Befreiungsschlag der Erb-Gruppe
Bald keine Verpflichtungen mehr gegenüber der CBB
Am Montag sind zwischen der Erb-Gruppe und der deutschen CBB Holding die Verträge ausgehandelt worden, wonach die CBB die Patronatserklärung an Erb zurückgibt, aus der weitere Forderungen von einigen hundert Millionen Franken an die Erb- Gruppe ableitbar gewesen wären. Die Gläubiger dürften etwas erleichtert sein.
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Bti. Die Riesenschulden des Winterthurer Erb- Konzerns, mit denen trotz gesunder operativer Basis mehrere Holdings in die Nachlassstundung oder in den Konkurs gezwungen wurden (vgl. NZZ vom 6./7. 12. 03), dürften neben Schäden noch unbekannten Ausmasses bei zahlreichen Gläubigern auch den Privatkonkurs der beiden Brüder Erb nach sich ziehen. Nun scheint den Erbs, die sich anscheinend auch selbst um eine im Rahmen des noch Möglichen schadenbegrenzende Abwicklung der Gruppen-Auflösung bemühen, ein Befreiungsschlag gelungen zu sein, der die Situation für die Gläubiger tendenziell etwas entspannt.
Rückgabe der Patronatserklärung
Auslöser des ganzen Debakels waren ja hauptsächlich die Fehlinvestitionen mit gigantischen Folgezahlungen bei der deutschen Immobilienholding CBB. Zugunsten dieser sanierungsbedürftigen und mehrheitlich von Erb-Firmen kontrollierten Holding besteht noch immer eine betraglich unbeschränkte und zeitlich unbegrenzte Patronatserklärung mit der Verpflichtung zu Verlustübernahmen im Ausmass von derzeit 275 Mio. Euro. Daneben wurden weitere Patronatserklärungen gegenüber CBB-Gruppenunternehmen sowie kreditgebenden Banken abgegeben. Für die CBB, die seit Jahren mit Verlust arbeitet, bildete die Patronatsvereinbarung sowohl bezüglich Bilanz als auch hinsichtlich Liquidität einen zentralen finanziellen Pfeiler, der ihr Überleben sicherte. Eine Ablösung der Patronatsvereinbarung musste folglich mit einer Sanierung der CBB verbunden werden.
Die Erbs und ihnen nahestehende Investoren verfügen neben Forderungen direkt und indirekt mittlerweile über rund 91% des Grundkapitals der CBB. Angesichts der Drohung, dass die Erb-Firmen ihren Verpflichtungen aus der Patronatsvereinbarung nicht mehr nachkommen (können), ist eine bilanziell und liquiditätsmässig nötige Restrukturierung dieser Holding nur mit Hilfe von Drittinvestoren umsetzbar. Solche Investoren sollen vorhanden sein, und den Erbs ist es nach zähen Verhandlungen gelungen, gegen Forderungsverzichte ihrer Gruppenfirmen die Rückgabe der Patronatserklärung einzuhandeln.
Verhandlungen über Liquiditätshilfen
Gleichzeitig wird heute Dienstag mit den Banken über Überbrückungs- und Liquiditätshilfen zugunsten der operativen Gesellschaften der Erb- Gruppe verhandelt. Diesen Verhandlungen kommt insofern Bedeutung zu, als ihr erfolgreicher Ausgang das Tagesgeschäft stabilisieren und übereilte Verkäufe der ohnehin zu veräussernden Firmen verhindern kann. Einige Banken könnten freilich an raschen und entsprechend günstigen Veräusserungen ein Interesse haben, um ihre Kredite bei den neuen Eigentümern auf günstigerer Basis gesichert zu wissen. Dass die Banken zumindest mit «kosmetisch» behandelten Bilanzen - durch wen auch immer - getäuscht worden sind, wagt zurzeit kaum mehr jemand in Frage zu stellen. Ebenso offensichtlich ist jedoch, dass einige Institute bei ihrer Kreditvergabe recht fahrlässig gehandelt haben.
Unvermeidlicher Privatkonkurs
Für die Gebrüder Erb selbst, die im Urteil auch von Konkurrenten operativ teilweise gute Arbeit geleistet, aber als Spielernaturen zu lange weiter gepokert haben, dürfte der Privatkonkurs unabwendbar sein. Noch vor wenigen Jahren haben sie beim Verkauf der Bank Roth an die Swissfirst den privaten Erlös zum Schuldenabbau in die Gruppe gesteckt, und sie haben bis zuletzt mit hohen privaten Bürgschaften Löcher vordergründig zu stopfen versucht. Das kontrastiert jedenfalls etwas mit der Etikettierung der beiden als betrügerische Konkursiten und schamlose Bereicherer. In den letzten Wochen waren sie ferner über die Erkenntnisse und Vorgänge in der Gruppe offenbar sehr schlecht informiert und auch kaum einbezogen worden. Soweit ersichtlich, stehen sie nun vor dem Nichts; auch Vermögensüberschreibungen relativ kurz vor dem Kollaps der Gruppenholdings dürften erfolgreich angefochten werden können.
EBC London kritisiert Erb-Sanierer
(ap) Die Finanzgesellschaft EBC Asset Management in London hat den Erb-Konzernchef in einer Mitteilung der irreführenden Darstellung bezichtigt. Weder er noch die BDO Visura als Wirtschaftsprüfer hätten Auskünfte über Zahlungen verlangt. Seit 1994 seien 918 Mio. Fr. von Gesellschaften der Erb-Gruppe an die EBC überwiesen worden. Davon seien Einzelbeträge unter anderem an die CBB in Köln weitergeleitet oder Kredite im Zusammenhang mit der CBB bedient worden. Weitere Zahlungen an oder von Mitgliedern der Familie Erb habe es nicht gegeben.
Der Zürcher Staatsanwalt ermittelt gegen die Erb-Gruppe
(ap) Die für Wirtschaftsdelikte zuständige Zürcher Bezirksanwaltschaft hat Ermittlungen gegen die kollabierte Winterthurer Erb-Gruppe eingeleitet. Strafanzeigen seien zwar noch keine eingegangen, sagte Staatsanwalt Christian Weber am Montag auf Anfrage; aufgrund seiner bisherigen Kenntnisse des Falles habe er aber ein Vorabklärungsverfahren eingeleitet. Er habe Unterlagen angefordert, um sie auf strafrelevante Fakten zu untersuchen. Bei den möglichen Strafhandlungen wie Urkunden- oder Bilanzfälschung sowie Kreditgewährung unter falschen Angaben handelt es sich um Offizialdelikte, weshalb eine Anzeige zur Einleitung des Verfahrens nicht Bedingung ist.
Eine Ablösung der Patronatsvereinbarung musste folglich mit einer Sanierung der CBB verbunden werden