HV-Bericht MediGene AG
Seit dem 30. Juni 2000 notiert die Aktie der MediGene AG am Neuen Markt. Die Erstzeichner zahlten 42 Euro pro Aktie, derzeit notiert das Papier ca. 50% unter dem Emissionskurs.
Der Aufsichtsratsvorsitzende Prof. Winnacker eröffnete vor ca. 150 Anwesenden die erste ordentliche Hauptversammlung nach dem Börsengang am 23.Mai 2001 in der Gaststätte Heide-Volm in Planegg/Martinsried bei München. Für GSC Research war Mathias Goeritz vor Ort und erstellte diesen Bericht.
Bericht des Vorstands
Der Vorstandsvorsitzende Herr Dr. Heinrich stellte zunächst das Unternehmen vor: "Hauptstandort" sei Martinsried, durch die "sehr, sehr wichtige Akquisition" der NeuroVir in den USA sei man nun auch dort vertreten. MediGene konzentriert sich auf die beiden Indikationsgebiete Kardiologie und Onkologie. Vom Medikamentenmarkt nimmt die Kardiologie 21% ein, die Onkologie 10%. Herr Heinrich ging auf die Vorteile der Biotechnologie ein und das Wachstum der derart produzierten, kausal wirkenden Medikamente. Der Medikamentenmarkt und insbesondere die Biotechnologie seien wegen der Alterung der Bevölkerung und der dadurch zunehmenden Krankheiten "nicht zyklisch" sondern wachstumsstark.
MediGene entwickelt auf Basis eigener oder im Rahmen von Übernahmen oder Kooperationen zugewonnener Technologieplattformen eigene Medikamente und vertreibt sie. Zusätzlich wird zwecks Generierung von cash-flow im Rahmen von Kooperationen wie z.B. mit Schering und Aventis bei einzelnen Projekten die Entwicklungsarbeit übernommen. Hierbei übernimmt die Pharmaindustrie ab Phase 3 der klinischen Studien und übernimmt den Vertrieb.
MediGene arbeitet auf Grundlage von vier Technologieplattformen, ITD, AAV, CVLP und HSV:
Im Rahmen des Integrated-Target-Definition(ITD) Programms werden durch Feinabstimmung diverser Technologien krankheitsrelevante Gene und Proteine im Bereich der Kardiologie analysiert und validisiert mit dem Ziel, neue, ursächlich wirkende Medikamente zu identifizieren. Beispiel hierfür sei das in Phase 2 der klinischen Studie befindliche Produkt Etomoxir für die Behandlung bei Herzinsuffizienz.
Der Adeno-assoziierte Vector (AAV) schleust wie ein Trojanisches Pferd z.B. immunstimulatorische Gene in Tumorpatienten, um deren Immunsystem zu aktivieren. Dieses Vorgehen ist geeignet bei Parkinson oder ähnlichen Erkrankungen und wie bei Blutern und schwarzem Hautkrebs.
Durch Chimäre virus-ähnliche Partikel (CVLP) wird die Virushülle nachgebaut. Dieser scheinbare Virus verursacht eine Pseudoinfektion und stimuliert so das Immunsystem zur Bekämpfung der Virusinfektion. Da 90% aller Gebärmutterhals-Krebsfälle von einem typischen Virus verursacht werden, ist es erfolgversprechend, das Immunsystem gegen dieses Virus zu aktivieren. Das Produkt befindet sich in der ersten Phase der klinischen Erprobung.
Die modifizierten Herpes Simplex Viren (HSV) zerstören Tumorzellen, ohne gesundes Gewebe anzugreifen. Diese durch den Zukauf der NeuroVir erworbene Technologie soll bei bösartigen Hirntumoren und Dickdarmkrebsmetastasen aus der Leber wirken und befindet sich in der klinischen Erforschung.
Das aktuelle Tätigkeitsfeld der MediGene liegt beim Krankheitsbild Herzkrankheiten auf den Indikationen Herzinsuffizienz und Herzmuskelschwäche auf Basis der Technologien Etomoxir und ITD. Bei der Onkologie werden Prostatakrebs, Schwarzer Hautkrebs, Glioblastoma (Hirntumor) und Lebermetastasen durch die Technologien des Tumor-Impfstoffs, modifizierte HSViren und AAV-Genfähre bekämpft.
Da die verschiedenen Krebsarten sich gravierend unterscheiden, wird es nie eine einheitliche Krebstherapie geben können, die Krebstherapie wird tumorspezifisch, wenn nicht gar patientenspezifisch ausfallen. Beim Krankheitsbild der HPV-induzierten Tumorerkrankungen werden die Genitaltumore und der Gebärmutterhalskrebs durch die Entwicklung eines CVLPbasierten therapeutischen Impfstoff, Tumor-Impfstoffe und das Produkt PolyphenonE angegangen.
Das erste MediGene-Produkt soll 2003 auf den Markt kommen. Bei dem Produkt Leuprogel wird derzeit die Zulassung in der EU vorbereitet. Leuprogel wurde von Atrix in den USA im Rahmen einer exklusiven europäischen Lizenz übernommen. Leuprogel kombiniert zwei Technologien, zum einen erfolgt die Darreichung durch Spritzen von Wirkstoffdepots unter die Haut, die langsam abgebaut werden und zum anderen wirkt das Produkt testosteronsenkend. Das nächste Produkt Polyphenon befindet sich in Phase 3 des klinischen Zulassungsprozesses.
Ein Produkt mit "Blockbusterpotential" (über 500 Mio. Euro Umsatzpotential pro Jahr) ist Etomaxir (Herzinsuffizienz). Hier ist man in der klinischen Phase 2. Diese Phase 2 werde man bei dem G207(Gehirntumore) im zweiten Halbjahr des laufenden Jahres einleiten. Beim CVLP-Krebsimpfstoff, einer Kooperation mit Schering, und bei NV1020 (Lebermetastasen) ist MediGene in der klinischen Phase 1. Der noch in der präklinischen Entwicklung befindliche rAAV-Impfstoff (Hautkrebs), eine Kooperation mit Aventis, wird in die klinische Phase 1 im laufenden Jahr eintreten. An dem Erfolg der beiden Kooperations-Medikamente wird MediGene über Royalties profitieren.
Die Strategie von MediGene umfasst die Identifizierung der krankheitsverursachenden Gene bzw. Proteine, die Wirkstoffsuche, die präklinische Entwicklung und die Durchführung klinischer Studien, die Zulassung und den Vertrieb des Medikamentes. Die Wirkstoffsuche erfolgt in Zusammenarbeit mit Partnern wie Evotec. Die Kompetenz in der Zulassung und dem Vertrieb von Medikamenten soll intern aufgebaut werden.
Dr. Heinrich teilte Biotech-Unternehmen in drei Kategorien ein: Zulieferer, Plattform- und Produktunternehmen. Die Zulieferer liefen Reagenzien und Geräte, was schnelle Realisierung von Umsätzen bei geringer Marge und beschränktem Wachstum verspreche. Die Plattform-Unternehmen bieten Technologien an, mit denen (i.d.R.) die großen Pharmaunternehmen neue Ansatzpunkte für Medikamente identifizieren können. Das Problem sei die tendenziell geringer werdende "Halbwertzeit" von Technologien, die einen steigenden Aufwand für deren Weiterentwicklung erforderlich macht.
Am Neuen Markt gehört allein MediGene zur letzten Gruppe, den Produktunternehmen. Von der Identifizierung des Wirkstoffes bis zur Vermarktung befindet sich das gesamte Know-how in der Firma, die eigene Produkte im Portfolio hat. Nachteil sei die teure Entwicklungszeit, die selbst finanziert werden muss, der korrespondierende Vorteil sind dann aber auch neben dem ungeteilten Umsatzpotenzial die hohen Margen der Pharmaindustrie im Erfolgsfalle.
Am Medikamentenmarkt befindet sich derzeit mit Epogen von Amgen/Kirin nur ein Biotech-Medikament untern den 10 umsatzstärksten Medikamenten. Dagegen befinden sich 8 der 10 zukünftig umsatzstärksten Medikamente in der Produktpipeline von Biotech-Unternehmen. MediGene sei "zuversichtlich", mit Etomoxir (Zulassung 2006) dazuzugehören.
Im Geschäftsjahr 2000 wurden Kooperations (Forschung und Entwicklung)- und Lizenzverträge mit Aventis (therapeutischer Impfstoff zur Behandlung von schwarzem Hautkrebs) und Schering (therapeutischer Impfstoff zur Behandlung von Gebärmutterhalskrebs) geschlossen. Weiterhin wurde im Bereich der ITD-Plattformen mit den Unternehmen CompuGen, GeneData, Affymetrix und Ciphergen vereinbart. Das von der Universität Erlangen entwickelte "In Vitro-Herz" zum Wirkstoff-Screening und zur Validierung von Genen wurde "einlizensiert". 200 krankheitsrelevante Zielgene wurden identifiziert.
Auf dem Gebiet der AAV-Technologie wurde ein Forschungsabkommen mit der LMU München getroffen. Im präklinischen und klinischen Entwicklungsbereich wurde über "zahlreiche" Dienstleistungsverträge das Kooperationsnetzwerk stark ausgeweitet. Die Abteilung für die klinische Entwicklung wurde in den letzten beiden Jahren aufgebaut, bei dem Mittel Polyphenon (zur Behandlung von Genitaltumoren) wurde mit der klinischen Phase 3 begonnen, bei Etomoxir (zur Behandlung von Herzinsuffizienz) begann die Phase 2. Weiteres wichtiges Ereignis war die Übernahme der US-kanadischen NeuroVir Therapeutics Inc., die im ersten Quartal 2001 abgeschlossen wurde. Das Unternehmen firmiert nun unter MediGene Inc.
Unter sonstigen betriebliche Erträgen fasst MediGene die Forschungs- und Entwicklungszahlungen von Partnern an MediGene zusammen. Absolut stiegen die Zahlungen von 5,96 auf 6,35 Mio. Euro. Der Anteil der Meilenstein- und Lizenzeinnahmen sank von 47 auf 17%, der Anteil der Fördermittel von 31 auf 12%. Der Anteil der Forschungs- und Entwicklungszahlungen der Partner blieb mit 36% stabil. Von Null auf 35% stiegen die Rechtskostenzahlungen der Partner.
Die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung stiegen um 76% auf 13,8 Mio. Euro, die Allgemeinen Verwaltungskosten um nahezu 100% auf knapp 2 Mio. Euro. Das EBIT betrug minus 10,341 Mio. Euro. Größter Ausgabeposten war wie im Vorjahr mit knapp 50% Kostenanteil das Segment HPV-Indikatoren. Steigenden Kostenanteil wird in 2001 das Segment Kardiologie einnehmen. Die Anzahl der Mitarbeiter beträgt aktuell 117, davon sind 80% in der Forschung und Entwicklung tätig.
Das Grundkapital ist per 14.5.01 in 11.177.391 Aktien eingeteilt. Inklusive aller ausstehender Optionen und Wandelschuldverschreibungen, also bei voller Verwässerung, sind es 11,6 Mio. Aktien. 77% der Papiere liegen im Streubesitz, 15% bei den Gründern, 8% bei den ehemaligen NeuroVir-Aktionären.
Herr Dr. Heinrich gab als vorläufige Zahlen zum ersten Quartal von 1,276 auf 1,191 Mio. Euro gesunkene sonstige betriebliche Erträge an. Durch die positive Geschäftsentwicklung bedingt stieg der Betriebsverlust von minus 1,699 Euro im Vorjahresquartal auf minus 3,419 Mio. Euro im ersten Quartal 2001. Durch die Übernahme von NeutroVir per Aktientausch entstand ein „nicht liquiditätswirksamer“ außerordentlicher Aufwand von 86,5 Mio. Euro, der wesentlich zu dem Periodenfehlbetrag von knapp 90 Mio. Euro beitrug.
In 2001 sollen weitere Zielgene, die im Zusammenhang mit Herzerkrankungen stehen, identifiziert werden. Die Forschung in der Kardiologie wird "signifikant" ausgeweitet, ebenso die präklinischen Aktivitäten in den Bereichen Kardiologie und Onkologie. Der Abschluss einer weiteren Kooperation im Bereich ITD wird erwartet. Mit dem Partner Evotec wird nach Wirkstoffkandidaten für die identifizierten Zielgene gesucht (Screening). Im Erfolgsfall sind Meilensteinzahlungen von Medigene an Evotec fällig. Im Laufe des Jahres soll die Integration der MediGene Inc. (vorm. NeuroVir) durch regelmäßigen Austausch der Mitarbeiter gefördert werden und eine Marketing- und Vertriebsstrategie zu Polyphenon und Leuprogel ausgearbeitet werden.
Mittelfristige Geschäftsziele sind Umsätze aus Produktverkäufen ab 2003 und das Erreichen der Gewinnschwelle in 2004. Des weiteren werden weitere Kooperations- und Lizenzverträge mit großen Pharmaunternehmen angestrebt. In 2005 sollen 75% des Umsatzes durch Produktverkäufe und Umsatzbeteiligungen an den Produktverkäufen der Partner generiert werden. Weiteres Wachstum soll durch Einlizensierungen und Übernahmen ermöglicht werden. Der derzeitige Businessplan ist voll finanziert. Der Börsengang brachte einen Erlös von 125 Mio. Euro.
Allgemeine Aussprache
Herr Schmitt von der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK) erkundigte sich nach dem Bestand der ausgewiesenen Wertpapiere. Herr Heinrich benannte die einzelnen Positionen, die zum großen Teil bereits zum Tag der Hauptversammlung wieder mit Gewinn oder ohne Verlust veräußert waren.
Angesichts des hohen Streubesitzes von mittlerweile 77% fragte Herr Schmitt, inwieweit sich VentureCapital-Geber von der Aktie getrennt haben. Herr Heinrich meinte, dass das VentureCapital noch an Bord sei.
Herr Schmitt ging auf die zu beschließende Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen ein und insbesondere auf den ausgedehnten Kreis der Begünstigten, der sogar Berater umfasst. Herr Heinrich machte auf die Ausgabehürde von 120% des Basispreises aufmerksam, die "durchaus anspruchsvoll" sei. In diesem Zusammenhang fragte Herr Schmitt, inwieweit bereits gewährte Optionen gewandelt wurden und inwieweit diese derart erworbenen Aktien vom Vorstand und Aufsichtsrat verkauft wurden. Herr Heinrich nannte eine durch Aufsichtsratsmitglieder gewandelte Zahl von knapp 20.000 Optionen, es seien jedoch keine Aktien verkauft worden.
Da die Angabe m Geschäftsbericht fehlte, erbat Herr Schmitt die Nennung der Vorstandsbezüge, die Herr Heinrich für die zwei Vorstände mit 669.000 DM bezifferte.
Auf die Übernahme der NeuroVir eingehend, fiel Herrn Schmitt auf, dass die erste Tranche (3 Mio. USD für 10%) nur ein Drittel des Preises der zweiten Tranche betrug. Herr Heinrich erläuterte, dass nur die erste Tranche im Mai 2000 in bar bezahlt wurde, die zweite Tranche (90%) wurde im November 2000 im Austausch gegen neue MediGene-Aktien erworben. Damit halten die ehemaligen NeuroVir-Inhaber ca. 8% der MediGene. Herr Heinrich stellte der 8-prozentigen Beteiligung ein erworbenes Marktpotential von 500 Mio. Euro und den Marktzugang in den USA gegenüber. Die Haltefristen der über 200 NeuroVir-Aktionäre wurde gestaffelt: 25% sind bis 24.5.01 gebunden, danach fällt bei jeweils 25% am 24.6.01; 24.7.01 und schließlich am 24.8.01 die Haltefrist. Herr Heinrich meinte, dass wegen der breiten Streuung der NeuroVir-Aktionäre ein Druck auf den MediGene-Aktienkurs im Zuge der auslaufenden Haltefristen nicht zu erwarten sei.
Messbare Angaben erbat Herr Schmitt zu den Risiken, die einem Erfolg eines Medikamentes gegenüberstehen. Das zweite Vorstandsmitglied Frau Holldack (Forschung) bezog sich auf den Branchenschnitt und meinte, dass mit Erreichen der ersten Phase die Erfolgswahrscheinlichkeit bei 10-20% liegt, in Phase 2 steigt sie auf 35-50% und mit Erreichen der Phase 3 beträgt die Erfolgswahrscheinlichkeit 70%. Nach Abschluss der Phase 3 der klinischen Entwicklung ist ein Erfolg zu 95% sicher.
Frau Holldack betonte, dass z.B. Etomoxir (Phase 2) eine überdurchschnittliche Erfolgswahrscheinlichkeit eingeräumt wird. Auf die Frage von Herrn Schmitt nach der Konkurrenzsituation von Etomoxir verwies Frau Holldack auf eine "Fülle von Medikamenten", die allerdings sämtlich einen anderen Wirkmechanismus als Etomoxir haben, in seiner Wirkungsweise sei Etomoxir "konkurrenzlos".
Herr Schmitt sprach den Rechtsstreit mit MedImmune und das Risiko der Kündigung der Partnerschaft seitens Schering an. Herr Heinrich erwartete eine Entscheidung erst in 2-3 Monaten. Im übrigen macht die Schering-Kooperation ca. 17% der sich aus der Produktpipeline summierenden potentiellen Verkaufserlöse aus. Analysten haben den Wert der Schering-Kooperation nach dem DiscountedCashFlow(DCF)-Modell auf 5% des Unternehmenswertes taxiert. Schering führt Vergleichsverhandlungen für MediGene mit dem Ziel einer Kooperation mit MedImmune..
Herr Moezer stellte die Dividendenfrage, Herr Heinrich erläuterte, dass Gewinne reinvestiert würden, eine Dividendenzahlung deshalb nicht absehbar ist.
Auf die Frage nach der Akquisitionsstrategie erklärte Herr Heinrich, dass Zielunternehmen Produkte haben müssen und nicht nur eine Technologie.
Der Aktionär Herr Tresser machte darauf aufmerksam, dass unter Aufwendungen für Forschung und Entwicklung auch Rechtskosten verbucht werden, was Herr Heinrich damit begründete, dass eine Projektkostenrechnung verfolgt werde, d.h. jedem Forschungsprojekt auch die zugehörigen Rechtsberaterkosten etc. zugeordnet werden.
Her Tresser vermisste im Vorstand einen Finanzvorstand, Herr Heinrich stimmte ihm zu und erklärte, dass der Aufsichtsrat bislang wegen der Größe des Unternehmens keine Notwendigkeit für die Rekrutierung eines Finanzvorstandes sah, aber im laufenden Jahr soll ein eigener internationaler Finanzvorstand über die Finanzabteilung "gestülpt" werden.
Herr Tresser bemerkte, dass der Fokus bislang auf Herzkreislauferkrankungen lag und nicht auf andere Bereiche wie z.B. die Onkologie ausgeweitet wurde. Frau Holldack verwies auf die nicht unbeschränkte "manpower", die nur ein gezieltes und konzentriertes Arbeiten gestatte.
Herr Tresser erkundigte sich nach den Details der Einlizensierung von Etomoxir. Frau Dr. Holldack führte aus, dass alle Indikationen durch die Vereinbarung gefasst sind und nannte als Gegenleistung Lizenzzahlungen, die Herr Heinrich auf unter 100.000 DM pro Jahr bezifferte.
Zur Bilanzierung nach US-GAAP bemerkte Herr Tresser, dass ein Gesetzentwurf "fast geltendes Recht" sei, nachdem ab 2005 der Abschluss nach IAS verlangt wird. Herr Heinrich nannte die Vergleichbarkeit mit den zumeist US-amerikanischen Wettbewerbern als Grund für die Bilanzierung nach US-GAAP, auch sei die Übernahme der US-amerikanischen IntroVir so einfacher gewesen.
Herr Tresser machte darauf aufmerksam, dass die aus der Kooperation mit Aventis auf MediGene entfallenden Vermarktungsrechte unbedeutend seien. Frau Dr. Holldack verwies darauf, dass MediGene durch Royalties von allen Verkäufen profitiere. Herr Heinrich ergänzte, dass "die Musik für MediGene bei den Eigenentwicklungen spielt“. In der Frühphase des Unternehmens seien Kooperationen wichtig, um Risiken zu streuen und Vertrauen zu Investoren aufzubauen.
Herr Tresser sprach die NeuroVir-Übernahme an und erkundigte sich nach dem Einverständnis der Mitarbeiter. Frau Dr. Holldack nannte die Übernahme ein "absolut friendly takeover". Die Fluktuation bei MediGene sei "minimal", nur 4 Mitarbeiter haben 2000 das Unternehmen verlassen.
Die Zahlungen für das einlizensierte Leuprogel belaufen sich auf bis zu 20 Mio. USD, Herr Tresser bat um Aufschlüsselung. Begründung bedurfte nach Meinung des Herrn Tresser, dass MedImmune die Vermarktungsrechte abgetreten habe und nicht selbst in der Vermarktung auftritt. Frau Dr. Holldack erläuterte, dass Atrix bei MediGene von einem Interesse bei der Vermarktung ausgehen konnte, MediGene hat kein Konkurrenzprodukt. Im Übrigen sei das angesprochene Marktvolumen zu klein für große Pharmakonzerne. Herr Tresser bat um Erläuterung, warum MediGene dafür zahlen müsse, dass sie die EU-Zulassung betreiben. Frau Dr. Holldack widersprach, die Aufwendungen seien keine Zahlungen, sondern die durch das Zulassungsverfahren entstehenden und von Medigene zu tragende Kosten.
Herr Tresser sprach die Zahlungen an Evotec an, Herr Heinrich sagte, es gebe Meilensteinzahlungen und ein fester Betrag bei Erfolg des Projektes.
Der Aktionär Herr Kionthe erkundigte sich nach einem an NeuroVir gewährten Kredit in Höhe von 3,2 Mio. Euro und sprach die Liquiditätssituation der Tochter an. Herr Heinrich meinte, dass diese Verbindlichkeiten bei NeuroVir verbleiben und aus Produktumsätzen an Medigene zurückgezahlt werden sollen, NeuroVir sei im Übrigen "kein überschuldetes Unternehmen", die Verluste werden aus dem Eigenkapital bezahlt.
Herr Kionthe machte abschließend darauf aufmerksam, dass Beteiligungsgesellschaften zum Börsengang ihre Wandelschuldverschreibungen in Aktien gewandelt haben und derart zu Bezugspreisen von 9,72 bis 10,29 Euro je Aktie kamen. Die Differenz zum Emissionskurs von 42 Euro fand Herr Kionthe unangemessen.
Abstimmungen
Von den das Grundkapital vertretenen 11.179.971 Aktien waren 3.928.665 präsent. Erstmalig wurde eine Aufsichtsratsvergütung festgesetzt, sie beträgt 12.000 Euro für jedes Mitglied (Aufsichtsratsvorsitzender 200%, Stellvertreter 150%).
Unter Ausnutzung des Beschlusses zur Schaffung bedingten Kapitals vom 15.Mai 2000 wurde die Gesellschaft ermächtigt, an Vorstände, Mitarbeiter und Berater bis zu einem Nennbetrag von 659.830 Euro Wandelschuldverschreibungen auszugeben. Weiterhin wurde ein bedingtes Kapital von insgesamt 1.503.000 Euro zwecks Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen und ein Genehmigtes Kapital in Höhe von 2.800.000 Euro geschaffen.
Fazit und Schlusssbemerkungen
Inzwischen wurden neue Aufsichtsratsmitglieder gewonnen, die Erfahrungen in der Medikamentenvermarktung (Michael Tarnow) und -entwicklung(Pol Bamelis) einbringen.
Am 30. Juni wurden 2.385.354 Aktien emittiert, mittlerweile liegen 77% der 11.179.971 Aktien im Streubesitz. Die zum großen Teil im laufenden Jahr auslaufenden Haltefristen des Vorstandes und der ehem. NeuroVir-Eigner dürften zu einem steigenden Streubesitzanteil führen.
Inwieweit die Probleme des Rechtsstreites mit MedImmune in die angedeutete konstruktive Lösung überführt werden können, bleibt abzuwarten.
Kontaktadresse
MediGene AG
Lochhamer Straße 11
82152 Martinsried
Tel.: 089/895632-0
Fax: 089/895632-20
Internet: www.medigene.com
Investor Relations
Michael Nettersheim
Email: m.nettersheim@medigene.de
Seit dem 30. Juni 2000 notiert die Aktie der MediGene AG am Neuen Markt. Die Erstzeichner zahlten 42 Euro pro Aktie, derzeit notiert das Papier ca. 50% unter dem Emissionskurs.
Der Aufsichtsratsvorsitzende Prof. Winnacker eröffnete vor ca. 150 Anwesenden die erste ordentliche Hauptversammlung nach dem Börsengang am 23.Mai 2001 in der Gaststätte Heide-Volm in Planegg/Martinsried bei München. Für GSC Research war Mathias Goeritz vor Ort und erstellte diesen Bericht.
Bericht des Vorstands
Der Vorstandsvorsitzende Herr Dr. Heinrich stellte zunächst das Unternehmen vor: "Hauptstandort" sei Martinsried, durch die "sehr, sehr wichtige Akquisition" der NeuroVir in den USA sei man nun auch dort vertreten. MediGene konzentriert sich auf die beiden Indikationsgebiete Kardiologie und Onkologie. Vom Medikamentenmarkt nimmt die Kardiologie 21% ein, die Onkologie 10%. Herr Heinrich ging auf die Vorteile der Biotechnologie ein und das Wachstum der derart produzierten, kausal wirkenden Medikamente. Der Medikamentenmarkt und insbesondere die Biotechnologie seien wegen der Alterung der Bevölkerung und der dadurch zunehmenden Krankheiten "nicht zyklisch" sondern wachstumsstark.
MediGene entwickelt auf Basis eigener oder im Rahmen von Übernahmen oder Kooperationen zugewonnener Technologieplattformen eigene Medikamente und vertreibt sie. Zusätzlich wird zwecks Generierung von cash-flow im Rahmen von Kooperationen wie z.B. mit Schering und Aventis bei einzelnen Projekten die Entwicklungsarbeit übernommen. Hierbei übernimmt die Pharmaindustrie ab Phase 3 der klinischen Studien und übernimmt den Vertrieb.
MediGene arbeitet auf Grundlage von vier Technologieplattformen, ITD, AAV, CVLP und HSV:
Im Rahmen des Integrated-Target-Definition(ITD) Programms werden durch Feinabstimmung diverser Technologien krankheitsrelevante Gene und Proteine im Bereich der Kardiologie analysiert und validisiert mit dem Ziel, neue, ursächlich wirkende Medikamente zu identifizieren. Beispiel hierfür sei das in Phase 2 der klinischen Studie befindliche Produkt Etomoxir für die Behandlung bei Herzinsuffizienz.
Der Adeno-assoziierte Vector (AAV) schleust wie ein Trojanisches Pferd z.B. immunstimulatorische Gene in Tumorpatienten, um deren Immunsystem zu aktivieren. Dieses Vorgehen ist geeignet bei Parkinson oder ähnlichen Erkrankungen und wie bei Blutern und schwarzem Hautkrebs.
Durch Chimäre virus-ähnliche Partikel (CVLP) wird die Virushülle nachgebaut. Dieser scheinbare Virus verursacht eine Pseudoinfektion und stimuliert so das Immunsystem zur Bekämpfung der Virusinfektion. Da 90% aller Gebärmutterhals-Krebsfälle von einem typischen Virus verursacht werden, ist es erfolgversprechend, das Immunsystem gegen dieses Virus zu aktivieren. Das Produkt befindet sich in der ersten Phase der klinischen Erprobung.
Die modifizierten Herpes Simplex Viren (HSV) zerstören Tumorzellen, ohne gesundes Gewebe anzugreifen. Diese durch den Zukauf der NeuroVir erworbene Technologie soll bei bösartigen Hirntumoren und Dickdarmkrebsmetastasen aus der Leber wirken und befindet sich in der klinischen Erforschung.
Das aktuelle Tätigkeitsfeld der MediGene liegt beim Krankheitsbild Herzkrankheiten auf den Indikationen Herzinsuffizienz und Herzmuskelschwäche auf Basis der Technologien Etomoxir und ITD. Bei der Onkologie werden Prostatakrebs, Schwarzer Hautkrebs, Glioblastoma (Hirntumor) und Lebermetastasen durch die Technologien des Tumor-Impfstoffs, modifizierte HSViren und AAV-Genfähre bekämpft.
Da die verschiedenen Krebsarten sich gravierend unterscheiden, wird es nie eine einheitliche Krebstherapie geben können, die Krebstherapie wird tumorspezifisch, wenn nicht gar patientenspezifisch ausfallen. Beim Krankheitsbild der HPV-induzierten Tumorerkrankungen werden die Genitaltumore und der Gebärmutterhalskrebs durch die Entwicklung eines CVLPbasierten therapeutischen Impfstoff, Tumor-Impfstoffe und das Produkt PolyphenonE angegangen.
Das erste MediGene-Produkt soll 2003 auf den Markt kommen. Bei dem Produkt Leuprogel wird derzeit die Zulassung in der EU vorbereitet. Leuprogel wurde von Atrix in den USA im Rahmen einer exklusiven europäischen Lizenz übernommen. Leuprogel kombiniert zwei Technologien, zum einen erfolgt die Darreichung durch Spritzen von Wirkstoffdepots unter die Haut, die langsam abgebaut werden und zum anderen wirkt das Produkt testosteronsenkend. Das nächste Produkt Polyphenon befindet sich in Phase 3 des klinischen Zulassungsprozesses.
Ein Produkt mit "Blockbusterpotential" (über 500 Mio. Euro Umsatzpotential pro Jahr) ist Etomaxir (Herzinsuffizienz). Hier ist man in der klinischen Phase 2. Diese Phase 2 werde man bei dem G207(Gehirntumore) im zweiten Halbjahr des laufenden Jahres einleiten. Beim CVLP-Krebsimpfstoff, einer Kooperation mit Schering, und bei NV1020 (Lebermetastasen) ist MediGene in der klinischen Phase 1. Der noch in der präklinischen Entwicklung befindliche rAAV-Impfstoff (Hautkrebs), eine Kooperation mit Aventis, wird in die klinische Phase 1 im laufenden Jahr eintreten. An dem Erfolg der beiden Kooperations-Medikamente wird MediGene über Royalties profitieren.
Die Strategie von MediGene umfasst die Identifizierung der krankheitsverursachenden Gene bzw. Proteine, die Wirkstoffsuche, die präklinische Entwicklung und die Durchführung klinischer Studien, die Zulassung und den Vertrieb des Medikamentes. Die Wirkstoffsuche erfolgt in Zusammenarbeit mit Partnern wie Evotec. Die Kompetenz in der Zulassung und dem Vertrieb von Medikamenten soll intern aufgebaut werden.
Dr. Heinrich teilte Biotech-Unternehmen in drei Kategorien ein: Zulieferer, Plattform- und Produktunternehmen. Die Zulieferer liefen Reagenzien und Geräte, was schnelle Realisierung von Umsätzen bei geringer Marge und beschränktem Wachstum verspreche. Die Plattform-Unternehmen bieten Technologien an, mit denen (i.d.R.) die großen Pharmaunternehmen neue Ansatzpunkte für Medikamente identifizieren können. Das Problem sei die tendenziell geringer werdende "Halbwertzeit" von Technologien, die einen steigenden Aufwand für deren Weiterentwicklung erforderlich macht.
Am Neuen Markt gehört allein MediGene zur letzten Gruppe, den Produktunternehmen. Von der Identifizierung des Wirkstoffes bis zur Vermarktung befindet sich das gesamte Know-how in der Firma, die eigene Produkte im Portfolio hat. Nachteil sei die teure Entwicklungszeit, die selbst finanziert werden muss, der korrespondierende Vorteil sind dann aber auch neben dem ungeteilten Umsatzpotenzial die hohen Margen der Pharmaindustrie im Erfolgsfalle.
Am Medikamentenmarkt befindet sich derzeit mit Epogen von Amgen/Kirin nur ein Biotech-Medikament untern den 10 umsatzstärksten Medikamenten. Dagegen befinden sich 8 der 10 zukünftig umsatzstärksten Medikamente in der Produktpipeline von Biotech-Unternehmen. MediGene sei "zuversichtlich", mit Etomoxir (Zulassung 2006) dazuzugehören.
Im Geschäftsjahr 2000 wurden Kooperations (Forschung und Entwicklung)- und Lizenzverträge mit Aventis (therapeutischer Impfstoff zur Behandlung von schwarzem Hautkrebs) und Schering (therapeutischer Impfstoff zur Behandlung von Gebärmutterhalskrebs) geschlossen. Weiterhin wurde im Bereich der ITD-Plattformen mit den Unternehmen CompuGen, GeneData, Affymetrix und Ciphergen vereinbart. Das von der Universität Erlangen entwickelte "In Vitro-Herz" zum Wirkstoff-Screening und zur Validierung von Genen wurde "einlizensiert". 200 krankheitsrelevante Zielgene wurden identifiziert.
Auf dem Gebiet der AAV-Technologie wurde ein Forschungsabkommen mit der LMU München getroffen. Im präklinischen und klinischen Entwicklungsbereich wurde über "zahlreiche" Dienstleistungsverträge das Kooperationsnetzwerk stark ausgeweitet. Die Abteilung für die klinische Entwicklung wurde in den letzten beiden Jahren aufgebaut, bei dem Mittel Polyphenon (zur Behandlung von Genitaltumoren) wurde mit der klinischen Phase 3 begonnen, bei Etomoxir (zur Behandlung von Herzinsuffizienz) begann die Phase 2. Weiteres wichtiges Ereignis war die Übernahme der US-kanadischen NeuroVir Therapeutics Inc., die im ersten Quartal 2001 abgeschlossen wurde. Das Unternehmen firmiert nun unter MediGene Inc.
Unter sonstigen betriebliche Erträgen fasst MediGene die Forschungs- und Entwicklungszahlungen von Partnern an MediGene zusammen. Absolut stiegen die Zahlungen von 5,96 auf 6,35 Mio. Euro. Der Anteil der Meilenstein- und Lizenzeinnahmen sank von 47 auf 17%, der Anteil der Fördermittel von 31 auf 12%. Der Anteil der Forschungs- und Entwicklungszahlungen der Partner blieb mit 36% stabil. Von Null auf 35% stiegen die Rechtskostenzahlungen der Partner.
Die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung stiegen um 76% auf 13,8 Mio. Euro, die Allgemeinen Verwaltungskosten um nahezu 100% auf knapp 2 Mio. Euro. Das EBIT betrug minus 10,341 Mio. Euro. Größter Ausgabeposten war wie im Vorjahr mit knapp 50% Kostenanteil das Segment HPV-Indikatoren. Steigenden Kostenanteil wird in 2001 das Segment Kardiologie einnehmen. Die Anzahl der Mitarbeiter beträgt aktuell 117, davon sind 80% in der Forschung und Entwicklung tätig.
Das Grundkapital ist per 14.5.01 in 11.177.391 Aktien eingeteilt. Inklusive aller ausstehender Optionen und Wandelschuldverschreibungen, also bei voller Verwässerung, sind es 11,6 Mio. Aktien. 77% der Papiere liegen im Streubesitz, 15% bei den Gründern, 8% bei den ehemaligen NeuroVir-Aktionären.
Herr Dr. Heinrich gab als vorläufige Zahlen zum ersten Quartal von 1,276 auf 1,191 Mio. Euro gesunkene sonstige betriebliche Erträge an. Durch die positive Geschäftsentwicklung bedingt stieg der Betriebsverlust von minus 1,699 Euro im Vorjahresquartal auf minus 3,419 Mio. Euro im ersten Quartal 2001. Durch die Übernahme von NeutroVir per Aktientausch entstand ein „nicht liquiditätswirksamer“ außerordentlicher Aufwand von 86,5 Mio. Euro, der wesentlich zu dem Periodenfehlbetrag von knapp 90 Mio. Euro beitrug.
In 2001 sollen weitere Zielgene, die im Zusammenhang mit Herzerkrankungen stehen, identifiziert werden. Die Forschung in der Kardiologie wird "signifikant" ausgeweitet, ebenso die präklinischen Aktivitäten in den Bereichen Kardiologie und Onkologie. Der Abschluss einer weiteren Kooperation im Bereich ITD wird erwartet. Mit dem Partner Evotec wird nach Wirkstoffkandidaten für die identifizierten Zielgene gesucht (Screening). Im Erfolgsfall sind Meilensteinzahlungen von Medigene an Evotec fällig. Im Laufe des Jahres soll die Integration der MediGene Inc. (vorm. NeuroVir) durch regelmäßigen Austausch der Mitarbeiter gefördert werden und eine Marketing- und Vertriebsstrategie zu Polyphenon und Leuprogel ausgearbeitet werden.
Mittelfristige Geschäftsziele sind Umsätze aus Produktverkäufen ab 2003 und das Erreichen der Gewinnschwelle in 2004. Des weiteren werden weitere Kooperations- und Lizenzverträge mit großen Pharmaunternehmen angestrebt. In 2005 sollen 75% des Umsatzes durch Produktverkäufe und Umsatzbeteiligungen an den Produktverkäufen der Partner generiert werden. Weiteres Wachstum soll durch Einlizensierungen und Übernahmen ermöglicht werden. Der derzeitige Businessplan ist voll finanziert. Der Börsengang brachte einen Erlös von 125 Mio. Euro.
Allgemeine Aussprache
Herr Schmitt von der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK) erkundigte sich nach dem Bestand der ausgewiesenen Wertpapiere. Herr Heinrich benannte die einzelnen Positionen, die zum großen Teil bereits zum Tag der Hauptversammlung wieder mit Gewinn oder ohne Verlust veräußert waren.
Angesichts des hohen Streubesitzes von mittlerweile 77% fragte Herr Schmitt, inwieweit sich VentureCapital-Geber von der Aktie getrennt haben. Herr Heinrich meinte, dass das VentureCapital noch an Bord sei.
Herr Schmitt ging auf die zu beschließende Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen ein und insbesondere auf den ausgedehnten Kreis der Begünstigten, der sogar Berater umfasst. Herr Heinrich machte auf die Ausgabehürde von 120% des Basispreises aufmerksam, die "durchaus anspruchsvoll" sei. In diesem Zusammenhang fragte Herr Schmitt, inwieweit bereits gewährte Optionen gewandelt wurden und inwieweit diese derart erworbenen Aktien vom Vorstand und Aufsichtsrat verkauft wurden. Herr Heinrich nannte eine durch Aufsichtsratsmitglieder gewandelte Zahl von knapp 20.000 Optionen, es seien jedoch keine Aktien verkauft worden.
Da die Angabe m Geschäftsbericht fehlte, erbat Herr Schmitt die Nennung der Vorstandsbezüge, die Herr Heinrich für die zwei Vorstände mit 669.000 DM bezifferte.
Auf die Übernahme der NeuroVir eingehend, fiel Herrn Schmitt auf, dass die erste Tranche (3 Mio. USD für 10%) nur ein Drittel des Preises der zweiten Tranche betrug. Herr Heinrich erläuterte, dass nur die erste Tranche im Mai 2000 in bar bezahlt wurde, die zweite Tranche (90%) wurde im November 2000 im Austausch gegen neue MediGene-Aktien erworben. Damit halten die ehemaligen NeuroVir-Inhaber ca. 8% der MediGene. Herr Heinrich stellte der 8-prozentigen Beteiligung ein erworbenes Marktpotential von 500 Mio. Euro und den Marktzugang in den USA gegenüber. Die Haltefristen der über 200 NeuroVir-Aktionäre wurde gestaffelt: 25% sind bis 24.5.01 gebunden, danach fällt bei jeweils 25% am 24.6.01; 24.7.01 und schließlich am 24.8.01 die Haltefrist. Herr Heinrich meinte, dass wegen der breiten Streuung der NeuroVir-Aktionäre ein Druck auf den MediGene-Aktienkurs im Zuge der auslaufenden Haltefristen nicht zu erwarten sei.
Messbare Angaben erbat Herr Schmitt zu den Risiken, die einem Erfolg eines Medikamentes gegenüberstehen. Das zweite Vorstandsmitglied Frau Holldack (Forschung) bezog sich auf den Branchenschnitt und meinte, dass mit Erreichen der ersten Phase die Erfolgswahrscheinlichkeit bei 10-20% liegt, in Phase 2 steigt sie auf 35-50% und mit Erreichen der Phase 3 beträgt die Erfolgswahrscheinlichkeit 70%. Nach Abschluss der Phase 3 der klinischen Entwicklung ist ein Erfolg zu 95% sicher.
Frau Holldack betonte, dass z.B. Etomoxir (Phase 2) eine überdurchschnittliche Erfolgswahrscheinlichkeit eingeräumt wird. Auf die Frage von Herrn Schmitt nach der Konkurrenzsituation von Etomoxir verwies Frau Holldack auf eine "Fülle von Medikamenten", die allerdings sämtlich einen anderen Wirkmechanismus als Etomoxir haben, in seiner Wirkungsweise sei Etomoxir "konkurrenzlos".
Herr Schmitt sprach den Rechtsstreit mit MedImmune und das Risiko der Kündigung der Partnerschaft seitens Schering an. Herr Heinrich erwartete eine Entscheidung erst in 2-3 Monaten. Im übrigen macht die Schering-Kooperation ca. 17% der sich aus der Produktpipeline summierenden potentiellen Verkaufserlöse aus. Analysten haben den Wert der Schering-Kooperation nach dem DiscountedCashFlow(DCF)-Modell auf 5% des Unternehmenswertes taxiert. Schering führt Vergleichsverhandlungen für MediGene mit dem Ziel einer Kooperation mit MedImmune..
Herr Moezer stellte die Dividendenfrage, Herr Heinrich erläuterte, dass Gewinne reinvestiert würden, eine Dividendenzahlung deshalb nicht absehbar ist.
Auf die Frage nach der Akquisitionsstrategie erklärte Herr Heinrich, dass Zielunternehmen Produkte haben müssen und nicht nur eine Technologie.
Der Aktionär Herr Tresser machte darauf aufmerksam, dass unter Aufwendungen für Forschung und Entwicklung auch Rechtskosten verbucht werden, was Herr Heinrich damit begründete, dass eine Projektkostenrechnung verfolgt werde, d.h. jedem Forschungsprojekt auch die zugehörigen Rechtsberaterkosten etc. zugeordnet werden.
Her Tresser vermisste im Vorstand einen Finanzvorstand, Herr Heinrich stimmte ihm zu und erklärte, dass der Aufsichtsrat bislang wegen der Größe des Unternehmens keine Notwendigkeit für die Rekrutierung eines Finanzvorstandes sah, aber im laufenden Jahr soll ein eigener internationaler Finanzvorstand über die Finanzabteilung "gestülpt" werden.
Herr Tresser bemerkte, dass der Fokus bislang auf Herzkreislauferkrankungen lag und nicht auf andere Bereiche wie z.B. die Onkologie ausgeweitet wurde. Frau Holldack verwies auf die nicht unbeschränkte "manpower", die nur ein gezieltes und konzentriertes Arbeiten gestatte.
Herr Tresser erkundigte sich nach den Details der Einlizensierung von Etomoxir. Frau Dr. Holldack führte aus, dass alle Indikationen durch die Vereinbarung gefasst sind und nannte als Gegenleistung Lizenzzahlungen, die Herr Heinrich auf unter 100.000 DM pro Jahr bezifferte.
Zur Bilanzierung nach US-GAAP bemerkte Herr Tresser, dass ein Gesetzentwurf "fast geltendes Recht" sei, nachdem ab 2005 der Abschluss nach IAS verlangt wird. Herr Heinrich nannte die Vergleichbarkeit mit den zumeist US-amerikanischen Wettbewerbern als Grund für die Bilanzierung nach US-GAAP, auch sei die Übernahme der US-amerikanischen IntroVir so einfacher gewesen.
Herr Tresser machte darauf aufmerksam, dass die aus der Kooperation mit Aventis auf MediGene entfallenden Vermarktungsrechte unbedeutend seien. Frau Dr. Holldack verwies darauf, dass MediGene durch Royalties von allen Verkäufen profitiere. Herr Heinrich ergänzte, dass "die Musik für MediGene bei den Eigenentwicklungen spielt“. In der Frühphase des Unternehmens seien Kooperationen wichtig, um Risiken zu streuen und Vertrauen zu Investoren aufzubauen.
Herr Tresser sprach die NeuroVir-Übernahme an und erkundigte sich nach dem Einverständnis der Mitarbeiter. Frau Dr. Holldack nannte die Übernahme ein "absolut friendly takeover". Die Fluktuation bei MediGene sei "minimal", nur 4 Mitarbeiter haben 2000 das Unternehmen verlassen.
Die Zahlungen für das einlizensierte Leuprogel belaufen sich auf bis zu 20 Mio. USD, Herr Tresser bat um Aufschlüsselung. Begründung bedurfte nach Meinung des Herrn Tresser, dass MedImmune die Vermarktungsrechte abgetreten habe und nicht selbst in der Vermarktung auftritt. Frau Dr. Holldack erläuterte, dass Atrix bei MediGene von einem Interesse bei der Vermarktung ausgehen konnte, MediGene hat kein Konkurrenzprodukt. Im Übrigen sei das angesprochene Marktvolumen zu klein für große Pharmakonzerne. Herr Tresser bat um Erläuterung, warum MediGene dafür zahlen müsse, dass sie die EU-Zulassung betreiben. Frau Dr. Holldack widersprach, die Aufwendungen seien keine Zahlungen, sondern die durch das Zulassungsverfahren entstehenden und von Medigene zu tragende Kosten.
Herr Tresser sprach die Zahlungen an Evotec an, Herr Heinrich sagte, es gebe Meilensteinzahlungen und ein fester Betrag bei Erfolg des Projektes.
Der Aktionär Herr Kionthe erkundigte sich nach einem an NeuroVir gewährten Kredit in Höhe von 3,2 Mio. Euro und sprach die Liquiditätssituation der Tochter an. Herr Heinrich meinte, dass diese Verbindlichkeiten bei NeuroVir verbleiben und aus Produktumsätzen an Medigene zurückgezahlt werden sollen, NeuroVir sei im Übrigen "kein überschuldetes Unternehmen", die Verluste werden aus dem Eigenkapital bezahlt.
Herr Kionthe machte abschließend darauf aufmerksam, dass Beteiligungsgesellschaften zum Börsengang ihre Wandelschuldverschreibungen in Aktien gewandelt haben und derart zu Bezugspreisen von 9,72 bis 10,29 Euro je Aktie kamen. Die Differenz zum Emissionskurs von 42 Euro fand Herr Kionthe unangemessen.
Abstimmungen
Von den das Grundkapital vertretenen 11.179.971 Aktien waren 3.928.665 präsent. Erstmalig wurde eine Aufsichtsratsvergütung festgesetzt, sie beträgt 12.000 Euro für jedes Mitglied (Aufsichtsratsvorsitzender 200%, Stellvertreter 150%).
Unter Ausnutzung des Beschlusses zur Schaffung bedingten Kapitals vom 15.Mai 2000 wurde die Gesellschaft ermächtigt, an Vorstände, Mitarbeiter und Berater bis zu einem Nennbetrag von 659.830 Euro Wandelschuldverschreibungen auszugeben. Weiterhin wurde ein bedingtes Kapital von insgesamt 1.503.000 Euro zwecks Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen und ein Genehmigtes Kapital in Höhe von 2.800.000 Euro geschaffen.
Fazit und Schlusssbemerkungen
Inzwischen wurden neue Aufsichtsratsmitglieder gewonnen, die Erfahrungen in der Medikamentenvermarktung (Michael Tarnow) und -entwicklung(Pol Bamelis) einbringen.
Am 30. Juni wurden 2.385.354 Aktien emittiert, mittlerweile liegen 77% der 11.179.971 Aktien im Streubesitz. Die zum großen Teil im laufenden Jahr auslaufenden Haltefristen des Vorstandes und der ehem. NeuroVir-Eigner dürften zu einem steigenden Streubesitzanteil führen.
Inwieweit die Probleme des Rechtsstreites mit MedImmune in die angedeutete konstruktive Lösung überführt werden können, bleibt abzuwarten.
Kontaktadresse
MediGene AG
Lochhamer Straße 11
82152 Martinsried
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Fax: 089/895632-20
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