Gespräch mit Heiner Flassbeck. Über den Irrsinn auf den Finanzmärkten, über Börsenzocker und hirnloses Gefasel von deutschen Ökonomen
Interview: Klaus Fischer und Peter Wolter
Heiner Flassbeck ist promovierter Volkswirt und war von 1998 bis 1999 Staatssekretär. Er beriet den damaligen Bundesfinanzminister Oskar Lafontaine (SPD) bei dessen Versuch, zusammen mit dessen französischem Amtskollegen Dominique Strauss-Kahn eine keynesianische Finanz- und Währungspolitik auf europäischer Ebene zu etablieren. Seit dem Jahr 2000 ist Flassbeck Chefvolkswirt bei der Welthandels- und Entwicklungskonferenz UNCTAD (United Nations Conference on Trade and Development) in Genf.
Die Krise der Finanzmärkte hat Bankkonzerne, Private Equity- und Hedgefonds, Kreditversicherer und Ratingagenturen schwer getroffen. Im ersten Quartal dieses Jahres machte z.B. die Deutsche Bank 2,5 Milliarden Euro Verlust, die Schweizer UBS sogar 7,6 Milliarden. Auch die Landesbanken sind betroffen – die Bayern LB z. B. mit 4,3 Milliarden Minus im vergangenen Jahr, die WestLB mit 1,6. Mit welchen Katastrophenmeldungen müssen wir noch rechnen?
Das ist nicht so leicht vorherzusagen. Nach allgemein verbreiteten Schätzungen ist erst die Hälfte der Verluste bekannt, die insgesamt erwartet werden. Wir können also damit rechnen, daß noch einmal rund 300 Milliarden Dollar Verlust weltweit bei irgendwelchen Banken auftauchen – wo, wissen wir aber noch nicht, da wir die Bankbilanzen nicht kennen. Wir müssen also auf Überraschungen aus allen möglichen Ecken und Winkeln der Erde gefaßt sein. Die UBS und die Deutsche Bank haben ja gerade eine neue Runde eingeläutet.
Es wird immer häufiger befürchtet, daß die Finanzkrise nicht mehr beherrschbar ist und in die Realwirtschaft durchschlägt, daß es also zu Firmenzusammenbrüchen, Massenentlassungen etc. kommt. Für wie groß halten Sie denn die Gefahr?
Die Finanzkrise schlägt ja schon durch, und zwar beginnend dort, wo sie entstanden ist, nämlich in den USA. Der Wohnungsbau in den USA ist so gut wie zum Erliegen gekommen, und es ist zu erwarten, daß die US-Wirtschaft jetzt sichtbar in die Rezession rutscht. Es ist ja auch nicht so, daß die Finanzmärkte im luftleeren Raum operieren – am Ende muß ja alles aus der Realwirtschaft heraus bezahlt werden, was die Finanzzocker sich gegenseitig versprechen. Die Jungs aus den Banken produzieren ja nichts – sie spielen nur mit dem Einkommen und dem Vermögen, das andere irgendwo produziert haben.
In den USA wird bereits davon geredet, strauchelnde Banken notfalls zu verstaatlichen. Und in der BRD hat Josef Ackermann, Chef der Deutschen Bank, auch schon an den Selbstheilungskräften des Marktes gezweifelt.
Es ist ja irgendwie beruhigend, daß nun einzelne Akteure ihre Grenzen erkennen und nach der Politik rufen. Eigentlich ist das für viele ja auch eine wichtige Lektion, daß sie nach Jahrzehnten der Markt*euphorie endlich mal wieder mit der Realität konfrontiert werden. Wir stehen doch vor einer fast perfekten Parallele zur Weltwirtschaftskrise in den Jahren 1929/30. Das einzige, was jetzt noch fehlt, ist die öffentliche Panik, daß also die Leute vor lauter Angst ihr Geld abheben. Es zeigt sich wieder einmal, daß man die Märkte nicht sich selbst überlassen kann – vor allem nicht die Finanzmärkte. Da muß der Staat massiv regulieren. Und wenn es ganz ernst wird, muß er auch mal eine Bank verstaatlichen. Das ist auf jeden Fall eine bessere Lösung als die, die man für die US-Bank Bear Stearns gefunden hat. Die US-Zentralbank hat dieses Geldhaus durch eine öffentliche Garantie verkaufbar gemacht und sie damit dem Käufer als Schnäppchen vor die Füße geworfen. Es wäre besser gewesen, wenn der Staat sie selbst erworben und später, nach der Sanierung, wieder für teures Geld verkauft hätte.
Letztlich sind es ja die Mittel der Lohn- und Gehaltsabhängigen, die in der Finanzwelt verzockt werden. Ein krasses Beispiel ist die deutsche Privatbank IKB, deren Spielschulden der Staat jetzt über Steuergelder bezahlt hat. Ähnlich ist es bei den Umverteilungssystemen für die Altersversorgung, die auch in Deutschland allmählich aufgelöst werden. Die privaten Versicherungen bekommen damit Zugriff auf die Summen, die sich Durchschnittsverdiener für zusätzliche Vorsorge abknapsen müssen. Wie kann man so etwas stoppen?
Zunächst muß ernsthaft darüber diskutiert werden, wie private Vorsorge überhaupt funktionieren soll. Unheimlich viele Leute haben doch ihr Erspartes schon zu irgendwelchen Pensionsfonds geschleppt, die sich dann gegenseitig im Versprechen von völlig unrealistischen Renditen überbieten. Nicht zuletzt dadurch ist diese irrsinnige Zockerei an den Finanzmärkten entstanden. Auch der deutsche Staat hat den Leuten eingeredet, die gesetzliche Rente sei kaputt, deswegen müsse man privat vorsorgen. Die Folge ist, daß viel mehr Leute als früher ihr Erspartes nicht nur bei den Banken, sondern auch bei den Zockerfonds abgeben, die das Geld über massive Verschuldung verzehnfachen. Mit diesem Spielgeld versuchen sie, riesige Renditen zu erwirtschaften. Es ist doch völliger Unsinn zu glauben, das Geld sei sicherer, wenn man es zur Bank trägt, statt es dem Staat zu geben. Man kann kein Geld in die Zukunft transportieren, nur Sachgüter.
In New York und in der Londoner City fliegen Banker massenweise auf die Straße, und in manchen Bankkonzernen gibt es neue Aktionäre. Steht auch auf globaler Ebene so etwas wie ein Eigentümerwechsel an – und zwar zugunsten der Staatsfonds von China, Rußland, einzelnen Golfstaaten oder Brasilien?
Global erleben wir in der Tat eine massive Umverteilung zugunsten der Rohstoffproduzenten. Darunter sind auch solche Länder, denen man das wirklich gönnt, weil sie jahrzehntelang unter den niedrigen Preisen für Rohstoffe und Agrarprodukte gelitten haben. Diese Länder profitieren jetzt und exportieren Kapital, wobei China allerdings kein Rohstoffproduzent ist, sondern seine Vorteile aus den Produktionskapazitäten zieht, die viele westliche Firmen dort hingestellt haben.
Aber auch hier gilt: Geld läßt sich nun mal nicht in die Zukunft transportieren. Volkswirtschaftlich gesehen ist das Geldvermögen der Welt immer genau gleich null – wo nämlich Vermögen ist, muß es auch Schuldner geben. Deshalb müssen Schulden, die hier und heute wegen der hohen Rohstoffpreise entstehen, von den Rohstoffproduzenten unmittelbar finanziert werden – anders geht das nicht.
Wir haben in Deutschland einen öffentlich-rechtlichen Bankensektor, der sich ungeniert an Spekulationen mit den Schrottimmobilien aus den USA beteiligt hat. Hat sich dieser Bankensektor so diskreditiert, daß er eigentlich überflüssig ist?
Das finde ich übertrieben. Der öffentlich-rechtliche Sektor hat sich nach dem, was wir bisher wissen, nicht mehr blamiert als etwa die hochgelobten Privatbanken der Schweiz – ich erinnere nur an den diese Woche bekanntgegebenen Quartalsverlust der größten Schweizer Bank von 7,6 Milliarden Euro. Man sollte die Frage anders stellen, etwa so: Haben öffentlich-rechtliche Geldinstitute nichts Besseres zu tun, als sich in solchen Spekulationen zu verzetteln?
Wenn sie das nämlich tun, sind sie eigentlich nicht mehr öffentlich-rechtliche, sondern private Banken. Nehmen wir doch die deutsche IKB als Beispiel – der Staat ist daran zwar beteiligt, die Bank selbst hat aber mit öffentlich-rechtlich überhaupt nichts am Hut.
Ähnlich wie die IKB haben aber auch die Landesbanken operiert. Die haben ihre Verluste nämlich deswegen eingefahren, weil man ihnen jahrelang eingeredet hat, daß es ganz schlecht ist, eine staatliche Bank zu sein. Folglich ist es an den Haaren herbeigezogen, jetzt zu sagen, sie hätten sich deswegen verspekuliert, weil sie öffentlich-rechtlich sind.
Hätten die Auswirkungen der Krise auf Deutschland und andere europäische Länder gedämpft werden können, wenn der öffentliche Bankensektor sich von vornherein an strengere Regeln hätte halten müssen? Wenn es ihm also verboten gewesen wäre, sich an derartigen Spekulationen zu beteiligen?
Das hätte man bei diesen Banken genau so verhindern müssen wie bei den privaten Instituten. Bei den wirklich öffentlich-rechtlichen hat aber der Staat die Mehrheit – der hätte also dafür sorgen müssen, daß sich das Management aus solchen Geschäften völlig heraushält.
Hat in Deutschland zur jetzigen Entwicklung nicht auch beigetragen, daß Mitarbeiter der Bankenlobby an Ministeriumsschreibtischen sitzen und an den Spielregeln mitschreiben?
Das spielt sicher eine Rolle. Nicht nur ich beklage seit langem, daß es zu solchen dramatischen Fehlentwicklungen gekommen ist. Die Kompetenz der Ministerien reicht offenbar nicht aus, um mit diesem Finanzsystem umzugehen. Das ist öffentliche Armut im traurigsten Sinne, so etwas müßte umgehend abgestellt werden. Jeder Politiker oder hohe Beamte, der im Finanz- oder Wirtschaftsministerium ernst genommen werden will, müßte diese Leute sofort nach Hause schicken. Und es müßte dafür gesorgt werden, daß statt dessen unabhängige Fachleute angeworben oder Beamte entsprechend qualifiziert werden, auch wenn das ein paar Euro mehr kostet.
Die Krise hat hier in Europa für den Mann auf der Straße im Moment noch relativ wenig Auswirkungen, wohl aber auf die Bilanzen verschiedener Banken. Andererseits sind Europa und Deutschland stark vom Export abhängig. Droht der lukrative US-Markt angesichts der beginnenden Rezession wegzubrechen?
Der ist schon weggebrochen, da sollten wir uns nichts vormachen. Nach meinen Berechnungen ist heute die Kostensituation in Deutschland angesichts der Dollarschwäche schlechter als in den USA – vor zwei Jahren war sie noch wesentlich besser. Das sieht man auch daran, daß die US-Exporte massiv zulegen.
In Europa haben wir aber noch ein anderes Problem. Deutschland hat mit seiner Politik des Gürtel-enger-Schnallens – zum Beispiel durch das Lohndumping – die anderen Staaten an die Wand gedrückt. Da es wegen der einheitlichen Währung keine Wechselkurse innerhalb des Euro-Raums mehr gibt, läßt sich das nicht mehr auf diesem Wege ausgleichen. Ich sehe im Augenblick überhaupt keine Lösung, wie Länder wie Italien, Spanien, Portugal, aber auch Frankreich das deutsche Übergewicht jemals wieder ausgleichen können. In einer Währungsunion ist es nötig, daß alle die gleichen Chancen haben. Es kann nicht sein, daß auf Dauer einer davonzieht.
Ich lebe in Frankreich – dort wird heute ebenso wie in Italien offen über die Deindustrialisierung gesprochen. Nur wenige haben gemerkt, daß das mit der Lohnstrategie in Deutschland zu tun hat, das sich auf diesem Wege zu Lasten der europäischen Partner reindustrialisiert.
Deutschland konkurriert also andere europäische Länder nieder?
So ist es. Und wie das endet, kann man am Beispiel Ost- und Westdeutschland sehr schön verfolgen. Am Ende muß der Sieger nämlich über Transfers die Einkommen der Unterlegenen bezahlen – und das mit erheblichen politischen Kollateralschäden.
Staaten wie Italien, Spanien oder Frankreich haben offenbar erhebliche Probleme, ihren bisher erreichten Lebensstandard zu halten. Erklärt sich dadurch auch die Hinwendung des französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy zu den USA und Großbritannien? Ist das eine Abkehr von der politischen Achse Berlin–Paris?
Vielleicht hat man in Frankreich auch das Gefühl, daß man diesem Deutschland nicht mehr gewachsen ist. Man möchte lieber mit Partnern zu tun haben, mit denen man auf Augenhöhe verkehren kann. Für Deutschland und seine Märkte kann das in der Zukunft äußerst problematisch werden.
Ein Extremfall scheint Spanien zu sein. Die Immobilienmärkte dort sind gewaltig aufgeblasen, dennoch wird das Land unverdrossen weiter zubetoniert. Steht der EU da ein riesiger Sanierungsfall ins Haus?
Ich kenne die letzten Zahlen nicht so genau, aber ich glaube, daß der Bauboom dort schon zu Ende ist. Das ist ein den USA vergleichbarer Fall. In Spanien ist die Deindustrialisierung wahrscheinlich am weitesten fortgeschritten, das Land hat ein Leistungsdefizit von zehn Prozent des Bruttoinlandprodukts. Das heißt: Zehn Prozent dessen, was das Land jedes Jahr verbraucht, wird über Kredite aus dem Ausland bezahlt. Da wir aber in einer Währungsunion leben, können die Spanier das unter normalen Umständen niemals zurückzahlen. Das heißt in letzter Konsequenz, daß wir den Spaniern die Güter schenken, die sie jetzt auf Kredit kaufen.
Der Dollar fällt immer weiter. Deutschland wird in diesem Jahr trotzdem wieder Exportweltmeister sein – wenn auch knapp vor der Volksrepublik China. Wie ist das überhaupt möglich?
Es ist schon ziemlich abstrus, daß ein Land mit 80 Millionen Einwohnern mehr exportiert als eines mit 1,3 Milliarden. Abstrus ist das auch im Vergleich zu den USA, die über 300 Millionen Einwohner haben. Das zeigt aber, wie extrem sich Deutschland gerade in den letzten Jahren über den Export zu Lasten anderer zu sanieren versucht.
Jeder vernünftige Mensch müßte sich fragen, wie es dazu kommen konnte. Wie irregeleitet viele in Deutschland sind, sieht man daran, daß einer der einflußreichsten deutschen Ökonomen immer noch von Basarökonomie, also von reiner Tauschökonomie, faselt, obwohl das Land eine irrsinnige Wettbewerbsfähigkeit hat und ebenso irrsinnige Überschüsse der Exporte über die Importe erwirtschaftet.
Irregeleitet? Heißt das, daß die deutschen Wirtschaftspolitiker und Ökonomen nicht auf der Höhe der Zeit sind?
Ich will über die Politiker gar nicht reden. Aber wenn man sich deren Berater ansieht, dann ist das schon sehr traurig. Es gibt in Deutschland viele Leute, die mit großer ideologischer Begeisterung Ökonomie betreiben – sie haben aber immer nur den Markt und das neoklassische Modell vor Augen. Und daraus versuchen sie mit Gewalt abzuleiten, was ihnen wirtschaftspolitisch vernünftig erscheint.
Exportweltmeister zu sein, heißt nicht unbedingt, daß auch die Bevölkerung etwas davon hat. In Deutschland liegt das Pro-Kopf-Einkommen immer noch deutlich unter dem Großbritanniens, Frankreichs und kleinerer Staaten wie Österreich und Luxemburg. Von Liechtenstein mal ganz zu schweigen. Könnte das nicht ein Ansporn sein, die Löhne deutlich zu erhöhen und so den Binnenmarkt anzukurbeln? Oder ist das politisch nicht gewollt?
Ob das politisch nicht gewollt ist, ist eine schwierige Frage. Ich würde die zurückhaltende Lohnpolitik nicht unmittelbar an das Pro-Kopf-Einkommen hängen – da muß man mit der Berechnung sehr vorsichtig sein. Das sähe schon ganz anders aus, wenn man Ostdeutschland rausnimmt. Und noch anders sähe das aus, wenn man das pro Arbeitsstunde rechnet.
Aber richtig ist, daß es da ein Problem gibt. Die unglaubliche Exportstärke und die unfaßbare Binnenmarktschwäche sprechen ja Bände. In den letzten Jahren ist in Deutschland ein enormes Ungleichgewicht entstanden, das sich nur dadurch beseitigen läßt, daß die Löhne und Gehälter über lange Zeit sehr viel stärker steigen als in den vergangenen zehn Jahren. Der öffentliche Dienst hat hier mit dem jüngsten Tarifabschluß einen ersten Schritt getan. Erst wenn wir diese Angleichung haben, wird sich die Nachfragesituation normalisieren. Die Zusammenhänge sind aber in der Öffentlichkeit noch überhaupt nicht angekommen, weil sie von Politikern, Ökonomen und den Medien einfach niedergeschwiegen werden. Vor allem den Ökonomen dürfte es sehr peinlich sein, jetzt zugeben zu müssen, daß ihre Thesen über die Lohnzurückhaltung falsch waren.
Gesetzt den Fall, Sie wären Staatssekretär oder gar Minister. Welche Sofortmaßnahmen würden Sie verfügen?
Die Agenda, die ich 1998/99 als Staatssekretär im Bundesfinanzministerium aufgestellt habe, gilt immer noch. Ihre Kernaussage ist, daß wir eine völlig andere makroökonomische Steuerung in Europa brauchen. Das betrifft die Europäische Zentralbank, die Lohnkoordination, aber auch den Steuerwettbewerb zwischen den Ländern. In Deutschland selbst müssen wir uns von ganz vielen Ideologien trennen: Etwa von den Vorstellungen über die Rentenversicherung oder vom Demographieirrsinn, der um sich gegriffen hat. Unfug sind auch diese Wahnvorstellungen über die zu hohen Lohnnebenkosten, was zu zahlreichen Fehlentscheidungen in der konkreten Politik führt.
Aber selbst Gewerkschaften reden von der angeblich nötigen Senkung der Lohnnebenkosten.
Das ist ja das Schlimme. Viele haben sich leider auf diesen Zug setzen lassen, ohne zu wissen, was sie tun. Viele – nicht alle! – Gewerkschafter haben sich da einfach mitziehen lassen, obwohl es überhaupt kein Problem mit den Lohnnebenkosten gibt. Dagegen existieren unendlich viele Bereiche, in denen man ansetzen müßte.
Es geht jetzt gar nicht einmal nur um konkrete Maßnahmen, mit denen die Politik geändert werden könnte. Das Denken muss verändert werden. Das heißt vor allem, wir müssen den Menschen und den Politikern wieder begreiflich machen, dass viele Dinge in einem gesamtwirtschaftlichen Zusammenhang ganz anders funktionieren als in einem einzelnen Unternehmen oder in einem privaten Haushalt. Die Rentenpolitik, ich sagte es schon, ist hier der größte Skandal. Trotz der massiven Krise an den Finanzmärkten wird weiter eine gnadenlose Kampagne gegen die gesetzliche Rentenversicherung gefahren – unglaublich viele gutgläubige Menschen fallen darauf herein.
Als Politiker kann man sich vornehmen, noch so viele Maßnahmen durchsetzen – das nützt aber alles nichts, wenn die Masse der Menschen und der Mandatsträger nicht begreift, worum es geht. Das war 1998 auch so, als Oskar Lafontaine Finanzminister wurde und ich sein Staatssekretär: Große Teile der SPD hatten überhaupt nicht kapiert, worum es eigentlich ging. Und sie verstehen es leider bis heute nicht.
Quelle: www.jungewelt.de/2008/04-05/001.php
Mit rasender Geschwindigkeit in den Abgrund, mit aufgeblendeten Scheinwerfern ins Verderben, und
niemand zuckt auch nur mit der Wimper.