France Telecom vs. Mobilcom
Drücken Franzosen den Kurs?
Die Aktien des am Neuen Markt notierten Mobilfunk-Unternehmens Mobilcom sind am Morgen um knapp 60 Prozent in den Keller gestürzt. Auslöser war ein Bericht der Pariser Tageszeitung "Le Figaro", in dem es heißt, die mit 28,5 Prozent an Mobilcom beteiligten Franzosen wollten bei dem deutschen Mobilfunk-Reseller aussteigen. Offenbar habe France Telecom-Chef Michel Bon bei einem Treffen gestern Abend Vertreter des französischen Finanzministeriums sowie verschiedene Bänker überzeugen können, dass dies der richtige Schritt sei, berichtet die Zeitung weiter.
Mobilcom-Gründer, Großaktionär und Ex-Vorstandsvorsitzender Gerhard Schmid bezeichnet diesen Bericht jedoch als Falschmeldung. "Es gibt mehrere Belege, dass France Telecom sich eindeutig zur langfristigen Finanzierung von Mobilcom verpflichtet hat", erklärte er. Erst am Dienstag seien aus Paris rund 30 Mio. Euro an Mobilcom überwiesen worden. Entgegen den Meldungen von einem Rückzug erfülle France Telecom nach wie vor seine Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem angeschlagenen Büdelsdorfer Telekom-Unternehmen.
Immer wieder hatte Schmid den Franzosen vorgeworfen, sie würden gezielt schlechte Nachrichten streuen, um den Kurs der Mobilcom-Aktie zu drücken. So meldete das französische Magazin "investir" Ende August, France Telecom wolle definitiv die finanzielle Unterstützung für MobilCom beenden. Ein Kursrutsch von 25 Prozent war die Folge. Tags darauf goss die europäische Ausgabe des "Wall Street Journal" weiteres Öl ins Feuer und berichtete, den Franzosen liege eine neue Marktstudie vor, die MobilCom eine geringe Wettbewerbsfähigkeit bescheinige.
Seit Monaten kämpft Schmid um die Auszahlung seiner Firmenanteile durch France Telecom. Er wirft den Franzosen vor, den Konflikt mit ihm zugespitzt zu haben. Das Ziel sei gewesen, sich möglichst unbeschadet aus der Beteiligung zurück zu ziehen.
Zahlreiche Analysten können sich kaum vorstellen, dass France Telecom den deutschen Mobilfunk-Reseller fallen lässt. Am wahrscheinlichsten sei eine Kompromisslösung, glaubte Chris-Oliver Schickentanz von der Dresdner Bank: Die Franzosen übernehmen sämtliche Verbindlichkeiten des Unternehmens, nicht aber das ganze Unternehmen. "Dadurch würde France Telecom die Beziehungen zu den Equipment-Herstellern schonen, was sich langfristig auszahlt", schätzte der Aktienanalyst.
Gerard Lecrivain von Sedec Finance schlägt in dieselbe Kerbe. Er rechnet mit keinem besonders harten Schritt der Franzosen. Im Vorfeld der Bundestagswahlen wäre es ein eminent politischer Akt, wenn sich die mit 54,5 in staatlicher Hand befindliche France Telecom von Mobilcom trennen würde, sagte er. 6000 Arbeitsplätze stünden auf dem Spiel. "Die französische Regierung wird das unterlassen."
Andere Beobachter waren skeptischer und vermuten, dass sich die Wege beider Unternehmen auf der für Donnerstag anberaumten Verwaltungsratssitzung der France Telecom trennen werden. Zahlreiche Fondsmanager sehen kaum noch Lösungen für die Differenzen zwischen beiden Seiten. Sie empfehlen, die Gespräche zur Restrukturierung von Mobilcom aufzugeben und eine Insolvenz der Gesellschaft nicht weiter aufzuhalten. Zwar bestünde dann das Risiko rechtlicher Schritte durch die Mobilcom-Banken, sagte Romain Boscher von Finama Asset Management. Doch der Kurs der France Telecom würde profitieren.
France Telecom: von 50 auf 10 in einem Jahr
Dass sich der FT-Kurs von seiner Talfahrt erholt und die Richtung wechselt, hoffen auch die Aktionäre. Schließlich mussten sie zusehen, wir das einst so vielversprechende Papier innerhalb eines Jahres von einem Höchstkurs von 51,60 Euro auf 8,60 Euro im Juli diesen Jahres fiel.
Die Probleme kommen allerdings nicht von ungefähr: Das Unternehmen schiebt einen Schuldenberg von etwa 70 Mrd. Euro vor sich her. Allein im ersten Halbjahr 2002 könnten außergewöhnliche Abschreibungen "einen Verlust von zehn bis 15 Mrd. Euro" herauf beschwören, rechnete vor wenigen Tagen die französische Tageszeitung "La Tribune" vor. Auch die Ratingagentur Moody's prognostiziert einen Schuldenstand von 75 Mrd. Euro für das Ende das Jahres. France Telecom begründet die Höhe der Abschreibungen mit dem ungewissen Ausgang des Streits zwischen Mobilcom-Chef Schmid und dem eigenen Unternehmen.
Aktienemission?
Die französische Regierung sicherte dem angeschlagenen Konzern unterdessen finanzielle Hilfe zu, falls es wegen einer zu hohen Versuchuldung Probleme bei der Refinanzierung geben sollte. Im Gespräch seien der Verkauf von Aktien, eine Wandelanleihe oder ein Mix aus unterschiedlichen Finanzinstrumenten, berichteten Zeitungen unter Berufung auf unternehmensnahe Kreise.
"Eine Kapitalerhöhung würde eine dramatische Verbesserung bringen", sagte Bertrand Schmitt von SG Securities im Gespräch mit n-tv. Dem schließt sich auch Aktienanalyst Schickentanz an. Bei einer Aktienemission im Volumen von zehn Mrd. Euro - einem Betrag, der die Finanzierungsprobleme der kommenden beiden Jahre lösen würde - und einem unterstellten Bezugspreis von sechs Euro, müsste France Telecom rund 1,67 Mrd. neue Aktien auf den Markt werfen. "Das wäre eine Verdoppelung des gegenwärtigen Streubesitzes ", sagt Schickentanz und gibt zu bedenken, dass der ohnehin niedrige Aktienkurs weiter verwässert würde.
Das Ende der Ära Bon?
Altaktionären wird das kaum passen, zumal der Wert ihrer Papiere zurzeit irgendwo bei 10,- Euro dümpelt. Sie machen France Telecom-Chef Michel Bon für die Misere des Unternehmens verantwortlich. Eine Sichtweise, der sich seit etwa zwei Wochen auch die französische Regierung anschließt. Medienberichten zufolge drängen sie auf eine baldige Ablösung des Chefs. "Die Tage von Michel Bon als Unternehmenschef sind gezählt", glaubt Schickentanz und rechnet damit, dass schon am Donnerstag ein Nachfolger bekannt gegeben wird. Wer das sein könnte, vermag er allerdings nicht zu sagen. "Irgendein französischer Top-Manager wird es werden", so viel steht für ihn fest.
Anfang September brachte das Magazin "L'Expansion " Airbus-Chef Noel Foregeard als möglichen Nachfolger ins Gespräch. Ein Sprecher dementierte dies allerdings umgehend. Doch Foregeard taucht nicht das erste Mal im Zusammenhang mit einem Wechsel zu France Telecom in den Schlagzeilen auf. Erst Mitte Juli hatte er entsprechende Spekulationen zurück gewiesen und gesagt: "Ich habe keine Absicht davon zu fliegen. Denn ich bin nicht einer, der geht, bevor er seine Arbeit gemacht hat. " Er werde seiner Verantwortung nachkommen.