Streit zwischen MobilCom und France Telecom wird schärfer (Zus)
Büdelsdorf (vwd) - Die am Freitag offen entbrannte Auseinandersetzung
zwischen der MobilCom AG, Büdelsdorf, und der France Telecom SA, Paris, hat
am Montag ihr erstes personelles Opfer gefordert: MobilCom-Vorstand Vianney
Hennes erklärte seinen Rücktritt. Mit einem "Loyalitätskonflikt" begründete
das deutsche Telekomunternehmen die Amtsniederlegung. Hennes sei zuvor
Angestellter beim französischen Telekomkonzern gewesen, und seine Aufgabe
habe nach France-Telecom-Angaben unter anderem darin bestanden, deren
Interessen bei MobilCom zu vertreten.
Hennes ist das erste personelle aber nicht das einzige Opfer der an
Schärfe gewinnenden Auseinandersetzung. Zu den Verlierern gehören auch die
Aktionäre. Um mehr als fünf Prozent auf 17,07 EUR bricht der Kurs der
Mobilcom-Aktie am frühen Montagabend ein. Händler glauben, dass sich die
Aktie in den kommenden Tagen bis auf 16 EUR bzw 15 EUR verbilligen kann.
Eigentlich sollte die France Telecom kein Interesse an einem fallenden
MobilCom-Kurs haben. Immerhin hält der hoch verschuldete Telekomkonzern über
seine Tochter Orange SA 28,5 Prozent an MobilCom.
Marktbeobachter halten es jedoch für möglich, dass France Telecom mit
öffentlicher Kritik an dem Geschäftsplan von MobilCom den Titel
herunterreden will, um selbst billiger an die Aktien zu kommen. Das
"Handelsblatt" berichtete am Montag, der französische Konzern wolle eher als
vertraglich vorgesehen nach der Mehrheit an MobilCom greifen und sich noch
in diesem Jahr das 43-prozentige Aktienpaket des Vorstandsvorsitzenden
Gerhard Schmid sichern. Entsprechende Gespräche sollen bereits in den
vergangenen Wochen in Paris stattgefunden haben, erfuhr die Zeitung aus
Aufsichtsratskreisen von MobilCom.
Schmid lehne allerdings den Verkauf seiner Beteiligung ab. Er dränge
darauf, dass die Franzosen die vertraglich vorgesehenen Investitionen in den
Ausbau des deutschen UMTS-Netzes erfüllen. Darüber sind beide Seiten
unterdessen völlig uneinig. Die France-Telecom-Tochter Orange sieht sich
durch das so genannte Cooperation Framework Agreement (CFA) nur zu
Finanzhilfen für das UMTS-Geschäft verpflichtet. Der MobilCom-Geschäftsplan,
dem Orange nicht zugestimmt habe, müsse dagegen nicht finanziert werden. Bis
eine Einigung über einen UMTS-Geschäftsplan getroffen worden sei, liege die
Verpflichtung MobilCom gegenüber bei Null.
MobilCom sieht sich demgegenüber aber durch das CFA nicht in der Pflicht,
die Zustimmung der France Telcom in Fragen wie dem Businessplan einzuholen.
Lediglich die Interessen müssten zwischen beiden Seiten koordiniert werden,
hieß es am Montag aus Büdelsdorf.
Die Auseinandersetzung zwischen MobilCom und France Telcom zeigt nach
Ansicht von Frank Rothauge von Sal. Oppenheim die Nervosität der Franzosen.
France Telecom versuche, die UMTS-Investitionsonspläne der Büdeldorfer zu
revidieren und wesentlich vorsichtiger zu handhaben, um die
Refinanzierungsverpflichtungen zu drücken. Rothauge verweist auf die
drohende Herabstufung der Unternehmensbonität von France Telecom. Sollten
die Agenturen ihre Ratings senken, wäre dies "fatal", sagt Rothauge. Damit
geriete das Unternehmen in den Junk-Bond-Bereich.
Orange stellte unterdessen klar, MobilCom müsse ihre Strategie und ihren
Geschäftsplan prüfen angesichts der grundsätzlichen Veränderungen, die sich
auf dem deutschen Mobilfunkmarkt in den zurückliegenden zwei Jahren ergeben
hätten. Die MobilCom-Ziele seien zu optimistisch, sagen auch Analysten. So
wolle die Gesellschaft ihre Kundenzahl bis 2003 auf 7,6 Millionen nach 5,1
Millionen per Ende September erhöhen. Jährliche Wachstumsraten von rund 20
Prozent sind nach Ansicht des Analysten Klaus Baumann von SES Research in
Hamburg "in einem saturierten Markt sehr schwierig".
Angesichts der Auseinandersetzung zwischen den beiden Unternehmen wird am
Markt bereits spekuliert, France Telecom könne sich einen anderen Partner
auf dem deutschen Markt als Mobilcom suchen. Die KPN NV, Den Haag, würde
ihre Tochter E-Plus gerne dem französischen Wettbewerber als Partner
anbieten, heißt es, auch wenn dies aus den Niederlanden zunächst dementiert
wird. Die Analysten zeigen sich jedoch überzeugt, dass France Telecom und
ihre deutsche Tochter bis April noch einen Kompromiss erreichen werden.
MobilCom sei von der Finanzkraft des französischen Konzerns abhängig.
Sollten sich beide Unternehmen nicht auf eine Strategie beim UMTS-Ausbau
einigen, so heißt es, könne France Telecom ihre eigene Strategie zwar
erzwingen. MobilCom-Hauptaktionär Gerhard Schmidt könne allerdings dann
seine Put-Option ausüben, und France Telecom müsste diese Anteile
übernehmen. Dadurch kämen auf France Telecom rund sieben Mrd EUR zusätzliche
Verbindlichkeiten zu - zusätzlich zu den bereits vorhandenen 65 Mrd EUR
Schulden des früheren französischen Monopolisten.
vwd/18.2.2002/jhe/rio