2. November 2011, 17:32 Uhr
Frankfurt/Düsseldorf (Reuters) - Große Finanzinvestoren haben Insidern zufolge die Fühler nach der Edelstahl-Sparte von ThyssenKrupp ausgestreckt.
Der Konzern habe die kürzlich auf den Namen Inoxum getaufte Sparte mit sechs Milliarden Euro Umsatz hochrangigen Vertretern von Private-Equity-Firmen ausführlich präsentiert, sagten mehrere mit den Gesprächen vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch. "Das waren mehr als nur unverbindliche Gespräche", sagte ein Insider. Unter den Interessenten seien Blackstone, KKR und Apollo, sagte ein anderer. ThyssenKrupp erhoffe sich durch den Verkauf einer Mehrheitsbeteiligung einen Milliardenerlös. Ein Konzern-Sprecher bekräftigte lediglich, dass weiterhin alle Optionen geprüft würden.
Für den neuen Thyssenkrupp-Chef Heinrich Hiesinger ist die Trennung von Inoxum der Kern des Konzernumbaus, mit dem er bis Herbst 2012 die Schulden von derzeit über sechs Milliarden Euro deutlich senken will. Der einstige Siemens-Manager will Geschäft mit rund zehn Milliarden Euro Umsatz abstoßen. Dazu gehört auch die Autozuliefer-Sparte. Betroffen sind etwa 35.000 der knapp 180.000 ThyssenKrupp-Beschäftigten.
Finanzinvestoren waren zuletzt als Käufer für ThyssenKrupp Stainless aus dem Blickfeld geraten. In der Schuldenkrise haben viele von ihnen Schwierigkeiten, mehr als eine Milliarde Euro an Fremdkapital aufzubringen. In Branchenkreisen hieß es, Hiesinger wolle mindestens eine Milliarde Euro erlösen. Diese Größenordnung wäre auch bei einem Börsengang anvisiert worden. "Ob sie die Übernahme stemmen könnten, muss sich noch zeigen", sagte ein Insider. Der Wert der Edelstahl-Sparte war im Frühjahr inklusive Schulden auf mehr als drei Milliarden Euro veranschlagt worden, ThyssenKrupp will allerdings beteiligt bleiben. Stainless hatte 2009/10 (Ende September) rote Zahlen geschrieben, aber in den ersten neun Monaten 2010/11 die Gewinnwende geschafft.
Die Arbeitnehmervertreter bei ThyssenKrupp haben sich ein Mitspracherecht bei dem Verkauf einräumen lassen. Sie sind oft skeptisch gegenüber der Private-Equity-Branche, die bei ihren Unternehmen teilweise hart durchgreift. "Ein Verkauf bringt per se mehr Unsicherheit mit sich", sagte ein Arbeitnehmervertreter aus der Sparte Reuters. Die Beschäftigten bevorzugten eine Abtrennung oder einen Börsengang. Maßstab sei maximale Sicherheit und die Perspektiven für die Beschäftigten. "Je unsicherer der Markt und die Eigentümerverhältnisse werden, desto größer wird das Sicherheitsbedürfnis der Menschen." Dass der Vorstand einen Verkauf ohne Zustimmung der Arbeitnehmer durchziehen würde, sei schwer vorstellbar.
VORBILD ARCELOR-MITTAL
Hiesinger hatte einen Börsengang von ThyssenKrupp Stainless als eine von drei Möglichkeiten bezeichnet. Die Erfolgschancen dafür werden von Investmentbankern aber angesichts der Krise als gering angesehen. Ein Insider sagte, ThyssenKrupp habe sich von einem IPO schon verabschiedet. Daneben wird eine Abspaltung geprüft, bei der die Edelstahl-Sparte gelistet, die Aktien aber an die eigenen Aktionäre ausgegeben würden. Die Entscheidung darüber müsste bis Anfang Dezember fallen. Vorbild für einen Spin-off ist der Rivale Arcelor-Mittal, der seine Edelstahl-Tochter Aperam auf diese Weise losgeworden war.
Damit wäre ThyssenKrupp zwar die Last der Investitionen in Stainless los und könnte Inoxum noch Schulden aufbürden, würde aber keinen Verkaufserlös einnehmen. Gegen einen Verkauf der Sparte an einen strategischen Käufer sprechen absehbare Bedenken der Kartellbehörden, weil die Branche stark konzentriert ist. Finanzinvestoren hätten diese Probleme nicht.
KKR und Blackstone wollten sich nicht äußern, Apollo war zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
de.reuters.com/article/companiesNews/idDEBEE7A10ES20111102