahren sind weitere milliardenschwere Investitionen zum Ausbau der Container-Schiffsflotte vorgesehen.
Mit der Verschmelzung von Hapag -Lloyd mit der Mutter Tui will sich Frenzel vor unfreundlichen Übernahmen schützen. Sowohl die Tui selbst, die an der Börse nicht in die Gänge kommt, als auch Hapag -Lloyd gelten in Finanzkreisen als potenzielle Übernahmekandidaten, weil sie preiswert zu haben sind. Zudem läuft in der Containerschifffahrt ein Konsolidierungsprozess, in dem auch die Hamburger Reederei übernommen werden könnte. Nach der Verschmelzung aber müsste ein Käufer auch das Reisegeschäft mitbezahlen - und die Tui -Nettoverbindlichkeiten von annähernd drei Milliarden Euro ins Kalkül ziehen.
Die Pläne, den Konzernsitz von Hannover nach Hamburg zu verlagern, haben bei den Mitarbeitern nach Beobachtungen eines Insiders "blanke Panik" ausgelöst. Konzernchef Frenzel hatte schon in der Vergangenheit gerne Ausflüge nach Hamburg gemacht und Journalisten wie Analysten in den Hapag -Lloyd -Sitz am Ballindamm an der Binnenalster eingeladen; mit dem Argument, dass Hamburg bessere internationale Flugverbindungen habe.
Der frühere Tui -Vorstand Karl Born allerdings, der als Touristik-Professor in Wernigerode allwöchentlich seine "bissigen Bemerkungen" zu Branchenentwicklungen ins Internet stellt, empfiehlt in der jüngsten Ausgabe den "lieben Container-Freunden" in Hamburg, einmal zu schauen, wo denn die nächst größeren Container-Reedereien ihren Sitz haben. Vielleicht ziehe die Tui ja bald nach Shanghai, Taipeh, Singapur, Hongkong oder Seoul um - wenn sie sich mit einem der Konkurrenten verschmelze.
In Gerüchten jedenfalls wird immer wieder erklärt, es gebe Verbindungen zwischen Tui und der Neptun Orient Lines (NOL) in Singapur. Ein Sprecher dementiert jedoch immer wieder, dass es bereits Verhandlungen um einen Einstieg von NOL gebe. Nach Handelsblatt-Informationen ist dieses Thema heute kein Tagesordnungspunkt im Aufsichtsrat.
Quelle: Handelsblatt.com
News druckenName Aktuell Diff.% Börse
TUI AG Namens-Aktien o.N. 13,16 -4,08% XETRA