Gewinne, Gewinne, Gewinne
Zwar trüben der Kirch- und der Mannesmann-Prozess als PR-Debakel den Glanz, Analysten sind dennoch optimistisch gestimmt. Vorstandschef Ackermann sollte sein wichtigstes Ziel, die Ertragskraft der Bank zu stärken, im neuen Jahr umsetzen können.
Frankfurt am Main - Bei der Deutschen Bank dürften zu Jahresbeginn 2004 Juristen zu den wichtigsten Mitarbeitern zählen: Gleich im Januar ist Prozessauftakt im Falle Mannesmann, wo sich Vorstandssprecher Josef Ackermann in Düsseldorf den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft vor Gericht stellen muss.
Doch auch die PR-Strategen werden gefragt sein, soll das Bild der Bank in der Öffentlichkeit im kommenden Jahr nicht alleine vom Auftreten Ackermanns im Düsseldorfer Landgericht bestimmt sein. Das dürfte allerdings keine leichte Aufgabe werden, zumal der Konzern noch das überraschende Kirch-Urteil in den Knochen hat.
Von alldem will sich der Mann an der Spitze aber nicht beirren lassen. Ackermann beteuerte stets, dass er den Prozess an der Spitze des Instituts durchstehen und keineswegs zurücktreten wolle. Auch die deutsche Bankenaufsicht BaFin sieht kein Problem durch die Doppelbelastung und bescheinigte Ackermann, dass er sein Amt als Vorstandssprecher trotz des Prozesses weiter ausführen könne.
Marktteilnehmer wiesen zudem darauf hin, dass es klare Kursvorgaben des Schweizers gebe. "Er betreibt die Deutsche Bank ja nicht im Alleingang", zeigte sich ein Marktteilnehmer gelassen.
Ackermanns Strategie erhält gutes Zeugnis
Ausschlaggebender für das Urteil der Bankenexperten ist und bleibt indes die Strategie, die Ackermann der Deutschen Bank verordnet hat. Diese wird von der Mehrheit der Analysten mit einem guten Zeugnis bedacht. Die Kostensenkungen sowie die Konzentration auf wenige Kerngeschäftsfelder seien positiv, wertete ein Analyst.
Unter Ackermann habe es zudem kaum "strategische Schlenker" gegeben, hieß es weiter: "Der setzt schlicht um, was er zuvor angekündigt hat". Auch der Trend bei den Unternehmenszahlen stimme: Nach wie vor weise das Institut unter den drei deutschen Großbanken die größte operative Stärke auf, werteten die Experten der Hamburger Sparkasse.
Bei der Restrukturierung sei die Bank ebenfalls "voll im Plan", urteilte ein weiteres Analysehaus. Auch bei den Kostensenkungen legt die Bank die Hände nicht in den Schoß: Ackermann zufolge sollen diese 2004 auf unter 16,5 Milliarden Euro gedrückt werden. Ebenso soll am Kurs festgehalten werden, bankfremde Beteiligungen zu veräußern. Bislang wurden unter Ackermann Beteiligungen im Wert von rund acht Milliarden Euro verkauft, verblieben sind noch der 12-prozentige Anteil an DaimlerChrysler und zehn Prozent an Linde. Auch diese stehen Ackermann zufolge zur Disposition, sobald der Preis stimmt. Dies könnte einen schönen Buchgewinn für die Bank bedeuten: Die stillen Reserven aus den verbliebenen Beteiligungen summierten sich per Ende September auf rund 700 Millionen Euro.
2004 soll das Jahr der Ertragssteigerung werden
Nachdem die Bank mit Kosteneinsparungen, Beteiligungsverkäufen sowie dem Outsourcing von Randgeschäften ihre Verschlankung weitgehend abgeschlossen hat, wurde 2004 von Ackermann zum Jahr der Ertragssteigerung ausgerufen. Die "Erhöhung der operativen Schlagkraft" (Ackermann) soll mittelfristig zu einer Eigenkapitalrendite vor Steuern von 25 Prozent führen.
"Wir sind zuversichtlich, dass wir die angestrebte Eigenkapitalrendite erreichen werden", schrieb Ackermann unlängst an die Aktionäre. Schon zu seinem Amtsantritt hatte er deutlich gemacht, seinen Erfolg vor allem an der Verbesserung der vergleichsweise niedrigen Börsenkapitalisierung zu messen.
Bevor sich Ackermann zufrieden zurücklegen kann, bleibt Analysten zufolge aber noch viel zu tun: Die Profitabilität im Vergleich zu den angelsächsischen Instituten gilt vielen Beobachtern immer noch als unzureichend. Einige Analysten erwarten von der Bank weitere Kostenkorrekturen, betonen aber zugleich, dass jüngste Aussagen der Bank darauf schließen ließen, dass das Ende der großen Kostensenkungsrunden gekommen sei.
Zudem fordern die Analysten auch weitere Bemühungen der Bank, ihre Privatkundensparte ähnlich stark zu machen wie die Corporate & Investment Bank. Ackermann hatte im September angedeutet, dass 2004 mit einem Erfolgsbeitrag der Privatkundensparte von 1 Milliarden Euro zu rechnen sei.
Kurzfristig keine Akquisitionen
Analysten gestanden der Deutschen Bank jedoch zu, dass die deutsche Bankenstruktur es erheblich erschwere, das Privatkundengeschäft zu einer ähnlichen Ertragsmaschine wie in den USA oder Großbritannien zu machen. Die Privatbanken müssten in Deutschland dringend zu höheren Marktanteilen kommen, um im Massengeschäft erfolgreich sein zu können. Zwar erwartet auch Ackermann eine "ganz wesentliche" Konsolidierung im europäischen Bankensektor. Zugleich schloss er für sein Institut "auf kurze Sicht" Akquisitionen aus.
Nach Einschätzung einiger Analysten ist die Deutsche Bank 2004 dennoch einer der "Top-Picks" im europäischen Bankensektor. Die Experten gehen von einer deutlichen Verbesserung der Rendite aus, sodass die Bewertung deutlich profitieren dürfte.
Banken mit ähnlichem RoE würden mit dem doppelten Buchwert gehandelt, während die Deutsche Bank mit 1,5 dahinter zurückbleibe, hieß es. Sollte sich der Bankenmarkt aufgrund der anziehenden Konjunktur beleben, werde davon vor allem die Deutsche Bank profitieren, so die Begründung.
Auch Standard & Poor's setzte unlängst den Rating-Ausblick für die Bank von zuvor "negativ" wieder auf "stabil" und begründete dies mit dem stabilisierten operativen Umfeld für das Kerngeschäft der Bank.
Christian Streckert (vwd)