Das Kapital: Wozu noch Bankaktien analysieren?
Was bringen Ergebnisschätzungen und Kursziele der Analysten eigentlich noch, wenn schon die nächste Abschreibung das Eigenkapital auslöschen kann?
Hätte man sich noch vor ein, zwei Jahren als Aktienanalyst für Banken damit profilieren können, als Erster vor dem sich anbahnenden Desaster zu warnen, indem man etwa als einziger auf das Missverhältnis zwischen dem Wachstum der Volkswirtschaften und dem der Bankbilanzen, Bankgewinne und damit der Bankenmarktkapitalisierung hinwies, so ist es heute sicherlich einer der undankbarsten Jobs, Bankaktien zu analysieren. Ist es nicht ohnehin vergeudete Liebesmüh?
Sicher, man kann ein wenig mit den Zahlen fummeln. Darauf hinweisen, dass die Commerzbank allein für die Bedienung der stillen Einlagen jährlich 1,54 Mrd. Euro hinlegen muss, was 60 Prozent ihres besten je erzielten operativen Ergebnisses entspricht. Darauf hinweisen, dass der Bund eines Tages 100 Prozent der Einlagen wiedersehen möchte, was eine weitere enorme Verwässerung impliziert. Allerdings kann man nur mutmaßen, warum diese Kapitalerhöhung nötig ist, Details nannte die Coba ja keine. Es muss im vierten Quartal nochmal richtig geknallt haben. Die UBS schätzt, dass die Dresdner nochmal 3 Mrd. Euro Verlust eingefahren hat. Der Kapitalbedarf könnte aber auch auf eine Ausweitung der risikogewichteten Aktiva zurückzuführen sein. Eigentlich egal. Angesichts der Dimension des laufenden Deleveraging-Prozesses, der Entwertung immer neuer Vermögensklassen und immer neuer Wertberichtigungen bleibt Bankenanalyse Russisch Roulette. Insbesondere angesichts der dünnen Eigenkapitaldecken, die in absurd niedrigem Verhältnis zu den abschreibungsgefährdeten Aktiva stehen.
Quelle: Financial Times Deutschland