Von Pierer lässt Nachfolger auf defizitärem Handygeschäft sitzen
Siemens-Chef Heinrich von Pierer übergibt den Mobiltelefonbau als Verlustbringer an seinen Nachfolger Klaus Kleinfeld. Der Vorstand soll in den kommenden Wochen eine Entscheidung über die Problemsparte treffen.
"Wir werden innerhalb der nächsten paar Wochen eine Lösung sehen", sagte von Pierer dem Fernsehsender CNBC am Donnerstag. Dabei schloss der scheidende Konzernchef auch einen Verkauf nicht aus. Der Verlust im Handygeschäft lag im vierten Quartal bei 143 Mio. Euro, nach 141 Mio. Euro im Vorquartal, teilte der Konzern mit.
Die Division von Siemens wird nach Worten von Finanzvorstand Heinz-Joachim Neubürger voraussichtlich auch im laufenden zweiten Quartal Verluste einfahren. Er hoffe darauf, dass die Sparte von Januar bis März einen deutlich geringeren Fehlbetrag aufweise, sagte Neubürger am Donnerstag vor der Hauptversammlung in einer Telefonkonferenz mit Analysten.
Von Pierer hatte die Devise ausgegeben, die Division zu sanieren, zu verkaufen, zu schließen - oder eine Kooperation einzugehen. "Man kann diese Dinge nicht mit der Brechstange lösen. Die schlechteste Option für die Mobiltelefone wäre eine, die den Wert des Geschäfts zerstört", sagte von Pierer.
Der chinesische Telekomausrüster Huawei hatte am Mittwoch Interesse am Handygeschäft von Siemens gezeigt. "Wir wollen im europäischen Markt für Mobiltelefone aufschlagen. In diesem Zusammenhang sollte man vor nichts die Augen verschließen", hatte ein Sprecher von Huawei der Financial Times Deutschland gesagt.
Gewinnplus als Abschiedsgeschenk
Die Siemens-Aktionäre treffen sich am Donnerstag zur Hauptversammlung in München. Vorstandschef von Pierer wechselt dann in den Aufsichtsrat, wo er den Vorsitz übernehmen will. Sein seit Sommer bekannter Nachfolger Klaus Kleinfeld steht vor der Aufgabe, die vielen nach wie vor renditeschwachen Sparten des Konzerns auf Erfolgskurs zu bringen.
Der Konzern verabschiedet seinen langjährigen Chef mit einem dicken Gewinnplus. Siemens hat im Auftaktquartal 2004/05 bei einem sinkendem Umsatz einen Anstieg des operativen Gewinns verbucht. Im Startquartal des laufenden Geschäftsjahrs kletterte der Gewinn nach Steuern auf 1 Mrd. Euro - ein Plus von 38 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Der Umsatz stieg um ein Prozent auf 18,17 Mrd. Euro. Siemens-Anteile gehörten gegen 11.00 Uhr MEZ mit einem Plus von 1,1 Prozent zu den Gewinnern in einem insgesamt leicht schwächeren Dax.
Einen konkreten Ausblick auf das Geschäftsjahr blieb das Münchner Unternehmen aber schuldig. Der US-Erzrivale General Electric hat für 2005 einen Gewinnanstieg um 10 bis 15 Prozent angekündigt.
Neuausrichtung prägt laufendes Geschäftsjahr
Das laufende Geschäftsjahr von Siemens werde womöglich von Sondereffekten im Arbeitsgebiet Information & Communication geprägt sein, die sich unter anderem aus der Neuausrichtung des Handygeschäfts ergeben könnten, sagte von Pierer. "Dennoch richten wir alle Anstrengungen darauf, das Konzernergebnis auf vergleichbarer Basis auch im laufenden Geschäftsjahr zu steigern." Das Umsatzplus hänge auch von der Entwicklung des Euro ab.
Kleinfeld gilt als harter Sanierer und hat bereits das verlustreiche US-Geschäft wieder in die Gewinnzone gebracht. Der Weg zum Umbau oder Verkauf des Handygeschäfts und zu profitablen Zukäufen sei lang, sagte der Fondsmanager Jörg Schäfer von AMB Generali Asset Management, der vom neuen Konzernchef einen entschlosseneren Kurs erwartet: "Kleinfeld wird resoluter vorgehen."