Bei ThyssenKrupp brechen mitten in der größten Krise der Firmengeschichte die alten Machtstrukturen auf
Wien/Essen - Die mächtige Krupp-Stiftung hat bei der Kapitalerhöhung von ThyssenKrupp nicht mitgezogen und verliert deshalb ihre Sperrminorität von 25 Prozent. Die Beteiligung der Stiftung sei auf 22,99 Prozent gesunken. Das bestätigte die neue Chefin der Krupp-Stiftung, Ursula Gather, die diese Position seit dem Tod des Ruhrpatriarchen Berthold Beitz im Juli innehat.
Bisher galt die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung als Garant für den Erhalt des Konzerns mit 150.000 Mitarbeitern und als Bollwerk gegen eine feindliche Übernahme oder Zerschlagung.
Der schwedische Finanzinvestor Cevian, der bisher 6,1 Prozent hielt, habe hingegen neue Aktien gezeichnet. Er halte künftig wohl über zehn Prozent. Thyssen Krupp hat 51,5 Mio. neue Aktien ausgegeben und dafür 882 Mio. Euro eingenommen.
Die mächtige Krupp-Stiftung konnte sich den Kauf neuer Aktien nicht leisten, heißt es. Die Stiftung lebt hauptsächlich von der Dividende, die ThyssenKrupp auszahlt. Die ist aber nicht nur im Vorjahr ausgefallen, sondern wird auch für das jüngst zu Ende gegangene Geschäftsjahr 2012/2013 (30. September) nach einem Verlust von 1,5 Mrd. Euro (im Vorjahr waren es fünf Mrd. Euro) ausbleiben.
Stiftung verliert AR-Mandate
Als Folge der Verwässerung verliert die Stiftung eines ihrer bislang drei Aufsichtsratsmandate. Diesen Posten dürfte nun ein Vertreter von Cevian übernehmen.
ThyssenKrupp steckt seit Jahren in einer tiefen Krise. Grund dafür sind u. a. zwei hochdefizitäre Stahlwerke in Brasilien und den USA. Zwar konnte ThyssenKrupp sein US-Werk in Alabama nun an ein Konsortium aus Weltmarktführer ArcelorMittal und dem japanischen Konkurrenten Nippon Steel mit hohen Verlusten verkaufen. Allerdings wird der Deal möglicherweise erst im dritten Quartal des kommenden Jahres abgeschlossen sein. Thyssen-Chef Heinrich Hiesinger rechnet mit einer vertieften Prüfung der Wettbewerbsbehörden. Bis dahin fallen die Verluste weiter bei ThyssenKrupp an. Im Geschäftsjahr 2012/13 waren das knapp 500 Mio. Euro. Und wann die brasilianische Hütte Gewinne schreibt, ist nicht abzusehen.
Zusätzliche Belastungen ergeben sich darüber hinaus aus dem Edelstahlgeschäft, das ThyssenKrupp erst im Vorjahr an den finnischen Konkurrenten Outokumpu verkauft hatte. Nachdem der Käufer am Rande der Pleite stand, musste ThyssenKrupp den Verkauf zum Teil rückgängig machen.
Nach dem Hinauswurf des halben Vorstandes musste heuer auch Gerhard Cromme als Aufsichtsratschef den Konzern verlassen. Seit 1. April steht der frühere Henkel-Chef Ulrich Lehner dem ThyssenKrupp-Aufsichtsrat vor. (cr, DER STANDARD, 4.12.2013)
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